Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893. Anatol. So kann man nicht fragen! Max ...? Anatol. Ich muß die Frage anders fassen. Max. Ich denke doch, sie ist präcis genug. Anatol. Nein, das ist eben der Fehler, sie ist nicht präcis genug! Max. Wieso? Anatol. Wenn ich sie frage: bist Du treu, so meint sie dies vielleicht im allerweitesten Sinne. Max. Nun? Anatol. Sie umfaßt vielleicht die ganze ... Ver- gangenheit ... Sie denkt möglicherweise an eine Zeit, wo sie einen Andern liebte ... und wird antworten: Nein. Max. Das wäre ja auch ganz interessant. Anatol. Ich danke ... Ich weiß, Cora ist Andern begegnet vor mir ... Sie hat mir selbst einmal gesagt: Ja, wenn ich gewußt hätte, daß ich Dich einmal treffe ... dann ... Max. Aber sie hat es nicht gewußt. Anatol. Nein ... Max. Und was Deine Frage anbelangt ... Anatol. Ja ... Diese Frage ... Ich finde sie plump, in der Fassung wenigstens. Max. Nun so stelle sie etwa so: Cora, warst Du mir treu, seit Du mich kennst? Anatol. Hm ... Das wäre etwas. (Vor Cora) Cora! warst Du .. Auch das ist ein Unsinn! Max. Ein Unsinn!? 2*
Anatol. So kann man nicht fragen! Max …? Anatol. Ich muß die Frage anders faſſen. Max. Ich denke doch, ſie iſt präcis genug. Anatol. Nein, das iſt eben der Fehler, ſie iſt nicht präcis genug! Max. Wieſo? Anatol. Wenn ich ſie frage: biſt Du treu, ſo meint ſie dies vielleicht im allerweiteſten Sinne. Max. Nun? Anatol. Sie umfaßt vielleicht die ganze … Ver- gangenheit … Sie denkt möglicherweiſe an eine Zeit, wo ſie einen Andern liebte … und wird antworten: Nein. Max. Das wäre ja auch ganz intereſſant. Anatol. Ich danke … Ich weiß, Cora iſt Andern begegnet vor mir … Sie hat mir ſelbſt einmal geſagt: Ja, wenn ich gewußt hätte, daß ich Dich einmal treffe … dann … Max. Aber ſie hat es nicht gewußt. Anatol. Nein … Max. Und was Deine Frage anbelangt … Anatol. Ja … Dieſe Frage … Ich finde ſie plump, in der Faſſung wenigſtens. Max. Nun ſo ſtelle ſie etwa ſo: Cora, warſt Du mir treu, ſeit Du mich kennſt? Anatol. Hm … Das wäre etwas. (Vor Cora) Cora! warſt Du .. Auch das iſt ein Unſinn! Max. Ein Unſinn!? 2*
<TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0029" n="19"/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>So kann man nicht fragen!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max</hi> </speaker> <p>…?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ich muß die Frage anders faſſen.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Ich denke doch, ſie iſt präcis genug.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Nein, das iſt eben der Fehler, ſie iſt nicht<lb/> präcis genug!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Wieſo?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Wenn ich ſie frage: biſt Du treu, ſo meint<lb/> ſie dies vielleicht im allerweiteſten Sinne.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Nun?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Sie umfaßt vielleicht die ganze … Ver-<lb/> gangenheit … Sie denkt möglicherweiſe an eine Zeit, wo<lb/> ſie einen Andern liebte … und wird antworten: Nein.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Das wäre ja auch ganz intereſſant.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ich danke … Ich weiß, Cora iſt Andern<lb/> begegnet vor mir … Sie hat mir ſelbſt einmal geſagt:<lb/> Ja, wenn ich gewußt hätte, daß ich Dich einmal treffe …<lb/> dann …</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Aber ſie hat es nicht gewußt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Nein …</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Und was Deine Frage anbelangt …</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ja … Dieſe Frage … Ich finde ſie<lb/> plump, in der Faſſung wenigſtens.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Nun ſo ſtelle ſie etwa ſo: Cora, warſt Du mir<lb/> treu, ſeit Du mich kennſt?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Hm … Das wäre etwas.<stage>(Vor Cora)</stage> Cora!<lb/> warſt Du .. Auch das iſt ein Unſinn!</p> </sp><lb/> <sp who="#MAX"> <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker> <p>Ein Unſinn!?</p> </sp><lb/> <fw place="bottom" type="sig">2*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [19/0029]
Anatol. So kann man nicht fragen!
Max …?
Anatol. Ich muß die Frage anders faſſen.
Max. Ich denke doch, ſie iſt präcis genug.
Anatol. Nein, das iſt eben der Fehler, ſie iſt nicht
präcis genug!
Max. Wieſo?
Anatol. Wenn ich ſie frage: biſt Du treu, ſo meint
ſie dies vielleicht im allerweiteſten Sinne.
Max. Nun?
Anatol. Sie umfaßt vielleicht die ganze … Ver-
gangenheit … Sie denkt möglicherweiſe an eine Zeit, wo
ſie einen Andern liebte … und wird antworten: Nein.
Max. Das wäre ja auch ganz intereſſant.
Anatol. Ich danke … Ich weiß, Cora iſt Andern
begegnet vor mir … Sie hat mir ſelbſt einmal geſagt:
Ja, wenn ich gewußt hätte, daß ich Dich einmal treffe …
dann …
Max. Aber ſie hat es nicht gewußt.
Anatol. Nein …
Max. Und was Deine Frage anbelangt …
Anatol. Ja … Dieſe Frage … Ich finde ſie
plump, in der Faſſung wenigſtens.
Max. Nun ſo ſtelle ſie etwa ſo: Cora, warſt Du mir
treu, ſeit Du mich kennſt?
Anatol. Hm … Das wäre etwas.(Vor Cora) Cora!
warſt Du .. Auch das iſt ein Unſinn!
Max. Ein Unſinn!?
2*
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |