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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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feln mögen, daß ihm unmöglich war, die Deutung
der unbekanten Caracters zu ersinden, über die-
ses verdroß ihm, daß man keine ihm bekandte Jah-
res-Zahl darauf gezeichnet, derowegen warff er
verschiedene Fragen auf, als: Jn welchem Jahre
der Welt mag diese Urna verscharret seyn? Was
mögen dieses vor eine Art von Heyden gewesen seyn?
Ob sie auch auf dieser Jnsul eine ordenliche Wirth-
schafft getrieben haben? Ob sie ausgestorben,
von andern hinweg geführet worden? oder die Jn-
sul gutwillig verlassen haben? und was dergleichen
Zeug mehr war, worüber zwar ein jeder raison-
nir
en konte, allein, es kam nicht heraus, sondern
es verbleib uns nichts gewissers, als die Unge-
wißheit.

Demnach wurde ich des vielen Scrupulirens
überdrüßig, und bath den Capitain Horn, uns zu
erzählen, wie, und auf was Art seine Leute eigent-
lich zu dieser Rarität und Antiquität gekommen?
selbiger war also so gefällig, uns folgenden Bericht
abzustatten: Meine Leute, sagte er, haben sich biß-
hero in den Feyerabends-Stunden, zur Lust ein
bequemes Fahrzeug gemacht, wormit sie am Ran-
de der ohnweit von hier liegenden grossen See und
derer Flüsse, hin und her, auf- und abfahren und
die schönsten Fische sangen können. Vor etli-
chen Tagen, da sie Abends spät von ihrer Lust-
Fahrt zurück kamen, berichteten sie mich, daß sie
jenseit der grossen See, in einer ebenen Gegend
einen Baum angetroffen hätten, dessen gleichen
sie zwar an Geradigkeit, aber an Höhe Zeit ihres Le-
bens in der Welt nicht gesehen hätten, und solte

sich

feln moͤgen, daß ihm unmoͤglich war, die Deutung
der unbekanten Caracters zu erſinden, uͤber die-
ſes verdroß ihm, daß man keine ihm bekandte Jah-
res-Zahl darauf gezeichnet, derowegen warff er
verſchiedene Fragen auf, als: Jn welchem Jahre
der Welt mag dieſe Urna verſcharret ſeyn? Was
moͤgen dieſes vor eine Art von Heyden geweſen ſeyn?
Ob ſie auch auf dieſer Jnſul eine ordenliche Wirth-
ſchafft getrieben haben? Ob ſie ausgeſtorben,
von andern hinweg gefuͤhret worden? oder die Jn-
ſul gutwillig verlaſſen haben? und was dergleichen
Zeug mehr war, woruͤber zwar ein jeder raiſon-
nir
en konte, allein, es kam nicht heraus, ſondern
es verbleib uns nichts gewiſſers, als die Unge-
wißheit.

Demnach wurde ich des vielen Scrupulirens
uͤberdruͤßig, und bath den Capitain Horn, uns zu
erzaͤhlen, wie, und auf was Art ſeine Leute eigent-
lich zu dieſer Raritaͤt und Antiquitaͤt gekommen?
ſelbiger war alſo ſo gefaͤllig, uns folgenden Bericht
abzuſtatten: Meine Leute, ſagte er, haben ſich biß-
hero in den Feyerabends-Stunden, zur Luſt ein
bequemes Fahrzeug gemacht, wormit ſie am Ran-
de der ohnweit von hier liegenden groſſen See und
derer Fluͤſſe, hin und her, auf- und abfahren und
die ſchoͤnſten Fiſche ſangen koͤnnen. Vor etli-
chen Tagen, da ſie Abends ſpaͤt von ihrer Luſt-
Fahrt zuruͤck kamen, berichteten ſie mich, daß ſie
jenſeit der groſſen See, in einer ebenen Gegend
einen Baum angetroffen haͤtten, deſſen gleichen
ſie zwar an Geradigkeit, aber an Hoͤhe Zeit ihres Le-
bens in der Welt nicht geſehen haͤtten, und ſolte

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[298/0306] feln moͤgen, daß ihm unmoͤglich war, die Deutung der unbekanten Caracters zu erſinden, uͤber die- ſes verdroß ihm, daß man keine ihm bekandte Jah- res-Zahl darauf gezeichnet, derowegen warff er verſchiedene Fragen auf, als: Jn welchem Jahre der Welt mag dieſe Urna verſcharret ſeyn? Was moͤgen dieſes vor eine Art von Heyden geweſen ſeyn? Ob ſie auch auf dieſer Jnſul eine ordenliche Wirth- ſchafft getrieben haben? Ob ſie ausgeſtorben, von andern hinweg gefuͤhret worden? oder die Jn- ſul gutwillig verlaſſen haben? und was dergleichen Zeug mehr war, woruͤber zwar ein jeder raiſon- niren konte, allein, es kam nicht heraus, ſondern es verbleib uns nichts gewiſſers, als die Unge- wißheit. Demnach wurde ich des vielen Scrupulirens uͤberdruͤßig, und bath den Capitain Horn, uns zu erzaͤhlen, wie, und auf was Art ſeine Leute eigent- lich zu dieſer Raritaͤt und Antiquitaͤt gekommen? ſelbiger war alſo ſo gefaͤllig, uns folgenden Bericht abzuſtatten: Meine Leute, ſagte er, haben ſich biß- hero in den Feyerabends-Stunden, zur Luſt ein bequemes Fahrzeug gemacht, wormit ſie am Ran- de der ohnweit von hier liegenden groſſen See und derer Fluͤſſe, hin und her, auf- und abfahren und die ſchoͤnſten Fiſche ſangen koͤnnen. Vor etli- chen Tagen, da ſie Abends ſpaͤt von ihrer Luſt- Fahrt zuruͤck kamen, berichteten ſie mich, daß ſie jenſeit der groſſen See, in einer ebenen Gegend einen Baum angetroffen haͤtten, deſſen gleichen ſie zwar an Geradigkeit, aber an Hoͤhe Zeit ihres Le- bens in der Welt nicht geſehen haͤtten, und ſolte ſich

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/306>, abgerufen am 22.11.2024.