grossen Geyer daher geflogen kommen, welcher sich erstlich etliche Minuten in der Lufft herum schwenck- te, nachhero aber, wie ein Blitz, hernieder fuhr, und der Fräulein von N. den Feder-Huth zusammt der Stroh-Crone vom Haupte rieß, auch selbige in gröster Geschwindigkeit in die Lüffte führete, seinen Flug aber nach dem Jndianischen Meere zu nahm, mithin gar bald aus unsern Augen ver- schwand.
Ohngeachtet nun das Fräulein sich über diesen Possen sehr bestürtzt und verdrießlich erzeigte, indem sie mit blossem Haupte in die Capelle gehen und opf- fern muste, so hätte doch eben dieser Possen noch hingehen mögen, und leicht verschmertzt werden kön- nen, wenn nicht ein anderer noch weit häßlicherer Possen darauf erfolgte wäre: denn da sie aus der Capelle auf dem Rückwege begriffen war, senckte sich ein fürchterlicher Drache fast biß zu ihrem Haupte hernieder, und besalbete sie mit Kuh-Miste dergestalt, daß sie nicht aus den Augen sehen konte, wie denn auch ihr Führer nicht verschonet blieb, sondern einen ziemlichen Theil Küh-Mist auf sei- nem Haupte und Kleidern aufzuweisen hatte.
Diese Begebenheit hatte sich die gute Fräu- lein dergestalt zu Gemüthe gezogen, daß sie in eine tödtliche Kranckheit verfiel, so daß an ihrem Auf- kommen gezweiffelt wurde, jedoch nach Verlauff einiger Wochen ließ sie sich zwar wieder öffentlich sehen, begab sich aber bald auf die Reise nach ihren Eltern, da man denn nach der Zeit die Fürstin noch einmahl so vergnügt als vorhero sahe, ohngeachtet der Fürst, unter dem Vorwande den bevorstehen-
den
groſſen Geyer daher geflogen kommen, welcher ſich erſtlich etliche Minuten in der Lufft herum ſchwenck- te, nachhero aber, wie ein Blitz, hernieder fuhr, und der Fraͤulein von N. den Feder-Huth zuſam̃t der Stroh-Crone vom Haupte rieß, auch ſelbige in groͤſter Geſchwindigkeit in die Luͤffte fuͤhrete, ſeinen Flug aber nach dem Jndianiſchen Meere zu nahm, mithin gar bald aus unſern Augen ver- ſchwand.
Ohngeachtet nun das Fraͤulein ſich uͤber dieſen Poſſen ſehr beſtuͤrtzt uñ verdrießlich erzeigte, indem ſie mit bloſſem Haupte in die Capelle gehen und opf- fern muſte, ſo haͤtte doch eben dieſer Poſſen noch hingehen moͤgen, und leicht verſchmertzt werden koͤn- nen, wenn nicht ein anderer noch weit haͤßlicherer Poſſen darauf erfolgte waͤre: denn da ſie aus der Capelle auf dem Ruͤckwege begriffen war, ſenckte ſich ein fuͤrchterlicher Drache faſt biß zu ihrem Haupte hernieder, und beſalbete ſie mit Kuh-Miſte dergeſtalt, daß ſie nicht aus den Augen ſehen konte, wie denn auch ihr Fuͤhrer nicht verſchonet blieb, ſondern einen ziemlichen Theil Kuͤh-Miſt auf ſei- nem Haupte und Kleidern aufzuweiſen hatte.
Dieſe Begebenheit hatte ſich die gute Fraͤu- lein dergeſtalt zu Gemuͤthe gezogen, daß ſie in eine toͤdtliche Kranckheit verfiel, ſo daß an ihrem Auf- kommen gezweiffelt wurde, jedoch nach Verlauff einiger Wochen ließ ſie ſich zwar wieder oͤffentlich ſehen, begab ſich aber bald auf die Reiſe nach ihren Eltern, da man denn nach der Zeit die Fuͤrſtin noch einmahl ſo vergnuͤgt als vorhero ſahe, ohngeachtet der Fuͤrſt, unter dem Vorwande den bevorſtehen-
den
<TEI><text><body><divn="1"><floatingText><body><div><p><pbfacs="#f0448"n="438"/>
groſſen Geyer daher geflogen kommen, welcher ſich<lb/>
erſtlich etliche Minuten in der Lufft herum ſchwenck-<lb/>
te, nachhero aber, wie ein Blitz, hernieder fuhr,<lb/>
und der Fraͤulein von <hirendition="#aq">N.</hi> den Feder-Huth zuſam̃t<lb/>
der Stroh-Crone vom Haupte rieß, auch ſelbige<lb/>
in groͤſter Geſchwindigkeit in die Luͤffte fuͤhrete,<lb/>ſeinen Flug aber nach dem Jndianiſchen Meere<lb/>
zu nahm, mithin gar bald aus unſern Augen ver-<lb/>ſchwand.</p><lb/><p>Ohngeachtet nun das Fraͤulein ſich uͤber dieſen<lb/>
Poſſen ſehr beſtuͤrtzt uñ verdrießlich erzeigte, indem<lb/>ſie mit bloſſem Haupte in die Capelle gehen und opf-<lb/>
fern muſte, ſo haͤtte doch eben dieſer Poſſen noch<lb/>
hingehen moͤgen, und leicht verſchmertzt werden koͤn-<lb/>
nen, wenn nicht ein anderer noch weit haͤßlicherer<lb/>
Poſſen darauf erfolgte waͤre: denn da ſie aus der<lb/>
Capelle auf dem Ruͤckwege begriffen war, ſenckte<lb/>ſich ein fuͤrchterlicher Drache faſt biß zu ihrem<lb/>
Haupte hernieder, und beſalbete ſie mit Kuh-Miſte<lb/>
dergeſtalt, daß ſie nicht aus den Augen ſehen konte,<lb/>
wie denn auch ihr Fuͤhrer nicht verſchonet blieb,<lb/>ſondern einen ziemlichen Theil Kuͤh-Miſt auf ſei-<lb/>
nem Haupte und Kleidern aufzuweiſen hatte.</p><lb/><p>Dieſe Begebenheit hatte ſich die gute Fraͤu-<lb/>
lein dergeſtalt zu Gemuͤthe gezogen, daß ſie in eine<lb/>
toͤdtliche Kranckheit verfiel, ſo daß an ihrem Auf-<lb/>
kommen gezweiffelt wurde, jedoch nach Verlauff<lb/>
einiger Wochen ließ ſie ſich zwar wieder oͤffentlich<lb/>ſehen, begab ſich aber bald auf die Reiſe nach ihren<lb/>
Eltern, da man denn nach der Zeit die Fuͤrſtin noch<lb/>
einmahl ſo vergnuͤgt als vorhero ſahe, ohngeachtet<lb/>
der Fuͤrſt, unter dem Vorwande den bevorſtehen-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></body></floatingText></div></body></text></TEI>
[438/0448]
groſſen Geyer daher geflogen kommen, welcher ſich
erſtlich etliche Minuten in der Lufft herum ſchwenck-
te, nachhero aber, wie ein Blitz, hernieder fuhr,
und der Fraͤulein von N. den Feder-Huth zuſam̃t
der Stroh-Crone vom Haupte rieß, auch ſelbige
in groͤſter Geſchwindigkeit in die Luͤffte fuͤhrete,
ſeinen Flug aber nach dem Jndianiſchen Meere
zu nahm, mithin gar bald aus unſern Augen ver-
ſchwand.
Ohngeachtet nun das Fraͤulein ſich uͤber dieſen
Poſſen ſehr beſtuͤrtzt uñ verdrießlich erzeigte, indem
ſie mit bloſſem Haupte in die Capelle gehen und opf-
fern muſte, ſo haͤtte doch eben dieſer Poſſen noch
hingehen moͤgen, und leicht verſchmertzt werden koͤn-
nen, wenn nicht ein anderer noch weit haͤßlicherer
Poſſen darauf erfolgte waͤre: denn da ſie aus der
Capelle auf dem Ruͤckwege begriffen war, ſenckte
ſich ein fuͤrchterlicher Drache faſt biß zu ihrem
Haupte hernieder, und beſalbete ſie mit Kuh-Miſte
dergeſtalt, daß ſie nicht aus den Augen ſehen konte,
wie denn auch ihr Fuͤhrer nicht verſchonet blieb,
ſondern einen ziemlichen Theil Kuͤh-Miſt auf ſei-
nem Haupte und Kleidern aufzuweiſen hatte.
Dieſe Begebenheit hatte ſich die gute Fraͤu-
lein dergeſtalt zu Gemuͤthe gezogen, daß ſie in eine
toͤdtliche Kranckheit verfiel, ſo daß an ihrem Auf-
kommen gezweiffelt wurde, jedoch nach Verlauff
einiger Wochen ließ ſie ſich zwar wieder oͤffentlich
ſehen, begab ſich aber bald auf die Reiſe nach ihren
Eltern, da man denn nach der Zeit die Fuͤrſtin noch
einmahl ſo vergnuͤgt als vorhero ſahe, ohngeachtet
der Fuͤrſt, unter dem Vorwande den bevorſtehen-
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/448>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.