So bald ich nun Nachricht erhalten, daß meine Liebste nebst ihrer Baase angekommen, und eben- falls in einem andern Gast-Hause, als wo wir ehedem logirt, abgetreten wäre, begab ich mich gleich des ersten Abends zu ihr, zeigte ihr meine Schrifften, welche sie apptobirte, wir packten darauf der Helenae Kleidungs-Stücke in ein gät- liches Kästlein, versiegelten es mit einem fremden Petschafft, und trug dasselbe bey Nachts-Zeit selbst in mein Logis. Drey Tage hernach wolte ein Schiff nach Engelland abseegeln, auf selbiges ver- dungen sich das Frauenzimmer und auch ich beson- ders, als ob wir nicht zusammen gehöreten, waten auch bestellet, uns vor Abends an Boord einzufin- den, weil der Schiffer so dann in See gehen wolte. Derowegen fertigte ich um Mittags-Zeit erstlich einen Exptessen Bothen an den van Steen nach Leuwarden ab, gab ihm einen guten Lohn, mit dem ausdrücklichen Befehle, die Briefe nebst dem Kästlein ja keinem andern Menschen, als dem van Steen selbst in die Hände zu geben, wo aber der- selbe etwa nicht zu Hause wäre, so lange zu war- ten, biß er zur Stelle käme, indem ihm sein Warte- Geld entweder dort, oder von mir wohl bezahlt wer- den solte. So bald aber der Bothe etwa eine Meile- Wegs fort seyn mochte, bezahlete ich den Wirth, und ließ meine Sachen aufs Schiff tragen, zu wel- chen ich so dann meinen Weg auch nahm, und bald hernach mein Frauenzimmer ebenfalls ankommen sahe. Wir seegelten also mit gutem Winde frö- lich ab, und gelangeten in wenig Tagen glücklich in Portsmouth bey der Mademoiselle Gillers Bru-
der
So bald ich nun Nachricht erhalten, daß meine Liebſte nebſt ihrer Baaſe angekommen, und eben- falls in einem andern Gaſt-Hauſe, als wo wir ehedem logirt, abgetreten waͤre, begab ich mich gleich des erſten Abends zu ihr, zeigte ihr meine Schrifften, welche ſie apptobirte, wir packten darauf der Helenæ Kleidungs-Stuͤcke in ein gaͤt- liches Kaͤſtlein, verſiegelten es mit einem fremden Petſchafft, und trug daſſelbe bey Nachts-Zeit ſelbſt in mein Logis. Drey Tage hernach wolte ein Schiff nach Engelland abſeegeln, auf ſelbiges ver- dungen ſich das Frauenzimmer und auch ich beſon- ders, als ob wir nicht zuſammen gehoͤreten, waten auch beſtellet, uns vor Abends an Boord einzufin- den, weil der Schiffer ſo dann in See gehen wolte. Derowegen fertigte ich um Mittags-Zeit erſtlich einen Expteſſen Bothen an den van Steen nach Leuwarden ab, gab ihm einen guten Lohn, mit dem ausdruͤcklichen Befehle, die Briefe nebſt dem Kaͤſtlein ja keinem andern Menſchen, als dem van Steen ſelbſt in die Haͤnde zu geben, wo aber der- ſelbe etwa nicht zu Hauſe waͤre, ſo lange zu war- ten, biß er zur Stelle kaͤme, indem ihm ſein Warte- Geld entweder dort, oder von mir wohl bezahlt wer- den ſolte. So bald aber der Bothe etwa eine Meile- Wegs fort ſeyn mochte, bezahlete ich den Wirth, und ließ meine Sachen aufs Schiff tragen, zu wel- chen ich ſo dann meinen Weg auch nahm, und bald hernach mein Frauenzimmer ebenfalls ankommen ſahe. Wir ſeegelten alſo mit gutem Winde froͤ- lich ab, und gelangeten in wenig Tagen gluͤcklich in Portsmouth bey der Mademoiſelle Gillers Bru-
der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0226"n="218"/><p>So bald ich nun Nachricht erhalten, daß meine<lb/>
Liebſte nebſt ihrer Baaſe angekommen, und eben-<lb/>
falls in einem andern Gaſt-Hauſe, als wo wir<lb/>
ehedem <hirendition="#aq">logirt,</hi> abgetreten waͤre, begab ich mich<lb/>
gleich des erſten Abends zu ihr, zeigte ihr meine<lb/>
Schrifften, welche ſie <hirendition="#aq">apptobir</hi>te, wir packten<lb/>
darauf der <hirendition="#aq">Helenæ</hi> Kleidungs-Stuͤcke in ein gaͤt-<lb/>
liches Kaͤſtlein, verſiegelten es mit einem fremden<lb/>
Petſchafft, und trug daſſelbe bey Nachts-Zeit ſelbſt<lb/>
in mein <hirendition="#aq">Logis.</hi> Drey Tage hernach wolte ein<lb/>
Schiff nach Engelland abſeegeln, auf ſelbiges ver-<lb/>
dungen ſich das Frauenzimmer und auch ich beſon-<lb/>
ders, als ob wir nicht zuſammen gehoͤreten, waten<lb/>
auch beſtellet, uns vor Abends an Boord einzufin-<lb/>
den, weil der Schiffer ſo dann in See gehen wolte.<lb/>
Derowegen fertigte ich um Mittags-Zeit erſtlich<lb/>
einen <hirendition="#aq">Expteſſ</hi>en Bothen an den <hirendition="#aq">van Steen</hi> nach<lb/><hirendition="#aq">Leuwarden</hi> ab, gab ihm einen guten Lohn, mit<lb/>
dem ausdruͤcklichen Befehle, die Briefe nebſt dem<lb/>
Kaͤſtlein ja keinem andern Menſchen, als dem <hirendition="#aq">van<lb/>
Steen</hi>ſelbſt in die Haͤnde zu geben, wo aber der-<lb/>ſelbe etwa nicht zu Hauſe waͤre, ſo lange zu war-<lb/>
ten, biß er zur Stelle kaͤme, indem ihm ſein Warte-<lb/>
Geld entweder dort, oder von mir wohl bezahlt wer-<lb/>
den ſolte. So bald aber der Bothe etwa eine Meile-<lb/>
Wegs fort ſeyn mochte, bezahlete ich den Wirth,<lb/>
und ließ meine Sachen aufs Schiff tragen, zu wel-<lb/>
chen ich ſo dann meinen Weg auch nahm, und bald<lb/>
hernach mein Frauenzimmer ebenfalls ankommen<lb/>ſahe. Wir ſeegelten alſo mit gutem Winde froͤ-<lb/>
lich ab, und gelangeten in wenig Tagen gluͤcklich in<lb/><hirendition="#aq">Portsmouth</hi> bey der <hirendition="#aq">Mademoiſelle Gillers</hi> Bru-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[218/0226]
So bald ich nun Nachricht erhalten, daß meine
Liebſte nebſt ihrer Baaſe angekommen, und eben-
falls in einem andern Gaſt-Hauſe, als wo wir
ehedem logirt, abgetreten waͤre, begab ich mich
gleich des erſten Abends zu ihr, zeigte ihr meine
Schrifften, welche ſie apptobirte, wir packten
darauf der Helenæ Kleidungs-Stuͤcke in ein gaͤt-
liches Kaͤſtlein, verſiegelten es mit einem fremden
Petſchafft, und trug daſſelbe bey Nachts-Zeit ſelbſt
in mein Logis. Drey Tage hernach wolte ein
Schiff nach Engelland abſeegeln, auf ſelbiges ver-
dungen ſich das Frauenzimmer und auch ich beſon-
ders, als ob wir nicht zuſammen gehoͤreten, waten
auch beſtellet, uns vor Abends an Boord einzufin-
den, weil der Schiffer ſo dann in See gehen wolte.
Derowegen fertigte ich um Mittags-Zeit erſtlich
einen Expteſſen Bothen an den van Steen nach
Leuwarden ab, gab ihm einen guten Lohn, mit
dem ausdruͤcklichen Befehle, die Briefe nebſt dem
Kaͤſtlein ja keinem andern Menſchen, als dem van
Steen ſelbſt in die Haͤnde zu geben, wo aber der-
ſelbe etwa nicht zu Hauſe waͤre, ſo lange zu war-
ten, biß er zur Stelle kaͤme, indem ihm ſein Warte-
Geld entweder dort, oder von mir wohl bezahlt wer-
den ſolte. So bald aber der Bothe etwa eine Meile-
Wegs fort ſeyn mochte, bezahlete ich den Wirth,
und ließ meine Sachen aufs Schiff tragen, zu wel-
chen ich ſo dann meinen Weg auch nahm, und bald
hernach mein Frauenzimmer ebenfalls ankommen
ſahe. Wir ſeegelten alſo mit gutem Winde froͤ-
lich ab, und gelangeten in wenig Tagen gluͤcklich in
Portsmouth bey der Mademoiſelle Gillers Bru-
der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/226>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.