Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Meine Kinder, Brüder und Freunde!

Es haben zwar von euch nur einige gesehen
und gehöret, was vor besondere grosse Wunder-
Zeichen in vergangener Nacht geschehen; Alle aber
haben wir empfunden, was uns der Allmächtige
GOtt im Himmel, durch das erstaunliche Erd-
beben, vor ein grausames Schrecken eingejagt,
dergleichen Erdbeben wohl, so lange die Welt ge-
standen, auf dieser Jnsul nicht geschehen seyn
mag.

Mein in GOtt ruhender Vater hat mir, da
ich sein ältester Sohn bin, sehr viele mal erzäh-
let, daß er Zeit seines Aufenthalts auf dieser Jn-
sul zu verschiedenen malen Erderschütterungen
verspüret, welche aber doch leidlich gewesen, und
ich selbst habe seit den Jahren meiner Jugend biß
hierher verschiedene Erdbeben mit vielen Schre-
cken, Furcht und Erstaunen bemerckt, jedoch ein
solches, wie es sich in verwichener Nacht empfin-
den lassen, noch niemals. Es kan seyn, daß der
Allmächtige diese Jnsul zerreissen, und in die Tief-
fe des Meeres versencken, mithin uns alle verder-
ben will, und zwar um unserer Sünden willen.
Wolten wir gleich sagen, wir thun wenig oder
keine Sünde, 1) Wir fürchten und lieben GOtt.
2) Wir fluchen und lästern nicht so, wie man wohl
höret, daß es bey andern Nationen eine gemeine
Mode ist. 3) Wir heiligen den Feyertag, besu-
chen auch auser dem fleißig die Kirche, und gehen
ordentlich zum heil. Abendmahle. 4) Wir lieben,
fürchten und gehorsamen unsern Vorgesetzten, Leh-
rern und Eltern. 5) Man hat noch nie erhört,

daß
Meine Kinder, Bruͤder und Freunde!

Es haben zwar von euch nur einige geſehen
und gehoͤret, was vor beſondere groſſe Wunder-
Zeichen in vergangener Nacht geſchehen; Alle aber
haben wir empfunden, was uns der Allmaͤchtige
GOtt im Himmel, durch das erſtaunliche Erd-
beben, vor ein grauſames Schrecken eingejagt,
dergleichen Erdbeben wohl, ſo lange die Welt ge-
ſtanden, auf dieſer Jnſul nicht geſchehen ſeyn
mag.

Mein in GOtt ruhender Vater hat mir, da
ich ſein aͤlteſter Sohn bin, ſehr viele mal erzaͤh-
let, daß er Zeit ſeines Aufenthalts auf dieſer Jn-
ſul zu verſchiedenen malen Erderſchuͤtterungen
verſpuͤret, welche aber doch leidlich geweſen, und
ich ſelbſt habe ſeit den Jahren meiner Jugend biß
hierher verſchiedene Erdbeben mit vielen Schre-
cken, Furcht und Erſtaunen bemerckt, jedoch ein
ſolches, wie es ſich in verwichener Nacht empfin-
den laſſen, noch niemals. Es kan ſeyn, daß der
Allmaͤchtige dieſe Jnſul zerreiſſen, und in die Tief-
fe des Meeres verſencken, mithin uns alle verder-
ben will, und zwar um unſerer Suͤnden willen.
Wolten wir gleich ſagen, wir thun wenig oder
keine Suͤnde, 1) Wir fuͤrchten und lieben GOtt.
2) Wir fluchen und laͤſtern nicht ſo, wie man wohl
hoͤret, daß es bey andern Nationen eine gemeine
Mode iſt. 3) Wir heiligen den Feyertag, beſu-
chen auch auſer dem fleißig die Kirche, und gehen
ordentlich zum heil. Abendmahle. 4) Wir lieben,
fuͤrchten und gehorſamen unſern Vorgeſetzten, Leh-
rern und Eltern. 5) Man hat noch nie erhoͤrt,

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0024" n="14"/>
        <floatingText>
          <body>
            <div>
              <opener>
                <salute> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Meine Kinder, Bru&#x0364;der und Freunde!</hi> </hi> </salute>
              </opener><lb/>
              <p>Es haben zwar von euch nur einige ge&#x017F;ehen<lb/>
und geho&#x0364;ret, was vor be&#x017F;ondere gro&#x017F;&#x017F;e Wunder-<lb/>
Zeichen in vergangener Nacht ge&#x017F;chehen; Alle aber<lb/>
haben wir empfunden, was uns der Allma&#x0364;chtige<lb/>
GOtt im Himmel, durch das er&#x017F;taunliche Erd-<lb/>
beben, vor ein grau&#x017F;ames Schrecken eingejagt,<lb/>
dergleichen Erdbeben wohl, &#x017F;o lange die Welt ge-<lb/>
&#x017F;tanden, auf die&#x017F;er Jn&#x017F;ul nicht ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn<lb/>
mag.</p><lb/>
              <p>Mein in GOtt ruhender Vater hat mir, da<lb/>
ich &#x017F;ein a&#x0364;lte&#x017F;ter Sohn bin, &#x017F;ehr viele mal erza&#x0364;h-<lb/>
let, daß er Zeit &#x017F;eines Aufenthalts auf die&#x017F;er Jn-<lb/>
&#x017F;ul zu ver&#x017F;chiedenen malen Erder&#x017F;chu&#x0364;tterungen<lb/>
ver&#x017F;pu&#x0364;ret, welche aber doch leidlich gewe&#x017F;en, und<lb/>
ich &#x017F;elb&#x017F;t habe &#x017F;eit den Jahren meiner Jugend biß<lb/>
hierher ver&#x017F;chiedene Erdbeben mit vielen Schre-<lb/>
cken, Furcht und Er&#x017F;taunen bemerckt, jedoch ein<lb/>
&#x017F;olches, wie es &#x017F;ich in verwichener Nacht empfin-<lb/>
den la&#x017F;&#x017F;en, noch niemals. Es kan &#x017F;eyn, daß der<lb/>
Allma&#x0364;chtige die&#x017F;e Jn&#x017F;ul zerrei&#x017F;&#x017F;en, und in die Tief-<lb/>
fe des Meeres ver&#x017F;encken, mithin uns alle verder-<lb/>
ben will, und zwar um un&#x017F;erer Su&#x0364;nden willen.<lb/>
Wolten wir gleich &#x017F;agen, wir thun wenig oder<lb/>
keine Su&#x0364;nde, 1) Wir fu&#x0364;rchten und lieben GOtt.<lb/>
2) Wir fluchen und la&#x0364;&#x017F;tern nicht &#x017F;o, wie man wohl<lb/>
ho&#x0364;ret, daß es bey andern <hi rendition="#aq">Nation</hi>en eine gemeine<lb/><hi rendition="#aq">Mode</hi> i&#x017F;t. 3) Wir heiligen den Feyertag, be&#x017F;u-<lb/>
chen auch au&#x017F;er dem fleißig die Kirche, und gehen<lb/>
ordentlich zum heil. Abendmahle. 4) Wir lieben,<lb/>
fu&#x0364;rchten und gehor&#x017F;amen un&#x017F;ern Vorge&#x017F;etzten, Leh-<lb/>
rern und Eltern. 5) Man hat noch nie erho&#x0364;rt,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0024] Meine Kinder, Bruͤder und Freunde! Es haben zwar von euch nur einige geſehen und gehoͤret, was vor beſondere groſſe Wunder- Zeichen in vergangener Nacht geſchehen; Alle aber haben wir empfunden, was uns der Allmaͤchtige GOtt im Himmel, durch das erſtaunliche Erd- beben, vor ein grauſames Schrecken eingejagt, dergleichen Erdbeben wohl, ſo lange die Welt ge- ſtanden, auf dieſer Jnſul nicht geſchehen ſeyn mag. Mein in GOtt ruhender Vater hat mir, da ich ſein aͤlteſter Sohn bin, ſehr viele mal erzaͤh- let, daß er Zeit ſeines Aufenthalts auf dieſer Jn- ſul zu verſchiedenen malen Erderſchuͤtterungen verſpuͤret, welche aber doch leidlich geweſen, und ich ſelbſt habe ſeit den Jahren meiner Jugend biß hierher verſchiedene Erdbeben mit vielen Schre- cken, Furcht und Erſtaunen bemerckt, jedoch ein ſolches, wie es ſich in verwichener Nacht empfin- den laſſen, noch niemals. Es kan ſeyn, daß der Allmaͤchtige dieſe Jnſul zerreiſſen, und in die Tief- fe des Meeres verſencken, mithin uns alle verder- ben will, und zwar um unſerer Suͤnden willen. Wolten wir gleich ſagen, wir thun wenig oder keine Suͤnde, 1) Wir fuͤrchten und lieben GOtt. 2) Wir fluchen und laͤſtern nicht ſo, wie man wohl hoͤret, daß es bey andern Nationen eine gemeine Mode iſt. 3) Wir heiligen den Feyertag, beſu- chen auch auſer dem fleißig die Kirche, und gehen ordentlich zum heil. Abendmahle. 4) Wir lieben, fuͤrchten und gehorſamen unſern Vorgeſetzten, Leh- rern und Eltern. 5) Man hat noch nie erhoͤrt, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/24
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/24>, abgerufen am 21.11.2024.