gar zu schön, zierlich und kostbar, allein warum habt ihr euch so gar grosse Mühe gemacht, ich bin ja Erde und werde zur Erden werden. Alle Umstehenden antwort- teten bloß mit Seuffzern und Thränen, weil ihm aber dieses verdrüßlich fallen mochte, legte er sich im Bette wieder nieder, und that die Augen zu, weßwegen der meiste Hauffe zurück ging, und nebst der Frau Mag. Schmeltzerin nur wenige Manns-Personen bey ihm blieben.
Unter der Zeit, da unten Kirche gehalten wur- de, schlug er die Augen auf und sahe sich nach allen um, die im Zimmer waren, sprach darauf recht frisch: Ey, Kinder! thut mir doch mein Todten-Kleid an, damit ich mich in dem grossen Spiegel, welchen mir mein Eber- hardt mitgebracht hat, beschauen und sehen kan, ob es mir wohl stehet. Wir waren von Herrn Mag. Schmeltzern gestimmet, ihm in allen zu willfahren, derowegen halffen wir ihm aus dem Bette/ und wunderten uns über seine erneuer- ten Kräffte. Herr Mag. Schmeltzers Liebste legte ihm das Kleid an, er trat vor dem Spiegel, lach- te, und sprach frölich: Mein grünes Bränti- gams-Kleid, welches mir meine seelige Liebste,Concordia,vor nunmehro bey na- he 83. Jahren gemacht hatte, gereichte mir zum grösten Vergnügen auf der Welt, al- lein, dieses schöne Kleid, in welchem mein schwacher Leib. nachdem die Seele in den
Him-
III,Theil. (Q)
gar zu ſchoͤn, zierlich und koſtbar, allein warum habt ihr euch ſo gar groſſe Muͤhe gemacht, ich bin ja Erde und werde zur Erden werden. Alle Umſtehenden antwort- teten bloß mit Seuffzern und Thraͤnen, weil ihm aber dieſes verdruͤßlich fallen mochte, legte er ſich im Bette wieder nieder, und that die Augen zu, weßwegen der meiſte Hauffe zuruͤck ging, und nebſt der Frau Mag. Schmeltzerin nur wenige Manns-Perſonen bey ihm blieben.
Unter der Zeit, da unten Kirche gehalten wur- de, ſchlug er die Augen auf und ſahe ſich nach allen um, die im Zimmer waren, ſprach darauf recht friſch: Ey, Kinder! thut mir doch mein Todten-Kleid an, damit ich mich in dem groſſen Spiegel, welchen mir mein Eber- hardt mitgebracht hat, beſchauen und ſehen kan, ob es mir wohl ſtehet. Wir waren von Herrn Mag. Schmeltzern geſtimmet, ihm in allen zu willfahren, derowegen halffen wir ihm aus dem Bette/ und wunderten uns uͤber ſeine erneuer- ten Kraͤffte. Herr Mag. Schmeltzers Liebſte legte ihm das Kleid an, er trat vor dem Spiegel, lach- te, und ſprach froͤlich: Mein gruͤnes Braͤnti- gams-Kleid, welches mir meine ſeelige Liebſte,Concordia,vor nunmehro bey na- he 83. Jahren gemacht hatte, gereichte mir zum groͤſten Vergnuͤgen auf der Welt, al- lein, dieſes ſchoͤne Kleid, in welchem mein ſchwacher Leib. nachdem die Seele in den
Him-
III,Theil. (Q)
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0249"n="241"/><hirendition="#fr">gar zu ſchoͤn, zierlich und koſtbar, allein<lb/>
warum habt ihr euch ſo gar groſſe Muͤhe<lb/>
gemacht, ich bin ja Erde und werde zur<lb/>
Erden werden.</hi> Alle Umſtehenden antwort-<lb/>
teten bloß mit Seuffzern und Thraͤnen, weil ihm<lb/>
aber dieſes verdruͤßlich fallen mochte, legte er ſich<lb/>
im Bette wieder nieder, und that die Augen zu,<lb/>
weßwegen der meiſte Hauffe zuruͤck ging, und<lb/>
nebſt der Frau <hirendition="#aq">Mag.</hi> Schmeltzerin nur wenige<lb/>
Manns-Perſonen bey ihm blieben.</p><lb/><p>Unter der Zeit, da unten Kirche gehalten wur-<lb/>
de, ſchlug er die Augen auf und ſahe ſich nach allen<lb/>
um, die im Zimmer waren, ſprach darauf recht<lb/>
friſch: <hirendition="#fr">Ey, Kinder! thut mir doch mein<lb/>
Todten-Kleid an, damit ich mich in dem<lb/>
groſſen Spiegel, welchen mir mein Eber-<lb/>
hardt mitgebracht hat, beſchauen und ſehen<lb/>
kan, ob es mir wohl ſtehet.</hi> Wir waren<lb/>
von Herrn <hirendition="#aq">Mag.</hi> Schmeltzern geſtimmet, ihm in<lb/>
allen zu willfahren, derowegen halffen wir ihm aus<lb/>
dem Bette/ und wunderten uns uͤber ſeine erneuer-<lb/>
ten Kraͤffte. Herr <hirendition="#aq">Mag.</hi> Schmeltzers Liebſte legte<lb/>
ihm das Kleid an, er trat vor dem Spiegel, lach-<lb/>
te, und ſprach froͤlich: <hirendition="#fr">Mein gruͤnes Braͤnti-<lb/>
gams-Kleid, welches mir meine ſeelige<lb/>
Liebſte,</hi><hirendition="#aq">Concordia,</hi><hirendition="#fr">vor nunmehro bey na-<lb/>
he 83. Jahren gemacht hatte, gereichte mir<lb/>
zum groͤſten Vergnuͤgen auf der Welt, al-<lb/>
lein, dieſes ſchoͤne Kleid, in welchem mein<lb/>ſchwacher Leib. nachdem die Seele in den</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">III,</hi><hirendition="#fr">Theil.</hi> (Q)</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Him-</hi></fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[241/0249]
gar zu ſchoͤn, zierlich und koſtbar, allein
warum habt ihr euch ſo gar groſſe Muͤhe
gemacht, ich bin ja Erde und werde zur
Erden werden. Alle Umſtehenden antwort-
teten bloß mit Seuffzern und Thraͤnen, weil ihm
aber dieſes verdruͤßlich fallen mochte, legte er ſich
im Bette wieder nieder, und that die Augen zu,
weßwegen der meiſte Hauffe zuruͤck ging, und
nebſt der Frau Mag. Schmeltzerin nur wenige
Manns-Perſonen bey ihm blieben.
Unter der Zeit, da unten Kirche gehalten wur-
de, ſchlug er die Augen auf und ſahe ſich nach allen
um, die im Zimmer waren, ſprach darauf recht
friſch: Ey, Kinder! thut mir doch mein
Todten-Kleid an, damit ich mich in dem
groſſen Spiegel, welchen mir mein Eber-
hardt mitgebracht hat, beſchauen und ſehen
kan, ob es mir wohl ſtehet. Wir waren
von Herrn Mag. Schmeltzern geſtimmet, ihm in
allen zu willfahren, derowegen halffen wir ihm aus
dem Bette/ und wunderten uns uͤber ſeine erneuer-
ten Kraͤffte. Herr Mag. Schmeltzers Liebſte legte
ihm das Kleid an, er trat vor dem Spiegel, lach-
te, und ſprach froͤlich: Mein gruͤnes Braͤnti-
gams-Kleid, welches mir meine ſeelige
Liebſte, Concordia, vor nunmehro bey na-
he 83. Jahren gemacht hatte, gereichte mir
zum groͤſten Vergnuͤgen auf der Welt, al-
lein, dieſes ſchoͤne Kleid, in welchem mein
ſchwacher Leib. nachdem die Seele in den
Him-
III, Theil. (Q)
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/249>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.