du zu Hause bist, ich will meine Dinge schon ma- chen. Der Schreiber versprach, Gehorsam zu lei- sten, umarmete und küssete sie noch recht veste vor der Cammer-Thür, so, daß beyde gantz blind und ausser sich selbst zu seyn schienen. Jndem speang ich hervor, und sagte: Mademoiselle! sie können nur hier bleiben, denn Horn wird sie nicht ferner in ih- ren Liebes-Vergnügen stöhren; aber mein Freund! (redete ich den Schreiber an) ehe ihr mir die zu- gedachten Hörner aufsetzet, muß ich euch erstlich etliche selbst wachsend machen. Unter diesen Wor- ten schlug ich ihn etliche mahl mit dem Spanischen- Rohre über den Kopff, der Kerl aber, welcher doch vor 2. Pfennige Courage im Leibe haben mochte, holete seinen annoch gantz neuen Degen, und ging damit auf mich loß, hieb mir auch einen Aufschlag vom Rocke herunter; allein, auf meinem ersten Hieb, blieb ihm die rechte Hand nur an einer ein- tzigen Flechse hangen, weßwegen er sich dieselbe wenig Tage hernach muste ablösen lassen. Meine Jungfer Braut hatte sich unsichtbahr gemacht, al- so gieng ich auch nach Hause, schrieb die gantze Speciem facti auf, und schickte selbige, am drit- ten Tage dem zurück gekommenen Herrn Schwie- ger-Vater, vel qvasi, zu; Bedanckte mich auch dabey gantz freundlich vor seine Jungfer scil. Toch- ter. Der Mann war redlich, bejammerte sein Unglück und meinen Chagrin, ersetzte mir alles, was ich der Tochter geschenckt, und bath inständig, nicht um ihrent-sondern um seiner Renommee wegen, diese Sache nicht weiter kundbar zu machen.
Wie
du zu Hauſe biſt, ich will meine Dinge ſchon ma- chen. Der Schreiber verſprach, Gehorſam zu lei- ſten, umarmete und kuͤſſete ſie noch recht veſte vor der Cammer-Thuͤr, ſo, daß beyde gantz blind und auſſer ſich ſelbſt zu ſeyn ſchienen. Jndem ſpeang ich hervor, und ſagte: Mademoiſelle! ſie koͤnnen nur hier bleiben, denn Horn wird ſie nicht ferner in ih- ren Liebes-Vergnuͤgen ſtoͤhren; aber mein Freund! (redete ich den Schreiber an) ehe ihr mir die zu- gedachten Hoͤrner aufſetzet, muß ich euch erſtlich etliche ſelbſt wachſend machen. Unter dieſen Wor- ten ſchlug ich ihn etliche mahl mit dem Spaniſchen- Rohre uͤber den Kopff, der Kerl aber, welcher doch vor 2. Pfennige Courage im Leibe haben mochte, holete ſeinen annoch gantz neuen Degen, und ging damit auf mich loß, hieb mir auch einen Aufſchlag vom Rocke herunter; allein, auf meinem erſten Hieb, blieb ihm die rechte Hand nur an einer ein- tzigen Flechſe hangen, weßwegen er ſich dieſelbe wenig Tage hernach muſte abloͤſen laſſen. Meine Jungfer Braut hatte ſich unſichtbahr gemacht, al- ſo gieng ich auch nach Hauſe, ſchrieb die gantze Speciem facti auf, und ſchickte ſelbige, am drit- ten Tage dem zuruͤck gekommenen Herrn Schwie- ger-Vater, vel qvaſi, zu; Bedanckte mich auch dabey gantz freundlich vor ſeine Jungfer ſcil. Toch- ter. Der Mann war redlich, bejammerte ſein Ungluͤck und meinen Chagrin, erſetzte mir alles, was ich der Tochter geſchenckt, und bath inſtaͤndig, nicht um ihrent-ſondern um ſeiner Renommee wegen, dieſe Sache nicht weiter kundbar zu machen.
Wie
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0452"n="444"/>
du zu Hauſe biſt, ich will meine Dinge ſchon ma-<lb/>
chen. Der Schreiber verſprach, Gehorſam zu lei-<lb/>ſten, umarmete und kuͤſſete ſie noch recht veſte vor<lb/>
der Cammer-Thuͤr, ſo, daß beyde gantz blind und<lb/>
auſſer ſich ſelbſt zu ſeyn ſchienen. Jndem ſpeang<lb/>
ich hervor, und ſagte: <hirendition="#aq">Mademoiſelle!</hi>ſie koͤnnen nur<lb/>
hier bleiben, denn Horn wird ſie nicht ferner in ih-<lb/>
ren Liebes-Vergnuͤgen ſtoͤhren; aber mein Freund!<lb/>
(redete ich den Schreiber an) ehe ihr mir die zu-<lb/>
gedachten Hoͤrner aufſetzet, muß ich euch erſtlich<lb/>
etliche ſelbſt wachſend machen. Unter dieſen Wor-<lb/>
ten ſchlug ich ihn etliche mahl mit dem Spaniſchen-<lb/>
Rohre uͤber den Kopff, der Kerl aber, welcher doch<lb/>
vor 2. Pfennige <hirendition="#aq">Courage</hi> im Leibe haben mochte,<lb/>
holete ſeinen annoch gantz neuen Degen, und ging<lb/>
damit auf mich loß, hieb mir auch einen Aufſchlag<lb/>
vom Rocke herunter; allein, auf meinem erſten<lb/>
Hieb, blieb ihm die rechte Hand nur an einer ein-<lb/>
tzigen Flechſe hangen, weßwegen er ſich dieſelbe<lb/>
wenig Tage hernach muſte abloͤſen laſſen. Meine<lb/>
Jungfer Braut hatte ſich unſichtbahr gemacht, al-<lb/>ſo gieng ich auch nach Hauſe, ſchrieb die gantze<lb/><hirendition="#aq">Speciem facti</hi> auf, und ſchickte ſelbige, am drit-<lb/>
ten Tage dem zuruͤck gekommenen Herrn Schwie-<lb/>
ger-Vater, <hirendition="#aq">vel qvaſi,</hi> zu; Bedanckte mich auch<lb/>
dabey gantz freundlich vor ſeine Jungfer <hirendition="#aq">ſcil.</hi> Toch-<lb/>
ter. Der Mann war redlich, bejammerte ſein<lb/>
Ungluͤck und meinen <hirendition="#aq">Chagrin,</hi> erſetzte mir alles,<lb/>
was ich der Tochter geſchenckt, und bath inſtaͤndig,<lb/>
nicht um ihrent-ſondern um ſeiner <hirendition="#aq">Renommee</hi><lb/>
wegen, dieſe Sache nicht weiter kundbar zu machen.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wie</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[444/0452]
du zu Hauſe biſt, ich will meine Dinge ſchon ma-
chen. Der Schreiber verſprach, Gehorſam zu lei-
ſten, umarmete und kuͤſſete ſie noch recht veſte vor
der Cammer-Thuͤr, ſo, daß beyde gantz blind und
auſſer ſich ſelbſt zu ſeyn ſchienen. Jndem ſpeang
ich hervor, und ſagte: Mademoiſelle! ſie koͤnnen nur
hier bleiben, denn Horn wird ſie nicht ferner in ih-
ren Liebes-Vergnuͤgen ſtoͤhren; aber mein Freund!
(redete ich den Schreiber an) ehe ihr mir die zu-
gedachten Hoͤrner aufſetzet, muß ich euch erſtlich
etliche ſelbſt wachſend machen. Unter dieſen Wor-
ten ſchlug ich ihn etliche mahl mit dem Spaniſchen-
Rohre uͤber den Kopff, der Kerl aber, welcher doch
vor 2. Pfennige Courage im Leibe haben mochte,
holete ſeinen annoch gantz neuen Degen, und ging
damit auf mich loß, hieb mir auch einen Aufſchlag
vom Rocke herunter; allein, auf meinem erſten
Hieb, blieb ihm die rechte Hand nur an einer ein-
tzigen Flechſe hangen, weßwegen er ſich dieſelbe
wenig Tage hernach muſte abloͤſen laſſen. Meine
Jungfer Braut hatte ſich unſichtbahr gemacht, al-
ſo gieng ich auch nach Hauſe, ſchrieb die gantze
Speciem facti auf, und ſchickte ſelbige, am drit-
ten Tage dem zuruͤck gekommenen Herrn Schwie-
ger-Vater, vel qvaſi, zu; Bedanckte mich auch
dabey gantz freundlich vor ſeine Jungfer ſcil. Toch-
ter. Der Mann war redlich, bejammerte ſein
Ungluͤck und meinen Chagrin, erſetzte mir alles,
was ich der Tochter geſchenckt, und bath inſtaͤndig,
nicht um ihrent-ſondern um ſeiner Renommee
wegen, dieſe Sache nicht weiter kundbar zu machen.
Wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/452>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.