Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893.

Bild:
<< vorherige Seite
Anatol. Natürlich, sonst hätte ich ja nicht lächeln können.
Er war ein Dummkopf.
Max (ernst). Er ist in ihren Armen gelegen; er ist heilig.
Anatol. Genug.
Max. Weg mit dem lustigen süßen Kind sammt lächer-
lichem Bräutigam. (Ein neues Päckchen nehmend). Was ist das?
Nur ein Wort?
Anatol. Welches denn?
Max. "Ohrfeige."
Anatol. Oh, ich erinnere mich schon.
Max. Das war wohl der Schluß?
Anatol. Oh nein, der Anfang.
Max. Ach so! Und hier ... "Es ist leichter, die
Richtung einer Flamme zu verändern, als sie zu entzünden. --"
Was bedeutet das?
Anatol. Nun, ich habe eben die Richtung der Flamme
verändert: entzündet hat sie ein Anderer.
Max. Fort mit der Flamme ... "Immer hat sie ihr
Brenneisen mit." (Sieht Anatol fragend an.)
Anatol. Nun ja; sie hatte eben immer ihr Brenneisen
mit -- für alle Fälle. Aber sie war sehr hübsch. Uebrigens
hab' ich nur ein Stück Schleier von ihr.
Max. Ja, es fühlt sich so an ... (Weiter lesend:) "Wie
hab' ich Dich verloren?" ... Nun, wie hast Du sie verloren?
Anatol. Das weiß ich eben nicht. Sie war fort, --
plötzlich fort aus meinem Leben. Ich versichere Dich, das
kommt manchmal vor. Es ist, wie wenn man irgendwo einen
Anatol. Natürlich, ſonſt hätte ich ja nicht lächeln können.
Er war ein Dummkopf.
Max (ernſt). Er iſt in ihren Armen gelegen; er iſt heilig.
Anatol. Genug.
Max. Weg mit dem luſtigen ſüßen Kind ſammt lächer-
lichem Bräutigam. (Ein neues Päckchen nehmend). Was iſt das?
Nur ein Wort?
Anatol. Welches denn?
Max. „Ohrfeige.“
Anatol. Oh, ich erinnere mich ſchon.
Max. Das war wohl der Schluß?
Anatol. Oh nein, der Anfang.
Max. Ach ſo! Und hier … „Es iſt leichter, die
Richtung einer Flamme zu verändern, als ſie zu entzünden. —“
Was bedeutet das?
Anatol. Nun, ich habe eben die Richtung der Flamme
verändert: entzündet hat ſie ein Anderer.
Max. Fort mit der Flamme … „Immer hat ſie ihr
Brenneiſen mit.“ (Sieht Anatol fragend an.)
Anatol. Nun ja; ſie hatte eben immer ihr Brenneiſen
mit — für alle Fälle. Aber ſie war ſehr hübſch. Uebrigens
hab’ ich nur ein Stück Schleier von ihr.
Max. Ja, es fühlt ſich ſo an … (Weiter leſend:) „Wie
hab’ ich Dich verloren?“ … Nun, wie haſt Du ſie verloren?
Anatol. Das weiß ich eben nicht. Sie war fort, —
plötzlich fort aus meinem Leben. Ich verſichere Dich, das
kommt manchmal vor. Es iſt, wie wenn man irgendwo einen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act" n="1">
        <div type="scene" n="2">
          <pb facs="#f0060" n="50"/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Natürlich, &#x017F;on&#x017F;t hätte ich ja nicht lächeln können.<lb/>
Er war ein Dummkopf.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAX">
            <speaker> <hi rendition="#b">Max</hi> </speaker>
            <stage>(ern&#x017F;t).</stage>
            <p>Er i&#x017F;t in ihren Armen gelegen; er i&#x017F;t heilig.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Genug.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAX">
            <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker>
            <p>Weg mit dem lu&#x017F;tigen &#x017F;üßen Kind &#x017F;ammt lächer-<lb/>
lichem Bräutigam.<stage>(Ein neues Päckchen nehmend).</stage> Was i&#x017F;t das?<lb/>
Nur ein Wort?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Welches denn?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAX">
            <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker>
            <p>&#x201E;Ohrfeige.&#x201C;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Oh, ich erinnere mich &#x017F;chon.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAX">
            <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker>
            <p>Das war wohl der Schluß?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Oh nein, der Anfang.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAX">
            <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker>
            <p>Ach &#x017F;o! Und hier &#x2026; &#x201E;Es i&#x017F;t leichter, die<lb/>
Richtung einer Flamme zu verändern, als &#x017F;ie zu entzünden. &#x2014;&#x201C;<lb/>
Was bedeutet das?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Nun, ich habe eben die Richtung der Flamme<lb/>
verändert: entzündet hat &#x017F;ie ein Anderer.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAX">
            <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker>
            <p>Fort mit der Flamme &#x2026; &#x201E;Immer hat &#x017F;ie ihr<lb/>
Brennei&#x017F;en mit.&#x201C;<stage>(Sieht Anatol fragend an.)</stage></p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Nun ja; &#x017F;ie hatte eben immer ihr Brennei&#x017F;en<lb/>
mit &#x2014; für alle Fälle. Aber &#x017F;ie war &#x017F;ehr hüb&#x017F;ch. Uebrigens<lb/>
hab&#x2019; ich nur ein Stück Schleier von ihr.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAX">
            <speaker> <hi rendition="#b">Max.</hi> </speaker>
            <p>Ja, es fühlt &#x017F;ich &#x017F;o an &#x2026;<stage>(Weiter le&#x017F;end:)</stage> &#x201E;Wie<lb/>
hab&#x2019; ich Dich verloren?&#x201C; &#x2026; Nun, wie ha&#x017F;t Du &#x017F;ie verloren?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ANA">
            <speaker> <hi rendition="#b">Anatol.</hi> </speaker>
            <p>Das weiß ich eben nicht. Sie war fort, &#x2014;<lb/>
plötzlich fort aus meinem Leben. Ich ver&#x017F;ichere Dich, das<lb/>
kommt manchmal vor. Es i&#x017F;t, wie wenn man irgendwo einen<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0060] Anatol. Natürlich, ſonſt hätte ich ja nicht lächeln können. Er war ein Dummkopf. Max (ernſt). Er iſt in ihren Armen gelegen; er iſt heilig. Anatol. Genug. Max. Weg mit dem luſtigen ſüßen Kind ſammt lächer- lichem Bräutigam.(Ein neues Päckchen nehmend). Was iſt das? Nur ein Wort? Anatol. Welches denn? Max. „Ohrfeige.“ Anatol. Oh, ich erinnere mich ſchon. Max. Das war wohl der Schluß? Anatol. Oh nein, der Anfang. Max. Ach ſo! Und hier … „Es iſt leichter, die Richtung einer Flamme zu verändern, als ſie zu entzünden. —“ Was bedeutet das? Anatol. Nun, ich habe eben die Richtung der Flamme verändert: entzündet hat ſie ein Anderer. Max. Fort mit der Flamme … „Immer hat ſie ihr Brenneiſen mit.“(Sieht Anatol fragend an.) Anatol. Nun ja; ſie hatte eben immer ihr Brenneiſen mit — für alle Fälle. Aber ſie war ſehr hübſch. Uebrigens hab’ ich nur ein Stück Schleier von ihr. Max. Ja, es fühlt ſich ſo an …(Weiter leſend:) „Wie hab’ ich Dich verloren?“ … Nun, wie haſt Du ſie verloren? Anatol. Das weiß ich eben nicht. Sie war fort, — plötzlich fort aus meinem Leben. Ich verſichere Dich, das kommt manchmal vor. Es iſt, wie wenn man irgendwo einen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893/60
Zitationshilfe: Schnitzler, Arthur: Anatol. Berlin, 1893, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnitzler_anatol_1893/60>, abgerufen am 26.11.2024.