hat. Unterdessen seyd so gut, und stimmet mit mir das Lied an: Wo soll ich fliehen hin etc.
Nachdem der Regent und wir alle dieses Lied mit gröster Hertzens-Andacht kaum ausge- sungen, verspüreten wir eine kleine Erd-Erdschüt- terung, die doch allen denen, die auf der Erden lagen, nicht anders vorkam, als ob sie gewieget würden. Es währete dieselbe kaum 5. bis 6. Mi- nuten, worauf alles stille war.
"Nach diesem stund Albertus wieder auf, &q;und redete mit heroischen Geiste und Munde &q;folgendes: Nun getrost und unverzagt, meine &q;Lieben! Der Geist des HErrn sagt es mir, daß &q;nunmehro alles vorbey sey, solte GOtt aber den- &q;noch ein Straf-Gericht über uns beschlossen ha- &q;ben; wohlan so lasset uns lieber in die Hände &q;des HErrn fallen, als in die Hände der Men- &q;schen." (Worauf er mit diesen Worten zielete, will ich weiter unten melden.) Hierauf stimmete er sei- nes Vaters auserlesenes Hertzens-Lied an: Es woll uns GOtt genädig seyn etc.
Nachdem wir dieses insgesammt ausgesun- gen, fieng die Sonne am blau-gewölckten Him- mel dergestallt zu brennen an, daß wir auf dem freyen Platze nicht länger vor Hitze zu bleiben wu- sten, weßwegen wir uns nach schattigten Oertern umsahen, und sämmtlich nach der Alberts-Rau- mer Allee spatzireten. Hierbey bewunderte ich, daß unter so vielen 100. Personen kein eintziges weder Hunger noch Durst klagte, vielweniger sich bemühen wolte nach der Alberts-Burg zu gehen, und Speise und Tranck zu holen.
Wie
hat. Unterdeſſen ſeyd ſo gut, und ſtimmet mit mir das Lied an: Wo ſoll ich fliehen hin ꝛc.
Nachdem der Regent und wir alle dieſes Lied mit groͤſter Hertzens-Andacht kaum ausge- ſungen, verſpuͤreten wir eine kleine Erd-Erdſchuͤt- terung, die doch allen denen, die auf der Erden lagen, nicht anders vorkam, als ob ſie gewieget wuͤrden. Es waͤhrete dieſelbe kaum 5. bis 6. Mi- nuten, worauf alles ſtille war.
„Nach dieſem ſtund Albertus wieder auf, &q;und redete mit heroiſchen Geiſte und Munde &q;folgendes: Nun getroſt und unverzagt, meine &q;Lieben! Der Geiſt des HErrn ſagt es mir, daß &q;nunmehro alles vorbey ſey, ſolte GOtt aber den- &q;noch ein Straf-Gericht uͤber uns beſchloſſen ha- &q;ben; wohlan ſo laſſet uns lieber in die Haͤnde &q;des HErrn fallen, als in die Haͤnde der Men- &q;ſchen.‟ (Worauf er mit dieſen Worten zielete, will ich weiter unten melden.) Hierauf ſtimmete er ſei- nes Vaters auserleſenes Hertzens-Lied an: Es woll uns GOtt genaͤdig ſeyn ꝛc.
Nachdem wir dieſes insgeſammt ausgeſun- gen, fieng die Sonne am blau-gewoͤlckten Him- mel dergeſtallt zu brennen an, daß wir auf dem freyen Platze nicht laͤnger vor Hitze zu bleiben wu- ſten, weßwegen wir uns nach ſchattigten Oertern umſahen, und ſaͤmmtlich nach der Alberts-Rau- mer Alleè ſpatzireten. Hierbey bewunderte ich, daß unter ſo vielen 100. Perſonen kein eintziges weder Hunger noch Durſt klagte, vielweniger ſich bemuͤhen wolte nach der Alberts-Burg zu gehen, und Speiſe und Tranck zu holen.
Wie
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><div><p><pbfacs="#f0028"n="18"/>
hat. Unterdeſſen ſeyd ſo gut, und ſtimmet mit mir<lb/>
das Lied an: <hirendition="#fr">Wo ſoll ich fliehen hin ꝛc.</hi></p></div></body></floatingText><lb/><p>Nachdem der <hirendition="#aq">Regent</hi> und wir alle dieſes<lb/>
Lied mit groͤſter Hertzens-Andacht kaum ausge-<lb/>ſungen, verſpuͤreten wir eine kleine Erd-Erdſchuͤt-<lb/>
terung, die doch allen denen, die auf der Erden<lb/>
lagen, nicht anders vorkam, als ob ſie gewieget<lb/>
wuͤrden. Es waͤhrete dieſelbe kaum 5. bis 6. Mi-<lb/>
nuten, worauf alles ſtille war.</p><lb/><p>„Nach dieſem ſtund <hirendition="#aq">Albertus</hi> wieder auf,<lb/>&q;und redete mit <hirendition="#aq">heroi</hi>ſchen Geiſte und Munde<lb/>&q;folgendes: Nun getroſt und unverzagt, meine<lb/>&q;Lieben! Der Geiſt des HErrn ſagt es mir, daß<lb/>&q;nunmehro alles vorbey ſey, ſolte GOtt aber den-<lb/>&q;noch ein Straf-Gericht uͤber uns beſchloſſen ha-<lb/>&q;ben; wohlan ſo laſſet uns lieber in die Haͤnde<lb/>&q;des HErrn fallen, als in die Haͤnde der Men-<lb/>&q;ſchen.‟ (<hirendition="#fr">Worauf er mit dieſen Worten zielete, will<lb/>
ich weiter unten melden.</hi>) Hierauf ſtimmete er ſei-<lb/>
nes Vaters auserleſenes Hertzens-Lied an: <hirendition="#fr">Es<lb/>
woll uns GOtt genaͤdig ſeyn ꝛc.</hi></p><lb/><p>Nachdem wir dieſes insgeſammt ausgeſun-<lb/>
gen, fieng die Sonne am blau-gewoͤlckten Him-<lb/>
mel dergeſtallt zu brennen an, daß wir auf dem<lb/>
freyen Platze nicht laͤnger vor Hitze zu bleiben wu-<lb/>ſten, weßwegen wir uns nach ſchattigten Oertern<lb/>
umſahen, und ſaͤmmtlich nach der <hirendition="#aq">Alberts-</hi>Rau-<lb/>
mer <hirendition="#aq">Alleè</hi>ſpatzireten. Hierbey bewunderte ich,<lb/>
daß unter ſo vielen 100. Perſonen kein eintziges<lb/>
weder Hunger noch Durſt klagte, vielweniger ſich<lb/>
bemuͤhen wolte nach der <hirendition="#aq">Alberts-</hi>Burg zu gehen,<lb/>
und Speiſe und Tranck zu holen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wie</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[18/0028]
hat. Unterdeſſen ſeyd ſo gut, und ſtimmet mit mir
das Lied an: Wo ſoll ich fliehen hin ꝛc.
Nachdem der Regent und wir alle dieſes
Lied mit groͤſter Hertzens-Andacht kaum ausge-
ſungen, verſpuͤreten wir eine kleine Erd-Erdſchuͤt-
terung, die doch allen denen, die auf der Erden
lagen, nicht anders vorkam, als ob ſie gewieget
wuͤrden. Es waͤhrete dieſelbe kaum 5. bis 6. Mi-
nuten, worauf alles ſtille war.
„Nach dieſem ſtund Albertus wieder auf,
&q;und redete mit heroiſchen Geiſte und Munde
&q;folgendes: Nun getroſt und unverzagt, meine
&q;Lieben! Der Geiſt des HErrn ſagt es mir, daß
&q;nunmehro alles vorbey ſey, ſolte GOtt aber den-
&q;noch ein Straf-Gericht uͤber uns beſchloſſen ha-
&q;ben; wohlan ſo laſſet uns lieber in die Haͤnde
&q;des HErrn fallen, als in die Haͤnde der Men-
&q;ſchen.‟ (Worauf er mit dieſen Worten zielete, will
ich weiter unten melden.) Hierauf ſtimmete er ſei-
nes Vaters auserleſenes Hertzens-Lied an: Es
woll uns GOtt genaͤdig ſeyn ꝛc.
Nachdem wir dieſes insgeſammt ausgeſun-
gen, fieng die Sonne am blau-gewoͤlckten Him-
mel dergeſtallt zu brennen an, daß wir auf dem
freyen Platze nicht laͤnger vor Hitze zu bleiben wu-
ſten, weßwegen wir uns nach ſchattigten Oertern
umſahen, und ſaͤmmtlich nach der Alberts-Rau-
mer Alleè ſpatzireten. Hierbey bewunderte ich,
daß unter ſo vielen 100. Perſonen kein eintziges
weder Hunger noch Durſt klagte, vielweniger ſich
bemuͤhen wolte nach der Alberts-Burg zu gehen,
und Speiſe und Tranck zu holen.
Wie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/28>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.