Schnitzler, Arthur: Reigen. Wien, 1903.Schrank, der im Salon steht, nimmt eine silberne Tasse mit einer Flasche Cognac und zwei Likörgläschen heraus, stellt alles auf den Tisch. Er geht wieder zu seinem Überzieher, aus dem er jetzt ein kleines weißes Päckchen nimmt. Er öffnet es und legt es zum Cognac; geht wieder zum Schrank, nimmt zwei kleine Teller und Eßbesteke heraus. Er entnimmt dem kleinen Paket eine glasierte Kastanie und ißt sie. Dann schenkt er sich ein Glas Cognac ein und trinkt es rasch aus. Dann sieht er auf seine Uhr. Er geht im Zimmer auf und ab. -- Vor dem großen Wandspiegel bleibt er eine Weile stehen, richtet mit seinem Taschenkamm das Haar und den kleinen Schnurrbart. -- Er geht nun zur Vorzimmertür und horcht. Nichts regt sich. Dann zieht er die blauen Portieren, die vor der Schlafzimmertür angebracht sind, zusammen. Es klingelt. Der junge Herr fährt leicht zusammen. Dann setzt er sich auf den Fauteuil und erhebt sich erst, als die Tür geöffnet wird und die junge Frau eintritt. -- Die junge Frau (dicht verschleiert, schließt die Thür hinter sich, bleibt einen Augenblick stehen, indem sie die linke Hand aufs Herz legt, als müsse sie eine gewaltige Erregung bemeistern). Der junge Herr (tritt auf sie zu, nimmt ihre linke Hand und drückt auf den weißen, schwarz tamburierten Handschuh einen Kuß. Er sagt leise:) Ich danke Ihnen. Die junge Frau. Alfred -- Alfred! Schrank, der im Salon steht, nimmt eine silberne Tasse mit einer Flasche Cognac und zwei Likörgläschen heraus, stellt alles auf den Tisch. Er geht wieder zu seinem Überzieher, aus dem er jetzt ein kleines weißes Päckchen nimmt. Er öffnet es und legt es zum Cognac; geht wieder zum Schrank, nimmt zwei kleine Teller und Eßbesteke heraus. Er entnimmt dem kleinen Paket eine glasierte Kastanie und ißt sie. Dann schenkt er sich ein Glas Cognac ein und trinkt es rasch aus. Dann sieht er auf seine Uhr. Er geht im Zimmer auf und ab. — Vor dem großen Wandspiegel bleibt er eine Weile stehen, richtet mit seinem Taschenkamm das Haar und den kleinen Schnurrbart. — Er geht nun zur Vorzimmertür und horcht. Nichts regt sich. Dann zieht er die blauen Portièren, die vor der Schlafzimmertür angebracht sind, zusammen. Es klingelt. Der junge Herr fährt leicht zusammen. Dann setzt er sich auf den Fauteuil und erhebt sich erst, als die Tür geöffnet wird und die junge Frau eintritt. — Die junge Frau (dicht verschleiert, schließt die Thür hinter sich, bleibt einen Augenblick stehen, indem sie die linke Hand aufs Herz legt, als müsse sie eine gewaltige Erregung bemeistern). Der junge Herr (tritt auf sie zu, nimmt ihre linke Hand und drückt auf den weißen, schwarz tamburierten Handschuh einen Kuß. Er sagt leise:) Ich danke Ihnen. Die junge Frau. Alfred — Alfred! <TEI> <text> <body> <div n="2"> <stage><pb facs="#f0056" n="48"/> Schrank, der im Salon steht, nimmt eine silberne Tasse<lb/> mit einer Flasche Cognac und zwei Likörgläschen heraus,<lb/> stellt alles auf den Tisch. Er geht wieder zu seinem<lb/> Überzieher, aus dem er jetzt ein kleines weißes Päckchen<lb/> nimmt. Er öffnet es und legt es zum Cognac; geht<lb/> wieder zum Schrank, nimmt zwei kleine Teller und<lb/> Eßbesteke heraus. Er entnimmt dem kleinen Paket eine<lb/> glasierte Kastanie und ißt sie. Dann schenkt er sich ein<lb/> Glas Cognac ein und trinkt es rasch aus. Dann sieht er<lb/> auf seine Uhr. Er geht im Zimmer auf und ab. — Vor<lb/> dem großen Wandspiegel bleibt er eine Weile stehen,<lb/> richtet mit seinem Taschenkamm das Haar und den kleinen<lb/> Schnurrbart. — Er geht nun zur Vorzimmertür und horcht.<lb/> Nichts regt sich. Dann zieht er die blauen Portièren, die<lb/> vor der Schlafzimmertür angebracht sind, zusammen. Es<lb/> klingelt. Der junge Herr fährt leicht zusammen. Dann<lb/> setzt er sich auf den Fauteuil und erhebt sich erst, als<lb/> die Tür geöffnet wird und die junge Frau eintritt. —</stage><lb/> <sp who="#JFRAU"> <speaker> <hi rendition="#b">Die junge Frau</hi> </speaker> <stage>(dicht verschleiert, schließt die Thür<lb/> hinter sich, bleibt einen Augenblick stehen, indem sie die<lb/> linke Hand aufs Herz legt, als müsse sie eine gewaltige<lb/> Erregung bemeistern).</stage> </sp><lb/> <sp who="#JHERR"> <speaker> <hi rendition="#b">Der junge Herr</hi> </speaker> <stage>(tritt auf sie zu, nimmt ihre linke<lb/> Hand und drückt auf den weißen, schwarz tamburierten<lb/> Handschuh einen Kuß. Er sagt leise:)</stage><lb/> <p>Ich danke Ihnen.</p> </sp><lb/> <sp who="#JFRAU"> <speaker> <hi rendition="#b">Die junge Frau.</hi> </speaker><lb/> <p>Alfred — Alfred!</p> </sp><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [48/0056]
Schrank, der im Salon steht, nimmt eine silberne Tasse
mit einer Flasche Cognac und zwei Likörgläschen heraus,
stellt alles auf den Tisch. Er geht wieder zu seinem
Überzieher, aus dem er jetzt ein kleines weißes Päckchen
nimmt. Er öffnet es und legt es zum Cognac; geht
wieder zum Schrank, nimmt zwei kleine Teller und
Eßbesteke heraus. Er entnimmt dem kleinen Paket eine
glasierte Kastanie und ißt sie. Dann schenkt er sich ein
Glas Cognac ein und trinkt es rasch aus. Dann sieht er
auf seine Uhr. Er geht im Zimmer auf und ab. — Vor
dem großen Wandspiegel bleibt er eine Weile stehen,
richtet mit seinem Taschenkamm das Haar und den kleinen
Schnurrbart. — Er geht nun zur Vorzimmertür und horcht.
Nichts regt sich. Dann zieht er die blauen Portièren, die
vor der Schlafzimmertür angebracht sind, zusammen. Es
klingelt. Der junge Herr fährt leicht zusammen. Dann
setzt er sich auf den Fauteuil und erhebt sich erst, als
die Tür geöffnet wird und die junge Frau eintritt. —
Die junge Frau (dicht verschleiert, schließt die Thür
hinter sich, bleibt einen Augenblick stehen, indem sie die
linke Hand aufs Herz legt, als müsse sie eine gewaltige
Erregung bemeistern).
Der junge Herr (tritt auf sie zu, nimmt ihre linke
Hand und drückt auf den weißen, schwarz tamburierten
Handschuh einen Kuß. Er sagt leise:)
Ich danke Ihnen.
Die junge Frau.
Alfred — Alfred!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |