Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893.
uns ja schon so lange nicht gesehen ... Was machen Sie denn eigentlich? -- Anatol. Ich mache nichts, wie gewöhnlich! Gabriele. Nichts? Anatol. Gar nichts! Gabriele. Es ist wirklich schad' um Sie! Anatol. Na ... Ihnen ist das sehr gleichgiltig! Gabriele. Wie können Sie das behaupten --? Anatol. Warum verbummle ich mein Leben? -- Wer ist Schuld? -- Wer?! Gabriele. Geben Sie mir die Packete! -- Anatol. Ich habe ja Niemandem die Schuld gegeben ... Ich fragte nur so in's Blaue ... Gabriele. Sie gehen wohl immerfort spazieren --! Anatol. Spazieren! Da legen Sie so einen verächt- lichen Ton hinein! Als wenn es was Schöneres gäbe! -- Es liegt so was herrlich Planloses in dem Wort! -- Heut' paßt es übrigens gar nicht auf mich -- heut' bin ich be- schäftigt, gnädige Frau -- genau so wie Sie! Gabriele. Wieso?! Anatol. Ich mache auch Weihnachtseinkäufe! -- Gabriele. Sie!? Anatol. Ich finde nur nichts Rechtes! -- Dabei stehe ich seit Wochen jeden Abend vor allen Auslagefenstern in allen Straßen! -- Aber die Kaufleute haben keinen Geschmack und keinen Erfindungsgeist. Gabriele. Den muß eben der Käufer haben! Wenn man so wenig zu thun hat wie Sie, da denkt man nach,
uns ja ſchon ſo lange nicht geſehen … Was machen Sie denn eigentlich? — Anatol. Ich mache nichts, wie gewöhnlich! Gabriele. Nichts? Anatol. Gar nichts! Gabriele. Es iſt wirklich ſchad’ um Sie! Anatol. Na … Ihnen iſt das ſehr gleichgiltig! Gabriele. Wie können Sie das behaupten —? Anatol. Warum verbummle ich mein Leben? — Wer iſt Schuld? — Wer?! Gabriele. Geben Sie mir die Packete! — Anatol. Ich habe ja Niemandem die Schuld gegeben … Ich fragte nur ſo in’s Blaue … Gabriele. Sie gehen wohl immerfort ſpazieren —! Anatol. Spazieren! Da legen Sie ſo einen verächt- lichen Ton hinein! Als wenn es was Schöneres gäbe! — Es liegt ſo was herrlich Planloſes in dem Wort! — Heut’ paßt es übrigens gar nicht auf mich — heut’ bin ich be- ſchäftigt, gnädige Frau — genau ſo wie Sie! Gabriele. Wieſo?! Anatol. Ich mache auch Weihnachtseinkäufe! — Gabriele. Sie!? Anatol. Ich finde nur nichts Rechtes! — Dabei ſtehe ich ſeit Wochen jeden Abend vor allen Auslagefenſtern in allen Straßen! — Aber die Kaufleute haben keinen Geſchmack und keinen Erfindungsgeiſt. Gabriele. Den muß eben der Käufer haben! Wenn man ſo wenig zu thun hat wie Sie, da denkt man nach, <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp who="#GAB"> <p><pb facs="#f0041" n="31"/> uns ja ſchon ſo lange nicht geſehen … Was machen Sie<lb/> denn eigentlich? —</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ich mache nichts, wie gewöhnlich!</p> </sp><lb/> <sp who="#GAB"> <speaker> <hi rendition="#b">Gabriele.</hi> </speaker> <p>Nichts?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Gar nichts!</p> </sp><lb/> <sp who="#GAB"> <speaker> <hi rendition="#b">Gabriele.</hi> </speaker> <p>Es iſt wirklich ſchad’ um Sie!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Na … Ihnen iſt das ſehr gleichgiltig!</p> </sp><lb/> <sp who="#GAB"> <speaker> <hi rendition="#b">Gabriele.</hi> </speaker> <p>Wie können Sie das behaupten —?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Warum verbummle ich mein Leben? — Wer<lb/> iſt Schuld? — Wer?!</p> </sp><lb/> <sp who="#GAB"> <speaker> <hi rendition="#b">Gabriele.</hi> </speaker> <p>Geben Sie mir die Packete! —</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ich habe ja Niemandem die Schuld gegeben …<lb/> Ich fragte nur ſo in’s Blaue …</p> </sp><lb/> <sp who="#GAB"> <speaker> <hi rendition="#b">Gabriele.</hi> </speaker> <p>Sie gehen wohl immerfort ſpazieren —!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Spazieren! Da legen Sie ſo einen verächt-<lb/> lichen Ton hinein! Als wenn es was Schöneres gäbe! —<lb/> Es liegt ſo was herrlich Planloſes in dem Wort! — Heut’<lb/> paßt es übrigens gar nicht auf mich — heut’ bin ich be-<lb/> ſchäftigt, gnädige Frau — genau ſo wie Sie!</p> </sp><lb/> <sp who="#GAB"> <speaker> <hi rendition="#b">Gabriele.</hi> </speaker> <p>Wieſo?!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ich mache auch Weihnachtseinkäufe! —</p> </sp><lb/> <sp who="#GAB"> <speaker> <hi rendition="#b">Gabriele.</hi> </speaker> <p>Sie!?</p> </sp><lb/> <sp who="#ANA"> <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker> <p>Ich finde nur nichts Rechtes! — Dabei ſtehe<lb/> ich ſeit Wochen jeden Abend vor allen Auslagefenſtern in allen<lb/> Straßen! — Aber die Kaufleute haben keinen Geſchmack und<lb/> keinen Erfindungsgeiſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#GAB"> <speaker> <hi rendition="#b">Gabriele.</hi> </speaker> <p>Den muß eben der Käufer haben! Wenn<lb/> man ſo wenig zu thun hat wie Sie, da denkt man nach,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [31/0041]
uns ja ſchon ſo lange nicht geſehen … Was machen Sie
denn eigentlich? —
Anatol. Ich mache nichts, wie gewöhnlich!
Gabriele. Nichts?
Anatol. Gar nichts!
Gabriele. Es iſt wirklich ſchad’ um Sie!
Anatol. Na … Ihnen iſt das ſehr gleichgiltig!
Gabriele. Wie können Sie das behaupten —?
Anatol. Warum verbummle ich mein Leben? — Wer
iſt Schuld? — Wer?!
Gabriele. Geben Sie mir die Packete! —
Anatol. Ich habe ja Niemandem die Schuld gegeben …
Ich fragte nur ſo in’s Blaue …
Gabriele. Sie gehen wohl immerfort ſpazieren —!
Anatol. Spazieren! Da legen Sie ſo einen verächt-
lichen Ton hinein! Als wenn es was Schöneres gäbe! —
Es liegt ſo was herrlich Planloſes in dem Wort! — Heut’
paßt es übrigens gar nicht auf mich — heut’ bin ich be-
ſchäftigt, gnädige Frau — genau ſo wie Sie!
Gabriele. Wieſo?!
Anatol. Ich mache auch Weihnachtseinkäufe! —
Gabriele. Sie!?
Anatol. Ich finde nur nichts Rechtes! — Dabei ſtehe
ich ſeit Wochen jeden Abend vor allen Auslagefenſtern in allen
Straßen! — Aber die Kaufleute haben keinen Geſchmack und
keinen Erfindungsgeiſt.
Gabriele. Den muß eben der Käufer haben! Wenn
man ſo wenig zu thun hat wie Sie, da denkt man nach,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |