feln mögen, daß ihm unmöglich war, die Deutung der unbekanten Caracters zu ersinden, über die- ses verdroß ihm, daß man keine ihm bekandte Jah- res-Zahl darauf gezeichnet, derowegen warff er verschiedene Fragen auf, als: Jn welchem Jahre der Welt mag diese Urna verscharret seyn? Was mögen dieses vor eine Art von Heyden gewesen seyn? Ob sie auch auf dieser Jnsul eine ordenliche Wirth- schafft getrieben haben? Ob sie ausgestorben, von andern hinweg geführet worden? oder die Jn- sul gutwillig verlassen haben? und was dergleichen Zeug mehr war, worüber zwar ein jeder raison- niren konte, allein, es kam nicht heraus, sondern es verbleib uns nichts gewissers, als die Unge- wißheit.
Demnach wurde ich des vielen Scrupulirens überdrüßig, und bath den Capitain Horn, uns zu erzählen, wie, und auf was Art seine Leute eigent- lich zu dieser Rarität und Antiquität gekommen? selbiger war also so gefällig, uns folgenden Bericht abzustatten: Meine Leute, sagte er, haben sich biß- hero in den Feyerabends-Stunden, zur Lust ein bequemes Fahrzeug gemacht, wormit sie am Ran- de der ohnweit von hier liegenden grossen See und derer Flüsse, hin und her, auf- und abfahren und die schönsten Fische sangen können. Vor etli- chen Tagen, da sie Abends spät von ihrer Lust- Fahrt zurück kamen, berichteten sie mich, daß sie jenseit der grossen See, in einer ebenen Gegend einen Baum angetroffen hätten, dessen gleichen sie zwar an Geradigkeit, aber an Höhe Zeit ihres Le- bens in der Welt nicht gesehen hätten, und solte
sich
feln moͤgen, daß ihm unmoͤglich war, die Deutung der unbekanten Caracters zu erſinden, uͤber die- ſes verdroß ihm, daß man keine ihm bekandte Jah- res-Zahl darauf gezeichnet, derowegen warff er verſchiedene Fragen auf, als: Jn welchem Jahre der Welt mag dieſe Urna verſcharret ſeyn? Was moͤgen dieſes vor eine Art von Heyden geweſen ſeyn? Ob ſie auch auf dieſer Jnſul eine ordenliche Wirth- ſchafft getrieben haben? Ob ſie ausgeſtorben, von andern hinweg gefuͤhret worden? oder die Jn- ſul gutwillig verlaſſen haben? und was dergleichen Zeug mehr war, woruͤber zwar ein jeder raiſon- niren konte, allein, es kam nicht heraus, ſondern es verbleib uns nichts gewiſſers, als die Unge- wißheit.
Demnach wurde ich des vielen Scrupulirens uͤberdruͤßig, und bath den Capitain Horn, uns zu erzaͤhlen, wie, und auf was Art ſeine Leute eigent- lich zu dieſer Raritaͤt und Antiquitaͤt gekommen? ſelbiger war alſo ſo gefaͤllig, uns folgenden Bericht abzuſtatten: Meine Leute, ſagte er, haben ſich biß- hero in den Feyerabends-Stunden, zur Luſt ein bequemes Fahrzeug gemacht, wormit ſie am Ran- de der ohnweit von hier liegenden groſſen See und derer Fluͤſſe, hin und her, auf- und abfahren und die ſchoͤnſten Fiſche ſangen koͤnnen. Vor etli- chen Tagen, da ſie Abends ſpaͤt von ihrer Luſt- Fahrt zuruͤck kamen, berichteten ſie mich, daß ſie jenſeit der groſſen See, in einer ebenen Gegend einen Baum angetroffen haͤtten, deſſen gleichen ſie zwar an Geradigkeit, aber an Hoͤhe Zeit ihres Le- bens in der Welt nicht geſehen haͤtten, und ſolte
ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0306"n="298"/>
feln moͤgen, daß ihm unmoͤglich war, die Deutung<lb/>
der unbekanten <hirendition="#aq">Caracters</hi> zu erſinden, uͤber die-<lb/>ſes verdroß ihm, daß man keine ihm bekandte Jah-<lb/>
res-Zahl darauf gezeichnet, derowegen warff er<lb/>
verſchiedene Fragen auf, als: Jn welchem Jahre<lb/>
der Welt mag dieſe <hirendition="#aq">Urna</hi> verſcharret ſeyn? Was<lb/>
moͤgen dieſes vor eine Art von Heyden geweſen ſeyn?<lb/>
Ob ſie auch auf dieſer Jnſul eine ordenliche Wirth-<lb/>ſchafft getrieben haben? Ob ſie ausgeſtorben,<lb/>
von andern hinweg gefuͤhret worden? oder die Jn-<lb/>ſul gutwillig verlaſſen haben? und was dergleichen<lb/>
Zeug mehr war, woruͤber zwar ein jeder <hirendition="#aq">raiſon-<lb/>
nir</hi>en konte, allein, es kam nicht heraus, ſondern<lb/>
es verbleib uns nichts gewiſſers, als die Unge-<lb/>
wißheit.</p><lb/><p>Demnach wurde ich des vielen <hirendition="#aq">Scrupulir</hi>ens<lb/>
uͤberdruͤßig, und bath den <hirendition="#aq">Capitain</hi> Horn, uns zu<lb/>
erzaͤhlen, wie, und auf was Art ſeine Leute eigent-<lb/>
lich zu dieſer <hirendition="#aq">Rarit</hi>aͤt und <hirendition="#aq">Antiquit</hi>aͤt gekommen?<lb/>ſelbiger war alſo ſo gefaͤllig, uns folgenden Bericht<lb/>
abzuſtatten: Meine Leute, ſagte er, haben ſich biß-<lb/>
hero in den Feyerabends-Stunden, zur Luſt ein<lb/>
bequemes Fahrzeug gemacht, wormit ſie am Ran-<lb/>
de der ohnweit von hier liegenden groſſen See und<lb/>
derer Fluͤſſe, hin und her, auf- und abfahren und<lb/>
die ſchoͤnſten Fiſche ſangen koͤnnen. Vor etli-<lb/>
chen Tagen, da ſie Abends ſpaͤt von ihrer Luſt-<lb/>
Fahrt zuruͤck kamen, berichteten ſie mich, daß ſie<lb/>
jenſeit der groſſen See, in einer ebenen Gegend<lb/>
einen Baum angetroffen haͤtten, deſſen gleichen<lb/>ſie zwar an Geradigkeit, aber an Hoͤhe Zeit ihres Le-<lb/>
bens in der Welt nicht geſehen haͤtten, und ſolte<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[298/0306]
feln moͤgen, daß ihm unmoͤglich war, die Deutung
der unbekanten Caracters zu erſinden, uͤber die-
ſes verdroß ihm, daß man keine ihm bekandte Jah-
res-Zahl darauf gezeichnet, derowegen warff er
verſchiedene Fragen auf, als: Jn welchem Jahre
der Welt mag dieſe Urna verſcharret ſeyn? Was
moͤgen dieſes vor eine Art von Heyden geweſen ſeyn?
Ob ſie auch auf dieſer Jnſul eine ordenliche Wirth-
ſchafft getrieben haben? Ob ſie ausgeſtorben,
von andern hinweg gefuͤhret worden? oder die Jn-
ſul gutwillig verlaſſen haben? und was dergleichen
Zeug mehr war, woruͤber zwar ein jeder raiſon-
niren konte, allein, es kam nicht heraus, ſondern
es verbleib uns nichts gewiſſers, als die Unge-
wißheit.
Demnach wurde ich des vielen Scrupulirens
uͤberdruͤßig, und bath den Capitain Horn, uns zu
erzaͤhlen, wie, und auf was Art ſeine Leute eigent-
lich zu dieſer Raritaͤt und Antiquitaͤt gekommen?
ſelbiger war alſo ſo gefaͤllig, uns folgenden Bericht
abzuſtatten: Meine Leute, ſagte er, haben ſich biß-
hero in den Feyerabends-Stunden, zur Luſt ein
bequemes Fahrzeug gemacht, wormit ſie am Ran-
de der ohnweit von hier liegenden groſſen See und
derer Fluͤſſe, hin und her, auf- und abfahren und
die ſchoͤnſten Fiſche ſangen koͤnnen. Vor etli-
chen Tagen, da ſie Abends ſpaͤt von ihrer Luſt-
Fahrt zuruͤck kamen, berichteten ſie mich, daß ſie
jenſeit der groſſen See, in einer ebenen Gegend
einen Baum angetroffen haͤtten, deſſen gleichen
ſie zwar an Geradigkeit, aber an Hoͤhe Zeit ihres Le-
bens in der Welt nicht geſehen haͤtten, und ſolte
ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/306>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.