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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743.

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getaufft im Nahmen der Hochheiligen Drey-
faltigkeit, anbey auf CHristi Blut und Ge-
rechtigkeit. Wer hat dich getaufft?
(fragte
der Fürst noch ferner) Das hat Jacob gethan,
und zwar auf ausdrücklichem Befehl meiner
seeligen Mutter
(erwiederte die Printzeßin) und
eben dieser Jacob, nebst seiner Frauen, und mei-
ner Anna, als meiner Pflege-Mutter, die mir biß
hieher viel Gutes erwiesen, sind die Zeugen meiner
christlichen heiligen Tauffe.

Uber diese verwegenen und dreusten Reden
wurde der Fürst dergestalt verdrießlich, daß er
abermahls gantz zornig von seinem Sofa aufsprung,
weiter kein Wort sagte, sondern stillschweigend da-
von gieng. Da uns aber des andern Tages die
Mittags-Mahlzeit, welche in einer Schüssel voll
mit Wasser gekochtem Reiß und etwas Brodt und
Wasser bestunde, durch die Bedienten herbey ge-
bracht wurde, erfuhren wir von ihnen, daß der
Fürst gestern Abend noch gantz spät den Jacob
und seine Frau in Ketten und Banden schliessen,
auch in ein wohl verwahrtes Gefängniß legen las-
len. Bey so gestalten Sachen hatten ich und mei-
ne Mirzamanda keine besonders geruhige Nacht,
zumahlen die Abend-Mahlzeit eben nicht besser,
als die Mittags-Mahlzeit gewesen war; jedoch es
fanden sich unter den Bedienten noch etliche Ge-
treue, welche uns nicht allein alles, was wir be-
durfften, und zwar auf mancherley listige Art zu-
schafften, sondern auch von allem dem, was bey
Hofe vorgieng, Nachricht brachten.

Des

getaufft im Nahmen der Hochheiligen Drey-
faltigkeit, anbey auf CHriſti Blut und Ge-
rechtigkeit. Wer hat dich getaufft?
(fragte
der Fuͤrſt noch ferner) Das hat Jacob gethan,
und zwar auf ausdruͤcklichem Befehl meiner
ſeeligen Mutter
(erwiederte die Printzeßin) und
eben dieſer Jacob, nebſt ſeiner Frauen, und mei-
ner Anna, als meiner Pflege-Mutter, die mir biß
hieher viel Gutes erwieſen, ſind die Zeugen meiner
chriſtlichen heiligen Tauffe.

Uber dieſe verwegenen und dreuſten Reden
wurde der Fuͤrſt dergeſtalt verdrießlich, daß er
abermahls gantz zornig von ſeinem Sofa aufſprung,
weiter kein Wort ſagte, ſondern ſtillſchweigend da-
von gieng. Da uns aber des andern Tages die
Mittags-Mahlzeit, welche in einer Schuͤſſel voll
mit Waſſer gekochtem Reiß und etwas Brodt und
Waſſer beſtunde, durch die Bedienten herbey ge-
bracht wurde, erfuhren wir von ihnen, daß der
Fuͤrſt geſtern Abend noch gantz ſpaͤt den Jacob
und ſeine Frau in Ketten und Banden ſchlieſſen,
auch in ein wohl verwahrtes Gefaͤngniß legen laſ-
len. Bey ſo geſtalten Sachen hatten ich und mei-
ne Mirzamanda keine beſonders geruhige Nacht,
zumahlen die Abend-Mahlzeit eben nicht beſſer,
als die Mittags-Mahlzeit geweſen war; jedoch es
fanden ſich unter den Bedienten noch etliche Ge-
treue, welche uns nicht allein alles, was wir be-
durfften, und zwar auf mancherley liſtige Art zu-
ſchafften, ſondern auch von allem dem, was bey
Hofe vorgieng, Nachricht brachten.

Des
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[466/0476] getaufft im Nahmen der Hochheiligen Drey- faltigkeit, anbey auf CHriſti Blut und Ge- rechtigkeit. Wer hat dich getaufft? (fragte der Fuͤrſt noch ferner) Das hat Jacob gethan, und zwar auf ausdruͤcklichem Befehl meiner ſeeligen Mutter (erwiederte die Printzeßin) und eben dieſer Jacob, nebſt ſeiner Frauen, und mei- ner Anna, als meiner Pflege-Mutter, die mir biß hieher viel Gutes erwieſen, ſind die Zeugen meiner chriſtlichen heiligen Tauffe. Uber dieſe verwegenen und dreuſten Reden wurde der Fuͤrſt dergeſtalt verdrießlich, daß er abermahls gantz zornig von ſeinem Sofa aufſprung, weiter kein Wort ſagte, ſondern ſtillſchweigend da- von gieng. Da uns aber des andern Tages die Mittags-Mahlzeit, welche in einer Schuͤſſel voll mit Waſſer gekochtem Reiß und etwas Brodt und Waſſer beſtunde, durch die Bedienten herbey ge- bracht wurde, erfuhren wir von ihnen, daß der Fuͤrſt geſtern Abend noch gantz ſpaͤt den Jacob und ſeine Frau in Ketten und Banden ſchlieſſen, auch in ein wohl verwahrtes Gefaͤngniß legen laſ- len. Bey ſo geſtalten Sachen hatten ich und mei- ne Mirzamanda keine beſonders geruhige Nacht, zumahlen die Abend-Mahlzeit eben nicht beſſer, als die Mittags-Mahlzeit geweſen war; jedoch es fanden ſich unter den Bedienten noch etliche Ge- treue, welche uns nicht allein alles, was wir be- durfften, und zwar auf mancherley liſtige Art zu- ſchafften, ſondern auch von allem dem, was bey Hofe vorgieng, Nachricht brachten. Des

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 4. Nordhausen, 1743, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata04_1743/476>, abgerufen am 27.11.2024.