mir aber entgegen setzten, daß sich dergleichen Er- zählungen in der stillen Nacht, da man von nieman- den gestöhret würde, am besten thun und anhören liessen, war er endlich geneigt darzu; wir setzten uns auch zurechte, und merckten mit begierigen Ohren auf
Des Capitain Horns Lebens-Geschichte.
JM Jahre 1693. (fing derselbe seine Erzählung an) bin ich im H ' ' Lande von ehrlichen Eltern erzeuget worden, mein Vater aber, welcher ein gu- ter Jäger, war Holtz-Förster, und wohnete im Wal- de in einem eintzelnen Hause an der Heer-Strasse, trieb also zugleich die Wirthschafft mit. Seiner Kinder waren 5. nehmlich 3. Söhne, worunter ich der mittelste, und 2. Töchter, die noch jünger waren als ich. Meine Mutter war nach der Niederkunfft der jüngsten Schwester beständig kranck geblieben, weßwegen der Vater immer sehr verdrüßlich aussa- he, und da dieselbe in meinem 9ten Jahre starb, mehr Zeichen der Zufriedenheit, als der Betrübniß von sich gab. Ohngeacht nun mein Vater ein Mann von 65. Jahren, so war er doch noch sehr vigoreus, und that es in seiner Profession vielen noch weit jüngern zuvor, welches ihn auch veranlassete, eine wohl ge- bildete Bauers-Tochter von etwa 17. bis 18. Jah- ren zur andern Ehe-Frau zu erwählen.
Allem Ansehen nach hatte mein Vater eine un- gemein gute Heyrath getroffen, denn unsere neue
Stief-
mir aber entgegen ſetzten, daß ſich dergleichen Er- zaͤhlungen in der ſtillen Nacht, da man von nieman- den geſtoͤhret wuͤrde, am beſten thun und anhoͤren lieſſen, war er endlich geneigt darzu; wir ſetzten uns auch zurechte, und merckten mit begierigen Ohren auf
Des Capitain Horns Lebens-Geſchichte.
JM Jahre 1693. (fing derſelbe ſeine Erzaͤhlung an) bin ich im H ’ ’ Lande von ehrlichen Eltern erzeuget worden, mein Vater aber, welcher ein gu- ter Jaͤger, war Holtz-Foͤrſter, und wohnete im Wal- de in einem eintzelnen Hauſe an der Heer-Straſſe, trieb alſo zugleich die Wirthſchafft mit. Seiner Kinder waren 5. nehmlich 3. Soͤhne, worunter ich der mittelſte, und 2. Toͤchter, die noch juͤnger waren als ich. Meine Mutter war nach der Niederkunfft der juͤngſten Schweſter beſtaͤndig kranck geblieben, weßwegen der Vater immer ſehr verdruͤßlich ausſa- he, und da dieſelbe in meinem 9ten Jahre ſtarb, mehr Zeichen der Zufriedenheit, als der Betruͤbniß von ſich gab. Ohngeacht nun mein Vater ein Mann von 65. Jahren, ſo war er doch noch ſehr vigoreus, und that es in ſeiner Profeſſion vielen noch weit juͤngern zuvor, welches ihn auch veranlaſſete, eine wohl ge- bildete Bauers-Tochter von etwa 17. bis 18. Jah- ren zur andern Ehe-Frau zu erwaͤhlen.
Allem Anſehen nach hatte mein Vater eine un- gemein gute Heyrath getroffen, denn unſere neue
Stief-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0370"n="362"/>
mir aber entgegen ſetzten, daß ſich dergleichen Er-<lb/>
zaͤhlungen in der ſtillen Nacht, da man von nieman-<lb/>
den geſtoͤhret wuͤrde, am beſten thun und anhoͤren<lb/>
lieſſen, war er endlich geneigt darzu; wir ſetzten uns<lb/>
auch zurechte, und merckten mit begierigen Ohren<lb/>
auf</p></div><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Des<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Capitain</hi></hi> Horns<lb/>
Lebens-Geſchichte.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">J</hi>M Jahre 1693. (fing derſelbe ſeine Erzaͤhlung an)<lb/>
bin ich im H ’’ Lande von ehrlichen Eltern<lb/>
erzeuget worden, mein Vater aber, welcher ein gu-<lb/>
ter Jaͤger, war Holtz-Foͤrſter, und wohnete im Wal-<lb/>
de in einem eintzelnen Hauſe an der Heer-Straſſe,<lb/>
trieb alſo zugleich die Wirthſchafft mit. Seiner<lb/>
Kinder waren 5. nehmlich 3. Soͤhne, worunter ich<lb/>
der mittelſte, und 2. Toͤchter, die noch juͤnger waren<lb/>
als ich. Meine Mutter war nach der Niederkunfft<lb/>
der juͤngſten Schweſter beſtaͤndig kranck geblieben,<lb/>
weßwegen der Vater immer ſehr verdruͤßlich ausſa-<lb/>
he, und da dieſelbe in meinem 9ten Jahre ſtarb, mehr<lb/>
Zeichen der Zufriedenheit, als der Betruͤbniß von ſich<lb/>
gab. Ohngeacht nun mein Vater ein Mann von<lb/>
65. Jahren, ſo war er doch noch ſehr <hirendition="#aq">vigoreus,</hi> und<lb/>
that es in ſeiner <hirendition="#aq">Profeſſion</hi> vielen noch weit juͤngern<lb/>
zuvor, welches ihn auch veranlaſſete, eine wohl ge-<lb/>
bildete Bauers-Tochter von etwa 17. bis 18. Jah-<lb/>
ren zur andern Ehe-Frau zu erwaͤhlen.</p><lb/><p>Allem Anſehen nach hatte mein Vater eine un-<lb/>
gemein gute Heyrath getroffen, denn unſere neue<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Stief-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[362/0370]
mir aber entgegen ſetzten, daß ſich dergleichen Er-
zaͤhlungen in der ſtillen Nacht, da man von nieman-
den geſtoͤhret wuͤrde, am beſten thun und anhoͤren
lieſſen, war er endlich geneigt darzu; wir ſetzten uns
auch zurechte, und merckten mit begierigen Ohren
auf
Des
Capitain Horns
Lebens-Geſchichte.
JM Jahre 1693. (fing derſelbe ſeine Erzaͤhlung an)
bin ich im H ’ ’ Lande von ehrlichen Eltern
erzeuget worden, mein Vater aber, welcher ein gu-
ter Jaͤger, war Holtz-Foͤrſter, und wohnete im Wal-
de in einem eintzelnen Hauſe an der Heer-Straſſe,
trieb alſo zugleich die Wirthſchafft mit. Seiner
Kinder waren 5. nehmlich 3. Soͤhne, worunter ich
der mittelſte, und 2. Toͤchter, die noch juͤnger waren
als ich. Meine Mutter war nach der Niederkunfft
der juͤngſten Schweſter beſtaͤndig kranck geblieben,
weßwegen der Vater immer ſehr verdruͤßlich ausſa-
he, und da dieſelbe in meinem 9ten Jahre ſtarb, mehr
Zeichen der Zufriedenheit, als der Betruͤbniß von ſich
gab. Ohngeacht nun mein Vater ein Mann von
65. Jahren, ſo war er doch noch ſehr vigoreus, und
that es in ſeiner Profeſſion vielen noch weit juͤngern
zuvor, welches ihn auch veranlaſſete, eine wohl ge-
bildete Bauers-Tochter von etwa 17. bis 18. Jah-
ren zur andern Ehe-Frau zu erwaͤhlen.
Allem Anſehen nach hatte mein Vater eine un-
gemein gute Heyrath getroffen, denn unſere neue
Stief-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/370>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.