Schnitzler, Arthur: Liebelei. Berlin, 1896.
kannst Du es leugnen, daß Dir die Kleine sehr gut gefällt? ... Fritz. Gewiß ist die lieb! ... So lieb! Und Du hast ja gar keine Ahnung, wie ich mich nach so einer Zärtlichkeit ohne Pathos gesehnt habe, nach so was Süßem, Stillem, das mich umschmeichelt, an dem ich mich von den ewigen Aufregungen und Martern erholen kann. Theodor. Das ist es, ganz richtig! Erholen! Das ist der tiefere Sinn. Zum Erholen sind sie da. D'rum bin ich auch immer gegen die sogenannten inter- essanten Weiber. Die Weiber haben nicht interessant zu sein, sondern angenehm. Du mußt Dein Glück suchen, wo ich es bisher gesucht und gefunden habe, dort, wo es keine großen Scenen, keine Gefahren, keine tragischen Verwicklungen giebt, wo der Beginn keine besonderen Schwierigkeiten und das Ende keine Qualen hat, wo man lächelnd den ersten Kuß em- pfängt und mit sehr sanfter Rührung scheidet. Fritz. Ja, das ist es. Theodor. Die Weiber sind ja so glücklich in ihrer gesunden Menschlichkeit -- was zwingt uns denn, sie um jeden Preis zu Dämonen oder zu Engeln zu machen?
kannſt Du es leugnen, daß Dir die Kleine ſehr gut gefällt? … Fritz. Gewiß iſt die lieb! … So lieb! Und Du haſt ja gar keine Ahnung, wie ich mich nach ſo einer Zärtlichkeit ohne Pathos geſehnt habe, nach ſo was Süßem, Stillem, das mich umſchmeichelt, an dem ich mich von den ewigen Aufregungen und Martern erholen kann. Theodor. Das iſt es, ganz richtig! Erholen! Das iſt der tiefere Sinn. Zum Erholen ſind ſie da. D’rum bin ich auch immer gegen die ſogenannten inter- eſſanten Weiber. Die Weiber haben nicht intereſſant zu ſein, ſondern angenehm. Du mußt Dein Glück ſuchen, wo ich es bisher geſucht und gefunden habe, dort, wo es keine großen Scenen, keine Gefahren, keine tragiſchen Verwicklungen giebt, wo der Beginn keine beſonderen Schwierigkeiten und das Ende keine Qualen hat, wo man lächelnd den erſten Kuß em- pfängt und mit ſehr ſanfter Rührung ſcheidet. Fritz. Ja, das iſt es. Theodor. Die Weiber ſind ja ſo glücklich in ihrer geſunden Menſchlichkeit — was zwingt uns denn, ſie um jeden Preis zu Dämonen oder zu Engeln zu machen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <sp who="#THE"> <p><pb facs="#f0024" n="18"/> kannſt Du es leugnen, daß Dir die Kleine ſehr gut<lb/> gefällt? …</p> </sp><lb/> <sp who="#FRI"> <speaker><hi rendition="#g">Fritz</hi>.</speaker><lb/> <p>Gewiß iſt die lieb! … So lieb! Und Du<lb/> haſt ja gar keine Ahnung, wie ich mich nach ſo einer<lb/> Zärtlichkeit ohne Pathos geſehnt habe, nach ſo was<lb/> Süßem, Stillem, das mich umſchmeichelt, an dem<lb/> ich mich von den ewigen Aufregungen und Martern<lb/> erholen kann.</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker><hi rendition="#g">Theodor</hi>.</speaker><lb/> <p>Das iſt es, ganz richtig! Erholen! Das iſt der<lb/> tiefere Sinn. Zum Erholen ſind ſie da. D’rum<lb/> bin ich auch immer gegen die ſogenannten inter-<lb/> eſſanten Weiber. Die Weiber haben nicht intereſſant<lb/> zu ſein, ſondern angenehm. Du mußt Dein Glück<lb/> ſuchen, wo ich es bisher geſucht und gefunden habe,<lb/> dort, wo es keine großen Scenen, keine Gefahren,<lb/> keine tragiſchen Verwicklungen giebt, wo der Beginn<lb/> keine beſonderen Schwierigkeiten und das Ende keine<lb/> Qualen hat, wo man lächelnd den erſten Kuß em-<lb/> pfängt und mit <hi rendition="#g">ſehr</hi> ſanfter Rührung ſcheidet.</p> </sp><lb/> <sp who="#FRI"> <speaker><hi rendition="#g">Fritz</hi>.</speaker><lb/> <p>Ja, das iſt es.</p> </sp><lb/> <sp who="#THE"> <speaker><hi rendition="#g">Theodor</hi>.</speaker><lb/> <p>Die Weiber ſind ja ſo glücklich in ihrer geſunden<lb/> Menſchlichkeit — was zwingt uns denn, ſie um<lb/> jeden Preis zu Dämonen oder zu Engeln zu machen?</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [18/0024]
kannſt Du es leugnen, daß Dir die Kleine ſehr gut
gefällt? …
Fritz.
Gewiß iſt die lieb! … So lieb! Und Du
haſt ja gar keine Ahnung, wie ich mich nach ſo einer
Zärtlichkeit ohne Pathos geſehnt habe, nach ſo was
Süßem, Stillem, das mich umſchmeichelt, an dem
ich mich von den ewigen Aufregungen und Martern
erholen kann.
Theodor.
Das iſt es, ganz richtig! Erholen! Das iſt der
tiefere Sinn. Zum Erholen ſind ſie da. D’rum
bin ich auch immer gegen die ſogenannten inter-
eſſanten Weiber. Die Weiber haben nicht intereſſant
zu ſein, ſondern angenehm. Du mußt Dein Glück
ſuchen, wo ich es bisher geſucht und gefunden habe,
dort, wo es keine großen Scenen, keine Gefahren,
keine tragiſchen Verwicklungen giebt, wo der Beginn
keine beſonderen Schwierigkeiten und das Ende keine
Qualen hat, wo man lächelnd den erſten Kuß em-
pfängt und mit ſehr ſanfter Rührung ſcheidet.
Fritz.
Ja, das iſt es.
Theodor.
Die Weiber ſind ja ſo glücklich in ihrer geſunden
Menſchlichkeit — was zwingt uns denn, ſie um
jeden Preis zu Dämonen oder zu Engeln zu machen?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |