Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

gestalt böse, daß man sich vor dem Fallen sehr wohl
ich Acht nehmen muste; Mons. van Blac aber, der
vor mir herging, sagte öffters lachend zu mir: Diß
ist würcklich der Weg, von dem mich in vergange-
ner Nacht geträumet hat. Endlich, nachdem wir
fast 2. gute Stunden Berg auf gestiegen waren,
gelangten wir auf einem Hügel an, der oben gantz
platt wie ein Tisch, und ziemlich dicke mit Moose
und grünem Grase bewachsen war. Dieser an-
genehme Platz nöthigte uns fast mit Gewalt zum
Aüsruhen, und etwas Speise und Tranck zu uns
zu nehmen, indem wir ein ziemlich breites steinig-
tes Thal vor uns sahen, welches wir erstlich paßi-
ren musten/ wenn wir an den rechten Berg, auf
welchem die entsetzlich hohe Felsen- Spitze stund,
gelangen wolten.

Allein, eine besondere Begebenheit setzte uns
dahier in nicht geringe Verwunderung und Erstau-
nen: denn, da wir noch im besten speisen waren,
und alle mit einander unsere Gesichter gegen den
grossen Berg gewendet hatten, kam immer ein
schwartzer grosser Vogel nach dem andern aus einer
Klufft des Felsens heraus geflogen, wir zähleten
deren accurat zwölffe, warteten aber vergeblich
auf mehrere, hergegen schwungen sich diese hoch
in die Lufft, machten, nachdem sie alle 12. zusam-
men gekommen, ein gräßliches Geschrey, und nah-
men ihren Flug nach Süden zu, weßwegen wir in
unserer Meynung gestärckt wurden, daß sich in sel-
biger Gegend nach dem Süd-Pol zu, noch mehr
Land befinden müsse. Jnzwischen konten wir die-
se Vögel eine lange Zeit fliegen sehen und schreyen

hören;

geſtalt boͤſe, daß man ſich vor dem Fallen ſehr wohl
ich Acht nehmen muſte; Monſ. van Blac aber, der
vor mir herging, ſagte oͤffters lachend zu mir: Diß
iſt wuͤrcklich der Weg, von dem mich in vergange-
ner Nacht getraͤumet hat. Endlich, nachdem wir
faſt 2. gute Stunden Berg auf geſtiegen waren,
gelangten wir auf einem Huͤgel an, der oben gantz
platt wie ein Tiſch, und ziemlich dicke mit Mooſe
und gruͤnem Graſe bewachſen war. Dieſer an-
genehme Platz noͤthigte uns faſt mit Gewalt zum
Auͤsruhen, und etwas Speiſe und Tranck zu uns
zu nehmen, indem wir ein ziemlich breites ſteinig-
tes Thal vor uns ſahen, welches wir erſtlich paßi-
ren muſten/ wenn wir an den rechten Berg, auf
welchem die entſetzlich hohe Felſen- Spitze ſtund,
gelangen wolten.

Allein, eine beſondere Begebenheit ſetzte uns
dahier in nicht geringe Verwunderung und Erſtau-
nen: denn, da wir noch im beſten ſpeiſen waren,
und alle mit einander unſere Geſichter gegen den
groſſen Berg gewendet hatten, kam immer ein
ſchwartzer groſſer Vogel nach dem andern aus einer
Klufft des Felſens heraus geflogen, wir zaͤhleten
deren accurat zwoͤlffe, warteten aber vergeblich
auf mehrere, hergegen ſchwungen ſich dieſe hoch
in die Lufft, machten, nachdem ſie alle 12. zuſam-
men gekommen, ein graͤßliches Geſchrey, und nah-
men ihren Flug nach Suͤden zu, weßwegen wir in
unſerer Meynung geſtaͤrckt wurden, daß ſich in ſel-
biger Gegend nach dem Suͤd-Pol zu, noch mehr
Land befinden muͤſſe. Jnzwiſchen konten wir die-
ſe Voͤgel eine lange Zeit fliegen ſehen und ſchreyen

hoͤren;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0312" n="304"/>
ge&#x017F;talt bo&#x0364;&#x017F;e, daß man &#x017F;ich vor dem Fallen &#x017F;ehr wohl<lb/>
ich Acht nehmen mu&#x017F;te; <hi rendition="#aq">Mon&#x017F;. van Blac</hi> aber, der<lb/>
vor mir herging, &#x017F;agte o&#x0364;ffters lachend zu mir: Diß<lb/>
i&#x017F;t wu&#x0364;rcklich der Weg, von dem mich in vergange-<lb/>
ner Nacht getra&#x0364;umet hat. Endlich, nachdem wir<lb/>
fa&#x017F;t 2. gute Stunden Berg auf ge&#x017F;tiegen waren,<lb/>
gelangten wir auf einem Hu&#x0364;gel an, der oben gantz<lb/>
platt wie ein Ti&#x017F;ch, und ziemlich dicke mit Moo&#x017F;e<lb/>
und gru&#x0364;nem Gra&#x017F;e bewach&#x017F;en war. Die&#x017F;er an-<lb/>
genehme Platz no&#x0364;thigte uns fa&#x017F;t mit Gewalt zum<lb/>
Au&#x0364;sruhen, und etwas Spei&#x017F;e und Tranck zu uns<lb/>
zu nehmen, indem wir ein ziemlich breites &#x017F;teinig-<lb/>
tes Thal vor uns &#x017F;ahen, welches wir er&#x017F;tlich paßi-<lb/>
ren mu&#x017F;ten/ wenn wir an den rechten Berg, auf<lb/>
welchem die ent&#x017F;etzlich hohe Fel&#x017F;en- Spitze &#x017F;tund,<lb/>
gelangen wolten.</p><lb/>
          <p>Allein, eine be&#x017F;ondere Begebenheit &#x017F;etzte uns<lb/>
dahier in nicht geringe Verwunderung und Er&#x017F;tau-<lb/>
nen: denn, da wir noch im be&#x017F;ten &#x017F;pei&#x017F;en waren,<lb/>
und alle mit einander un&#x017F;ere Ge&#x017F;ichter gegen den<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Berg gewendet hatten, kam immer ein<lb/>
&#x017F;chwartzer gro&#x017F;&#x017F;er Vogel nach dem andern aus einer<lb/>
Klufft des Fel&#x017F;ens heraus geflogen, wir za&#x0364;hleten<lb/>
deren accurat zwo&#x0364;lffe, warteten aber vergeblich<lb/>
auf mehrere, hergegen &#x017F;chwungen &#x017F;ich die&#x017F;e hoch<lb/>
in die Lufft, machten, nachdem &#x017F;ie alle 12. zu&#x017F;am-<lb/>
men gekommen, ein gra&#x0364;ßliches Ge&#x017F;chrey, und nah-<lb/>
men ihren Flug nach Su&#x0364;den zu, weßwegen wir in<lb/>
un&#x017F;erer Meynung ge&#x017F;ta&#x0364;rckt wurden, daß &#x017F;ich in &#x017F;el-<lb/>
biger Gegend nach dem Su&#x0364;d-Pol zu, noch mehr<lb/>
Land befinden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Jnzwi&#x017F;chen konten wir die-<lb/>
&#x017F;e Vo&#x0364;gel eine lange Zeit fliegen &#x017F;ehen und &#x017F;chreyen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ho&#x0364;ren;</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[304/0312] geſtalt boͤſe, daß man ſich vor dem Fallen ſehr wohl ich Acht nehmen muſte; Monſ. van Blac aber, der vor mir herging, ſagte oͤffters lachend zu mir: Diß iſt wuͤrcklich der Weg, von dem mich in vergange- ner Nacht getraͤumet hat. Endlich, nachdem wir faſt 2. gute Stunden Berg auf geſtiegen waren, gelangten wir auf einem Huͤgel an, der oben gantz platt wie ein Tiſch, und ziemlich dicke mit Mooſe und gruͤnem Graſe bewachſen war. Dieſer an- genehme Platz noͤthigte uns faſt mit Gewalt zum Auͤsruhen, und etwas Speiſe und Tranck zu uns zu nehmen, indem wir ein ziemlich breites ſteinig- tes Thal vor uns ſahen, welches wir erſtlich paßi- ren muſten/ wenn wir an den rechten Berg, auf welchem die entſetzlich hohe Felſen- Spitze ſtund, gelangen wolten. Allein, eine beſondere Begebenheit ſetzte uns dahier in nicht geringe Verwunderung und Erſtau- nen: denn, da wir noch im beſten ſpeiſen waren, und alle mit einander unſere Geſichter gegen den groſſen Berg gewendet hatten, kam immer ein ſchwartzer groſſer Vogel nach dem andern aus einer Klufft des Felſens heraus geflogen, wir zaͤhleten deren accurat zwoͤlffe, warteten aber vergeblich auf mehrere, hergegen ſchwungen ſich dieſe hoch in die Lufft, machten, nachdem ſie alle 12. zuſam- men gekommen, ein graͤßliches Geſchrey, und nah- men ihren Flug nach Suͤden zu, weßwegen wir in unſerer Meynung geſtaͤrckt wurden, daß ſich in ſel- biger Gegend nach dem Suͤd-Pol zu, noch mehr Land befinden muͤſſe. Jnzwiſchen konten wir die- ſe Voͤgel eine lange Zeit fliegen ſehen und ſchreyen hoͤren;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/312
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/312>, abgerufen am 22.11.2024.