ordentliche Appetit gleich vom Anfange dieses Vogel-Zuges angekommenwar, dererselben einen oder etliche zu schiessen, so ärgerte mich aber dabey nur dieses, daß sie sich mir zu dem Schusse in der Lufft nicht in etwas niedersencken, geschweige denn sich gar auf den Erdboden niederlassen wolten, vielmehr ihre Sicherheit in der ihnen, nach ihrem Geruch und Geschmack temperirten Lufft fort und fort suchten. Auser dem fanden sich einige Aber- gläubige, die da gern läuten hören wollen, aber noch nicht alle wusten, wo unsere Glocken hien- gen, zumahlen die letztern neuen und sehr wohlge- rathenen Glocken noch nicht einmahl alle aufge- zogen, und an gehörigen Ort und Stelle gebracht waren. Wie nun aber gemeiniglich ein Aber- glaube den andern zu Hülffe rufft, die Geister der Menschen zu verwirren, so wurde mir auch von den Obern und Hn. Geistlichen sehr verübelt, wenn ich den so genannten Frevel begehen, und nur einen eintzigen von diesen fremden Vögeln zu schiessen, mich unterfangen würde, indem dieses eine Sache wäre, die uns allen zum allergrösten Schaden und Verderben gereichen könte.
Was dieser Sache wegen, ob nemlich bey solchen fürchterlichen Zeiten, so wohl dieser Art Vögel, als Verkündiger göttlicher Straff-Ge- richte vorsetzlicher und freveler Weise todt zu schies- sen, billig, christlich und rathsam sey? unter uns nachhero vor öfftere ordentlich so genannte Dis- putationes gehalten worden, will ich vorjetzo nicht eben weitläufftig melden, sondern nur einen jeden fragen: ob, wenn uns GOtt Heuschrecken,
Frösche,
(q) 2
ordentliche Appetit gleich vom Anfange dieſes Vogel-Zuges angekommenwar, dererſelben einen oder etliche zu ſchieſſen, ſo aͤrgerte mich aber dabey nur dieſes, daß ſie ſich mir zu dem Schuſſe in der Lufft nicht in etwas niederſencken, geſchweige denn ſich gar auf den Erdboden niederlaſſen wolten, vielmehr ihre Sicherheit in der ihnen, nach ihrem Geruch und Geſchmack temperirten Lufft fort und fort ſuchten. Auſer dem fanden ſich einige Aber- glaͤubige, die da gern laͤuten hoͤren wollen, aber noch nicht alle wuſten, wo unſere Glocken hien- gen, zumahlen die letztern neuen und ſehr wohlge- rathenen Glocken noch nicht einmahl alle aufge- zogen, und an gehoͤrigen Ort und Stelle gebracht waren. Wie nun aber gemeiniglich ein Aber- glaube den andern zu Huͤlffe rufft, die Geiſter der Menſchen zu verwirren, ſo wurde mir auch von den Obern und Hn. Geiſtlichen ſehr veruͤbelt, wenn ich den ſo genannten Frevel begehen, und nur einen eintzigen von dieſen fremden Voͤgeln zu ſchieſſen, mich unterfangen wuͤrde, indem dieſes eine Sache waͤre, die uns allen zum allergroͤſten Schaden und Verderben gereichen koͤnte.
Was dieſer Sache wegen, ob nemlich bey ſolchen fuͤrchterlichen Zeiten, ſo wohl dieſer Art Voͤgel, als Verkuͤndiger goͤttlicher Straff-Ge- richte vorſetzlicher und freveler Weiſe todt zu ſchieſ- ſen, billig, chriſtlich und rathſam ſey? unter uns nachhero vor oͤfftere ordentlich ſo genannte Diſ- putationes gehalten worden, will ich vorjetzo nicht eben weitlaͤufftig melden, ſondern nur einen jeden fragen: ob, wenn uns GOtt Heuſchrecken,
Froͤſche,
(q) 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0253"n="243"/>
ordentliche <hirendition="#aq">Appetit</hi> gleich vom Anfange dieſes<lb/>
Vogel-Zuges angekommenwar, dererſelben einen<lb/>
oder etliche zu ſchieſſen, ſo aͤrgerte mich aber dabey<lb/>
nur dieſes, daß ſie ſich mir zu dem Schuſſe in der<lb/>
Lufft nicht in etwas niederſencken, geſchweige denn<lb/>ſich gar auf den Erdboden niederlaſſen wolten,<lb/>
vielmehr ihre Sicherheit in der ihnen, nach ihrem<lb/>
Geruch und Geſchmack <hirendition="#aq">temperirt</hi>en Lufft fort und<lb/>
fort ſuchten. Auſer dem fanden ſich einige Aber-<lb/>
glaͤubige, die da gern laͤuten hoͤren wollen, aber<lb/>
noch nicht alle wuſten, wo unſere Glocken hien-<lb/>
gen, zumahlen die letztern neuen und ſehr wohlge-<lb/>
rathenen Glocken noch nicht einmahl alle aufge-<lb/>
zogen, und an gehoͤrigen Ort und Stelle gebracht<lb/>
waren. Wie nun aber gemeiniglich ein Aber-<lb/>
glaube den andern zu Huͤlffe rufft, die Geiſter der<lb/>
Menſchen zu verwirren, ſo wurde mir auch von<lb/>
den Obern und Hn. Geiſtlichen ſehr veruͤbelt, wenn<lb/>
ich den ſo genannten Frevel begehen, und nur einen<lb/>
eintzigen von dieſen fremden Voͤgeln zu ſchieſſen,<lb/>
mich unterfangen wuͤrde, indem dieſes eine Sache<lb/>
waͤre, die uns allen zum allergroͤſten Schaden und<lb/>
Verderben gereichen koͤnte.</p><lb/><p>Was dieſer Sache wegen, ob nemlich bey<lb/>ſolchen fuͤrchterlichen Zeiten, ſo wohl dieſer Art<lb/>
Voͤgel, als Verkuͤndiger goͤttlicher Straff-Ge-<lb/>
richte vorſetzlicher und freveler Weiſe todt zu ſchieſ-<lb/>ſen, billig, chriſtlich und rathſam ſey? unter uns<lb/>
nachhero vor oͤfftere ordentlich ſo genannte <hirendition="#aq">Diſ-<lb/>
putationes</hi> gehalten worden, will ich vorjetzo<lb/>
nicht eben weitlaͤufftig melden, ſondern nur einen<lb/>
jeden fragen: ob, wenn uns GOtt Heuſchrecken,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">(q) 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Froͤſche,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[243/0253]
ordentliche Appetit gleich vom Anfange dieſes
Vogel-Zuges angekommenwar, dererſelben einen
oder etliche zu ſchieſſen, ſo aͤrgerte mich aber dabey
nur dieſes, daß ſie ſich mir zu dem Schuſſe in der
Lufft nicht in etwas niederſencken, geſchweige denn
ſich gar auf den Erdboden niederlaſſen wolten,
vielmehr ihre Sicherheit in der ihnen, nach ihrem
Geruch und Geſchmack temperirten Lufft fort und
fort ſuchten. Auſer dem fanden ſich einige Aber-
glaͤubige, die da gern laͤuten hoͤren wollen, aber
noch nicht alle wuſten, wo unſere Glocken hien-
gen, zumahlen die letztern neuen und ſehr wohlge-
rathenen Glocken noch nicht einmahl alle aufge-
zogen, und an gehoͤrigen Ort und Stelle gebracht
waren. Wie nun aber gemeiniglich ein Aber-
glaube den andern zu Huͤlffe rufft, die Geiſter der
Menſchen zu verwirren, ſo wurde mir auch von
den Obern und Hn. Geiſtlichen ſehr veruͤbelt, wenn
ich den ſo genannten Frevel begehen, und nur einen
eintzigen von dieſen fremden Voͤgeln zu ſchieſſen,
mich unterfangen wuͤrde, indem dieſes eine Sache
waͤre, die uns allen zum allergroͤſten Schaden und
Verderben gereichen koͤnte.
Was dieſer Sache wegen, ob nemlich bey
ſolchen fuͤrchterlichen Zeiten, ſo wohl dieſer Art
Voͤgel, als Verkuͤndiger goͤttlicher Straff-Ge-
richte vorſetzlicher und freveler Weiſe todt zu ſchieſ-
ſen, billig, chriſtlich und rathſam ſey? unter uns
nachhero vor oͤfftere ordentlich ſo genannte Diſ-
putationes gehalten worden, will ich vorjetzo
nicht eben weitlaͤufftig melden, ſondern nur einen
jeden fragen: ob, wenn uns GOtt Heuſchrecken,
Froͤſche,
(q) 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/253>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.