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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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Glückseligkeit biß hieher nicht wieder theil-
hafftig werden können.

Jch fiel demnach vor der Fürstin nieder auf
die Knie, küssete vor Freuden den Saum ihres Klei-
des, und weinete dabey recht bitterlich, worauf sie
mich in die Höhe hub, und mir mehr als 10. Küsse
gab, aber dabey befahl, daß ich gleich von Stun-
de an zu dem Keller-Meister Jacob (den sie mei-
nen Landesmann hieß, weil er ihr Dollmetscher in
Holländischer und andern Sprachen war) hinge-
hen, und ihres Christenthums wegen mich weiter
bey ihm erkundigen, diese folgende Nacht aber bey
ihr in ihrem Zimmer bleiben solte.

Dieser Jacob erzehlete mir nun, nachdem
ich ihm den Befehl von unserer Fürstin überdracht,
rechte Wunder-Dinge von dieser Fürstin, welche ich
nachzusagen mich zwar wohl im Stande befinde,
allein es möchte vielleicht die Geschichte dadurch all-
zu weitläufftig gemacht werden, darum will aus
dessen Munde nur kürtzlich so viel melden, daß die-
se Fürstin, als eine Printzeßin eines benachbarten
grossen Fürsten, zwar als eine Heydin gebohren,
und als eine Anbetherin des Feuers erzogen worden,
allein der Himmel hätte sie durch besondere Wege,
da sie ohngefähr 12. biß 13. Jahr alt gewesen, auf
ein Holländisches Schiff geführet, welches sie, al-
ler Persianer Art nach, so wohl von aussen als von
innen mit gröster Verwunderung beschauet, und
sich auf das alleräuserste darüber vergnügt, jedoch
über alles weiter nichts mehr, als über den andäch-
tigen Gottesdienst der Christen, weßwegen sie denn
gleich gebeten, daß man die Güte haben, und sie

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Gluͤckſeligkeit biß hieher nicht wieder theil-
hafftig werden koͤnnen.

Jch fiel demnach vor der Fuͤrſtin nieder auf
die Knie, kuͤſſete vor Freuden den Saum ihres Klei-
des, und weinete dabey recht bitterlich, worauf ſie
mich in die Hoͤhe hub, und mir mehr als 10. Kuͤſſe
gab, aber dabey befahl, daß ich gleich von Stun-
de an zu dem Keller-Meiſter Jacob (den ſie mei-
nen Landesmann hieß, weil er ihr Dollmetſcher in
Hollaͤndiſcher und andern Sprachen war) hinge-
hen, und ihres Chriſtenthums wegen mich weiter
bey ihm erkundigen, dieſe folgende Nacht aber bey
ihr in ihrem Zimmer bleiben ſolte.

Dieſer Jacob erzehlete mir nun, nachdem
ich ihm den Befehl von unſerer Fuͤrſtin uͤberdracht,
rechte Wunder-Dinge von dieſer Fuͤrſtin, welche ich
nachzuſagen mich zwar wohl im Stande befinde,
allein es moͤchte vielleicht die Geſchichte dadurch all-
zu weitlaͤufftig gemacht werden, darum will aus
deſſen Munde nur kuͤrtzlich ſo viel melden, daß die-
ſe Fuͤrſtin, als eine Printzeßin eines benachbarten
groſſen Fuͤrſten, zwar als eine Heydin gebohren,
und als eine Anbetherin des Feuers erzogen worden,
allein der Himmel haͤtte ſie durch beſondere Wege,
da ſie ohngefaͤhr 12. biß 13. Jahr alt geweſen, auf
ein Hollaͤndiſches Schiff gefuͤhret, welches ſie, al-
ler Perſianer Art nach, ſo wohl von auſſen als von
innen mit groͤſter Verwunderung beſchauet, und
ſich auf das alleraͤuſerſte daruͤber vergnuͤgt, jedoch
uͤber alles weiter nichts mehr, als uͤber den andaͤch-
tigen Gottesdienſt der Chriſten, weßwegen ſie denn
gleich gebeten, daß man die Guͤte haben, und ſie

mit
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[441/0451] Gluͤckſeligkeit biß hieher nicht wieder theil- hafftig werden koͤnnen. Jch fiel demnach vor der Fuͤrſtin nieder auf die Knie, kuͤſſete vor Freuden den Saum ihres Klei- des, und weinete dabey recht bitterlich, worauf ſie mich in die Hoͤhe hub, und mir mehr als 10. Kuͤſſe gab, aber dabey befahl, daß ich gleich von Stun- de an zu dem Keller-Meiſter Jacob (den ſie mei- nen Landesmann hieß, weil er ihr Dollmetſcher in Hollaͤndiſcher und andern Sprachen war) hinge- hen, und ihres Chriſtenthums wegen mich weiter bey ihm erkundigen, dieſe folgende Nacht aber bey ihr in ihrem Zimmer bleiben ſolte. Dieſer Jacob erzehlete mir nun, nachdem ich ihm den Befehl von unſerer Fuͤrſtin uͤberdracht, rechte Wunder-Dinge von dieſer Fuͤrſtin, welche ich nachzuſagen mich zwar wohl im Stande befinde, allein es moͤchte vielleicht die Geſchichte dadurch all- zu weitlaͤufftig gemacht werden, darum will aus deſſen Munde nur kuͤrtzlich ſo viel melden, daß die- ſe Fuͤrſtin, als eine Printzeßin eines benachbarten groſſen Fuͤrſten, zwar als eine Heydin gebohren, und als eine Anbetherin des Feuers erzogen worden, allein der Himmel haͤtte ſie durch beſondere Wege, da ſie ohngefaͤhr 12. biß 13. Jahr alt geweſen, auf ein Hollaͤndiſches Schiff gefuͤhret, welches ſie, al- ler Perſianer Art nach, ſo wohl von auſſen als von innen mit groͤſter Verwunderung beſchauet, und ſich auf das alleraͤuſerſte daruͤber vergnuͤgt, jedoch uͤber alles weiter nichts mehr, als uͤber den andaͤch- tigen Gottesdienſt der Chriſten, weßwegen ſie denn gleich gebeten, daß man die Guͤte haben, und ſie mit (e e) 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/451>, abgerufen am 24.11.2024.