Schoch, Johann Georg: Comoedia Vom Studenten-Leben. Leipzig, 1658.
daß er mehr ab/ als zugenommen. Jch habe zuwei- len mit grosser Verwunderung mit angehöret/ wie offters ihrer zween oder mehr/ nur umb ein eintzig Wort sich wol 3. oder 4. Stunden/ nicht ohne son- der Gelächter oder Verdruß/ der Anwesenden an- dern/ dermassen herumb gekampelt/ als wenn alle Leibes Macht daran gelegen were/ so gar/ daß auch keiner den andern verstehen/ geschweige nur eines Nagelsbreit weichen wollen/ und wenn sie ihr Ge- schrey und Gewäsche endlich mit Mühe und Arbeit zu Ende bracht/ hat unter ihnen keiner gewust/ war- umb er gestritten/ in Ansehung ein ieder vermey- net/ daß ihm die höchste Ehre und Reputation dar- auff beruhete. Floretto. Es ist zwar nicht ohne/ (weil wir anietzo von solchen Sachen zu reden kommen) daß erstlich die Sitten in Schulen nicht zum besten ausge- übet werden; Denn solches müssen wir der Na- tur am meisten befehlen/ wiewol uns solche Kün- ste und Wissenschafften zu vorher gute Anleitung dazu geben können/ und solche Sitten in uns her- nacher mit einem reiffern und bessern Nachdencken auswürcken helffen/ solche mit desto besserm Bedacht und Geschickligkeit hernacher bey den Leuten anzuwerden. Denn nicht ein iedwedes Alter und Jahre zu einerley tauglich und beque- me seind/ und kan keiner einen guten Weltmann geben/ auch von hohen Stat- und Reichshän- deln/ ohne Behuff und Grund solcher Discipli- nen
daß er mehr ab/ als zugenommen. Jch habe zuwei- len mit groſſer Verwunderung mit angehoͤret/ wie offters ihrer zween oder mehr/ nur umb ein eintzig Wort ſich wol 3. oder 4. Stunden/ nicht ohne ſon- der Gelaͤchter oder Verdruß/ der Anweſenden an- dern/ dermaſſen herumb gekampelt/ als wenn alle Leibes Macht daran gelegen were/ ſo gar/ daß auch keiner den andern verſtehen/ geſchweige nur eines Nagelsbreit weichen wollen/ und wenn ſie ihr Ge- ſchrey und Gewaͤſche endlich mit Muͤhe und Arbeit zu Ende bracht/ hat unter ihnen keiner gewuſt/ war- umb er geſtritten/ in Anſehung ein ieder vermey- net/ daß ihm die hoͤchſte Ehre und Reputation dar- auff beruhete. Floretto. Es iſt zwar nicht ohne/ (weil wir anietzo von ſolchen Sachen zu reden kommen) daß erſtlich die Sitten in Schulen nicht zum beſten ausge- uͤbet werden; Denn ſolches muͤſſen wir der Na- tur am meiſten befehlen/ wiewol uns ſolche Kuͤn- ſte und Wiſſenſchafften zu vorher gute Anleitung dazu geben koͤnnen/ und ſolche Sitten in uns her- nacher mit einem reiffern und beſſern Nachdencken auswuͤrcken helffen/ ſolche mit deſto beſſerm Bedacht und Geſchickligkeit hernacher bey den Leuten anzuwerden. Denn nicht ein iedwedes Alter und Jahre zu einerley tauglich und beque- me ſeind/ und kan keiner einen guten Weltmann geben/ auch von hohen Stat- und Reichshaͤn- deln/ ohne Behuff und Grund ſolcher Diſcipli- nen
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offters ihrer zween oder mehr/ nur umb ein eintzig
Wort ſich wol 3. oder 4. Stunden/ nicht ohne ſon-
der Gelaͤchter oder Verdruß/ der Anweſenden an-
dern/ dermaſſen herumb gekampelt/ als wenn alle
Leibes Macht daran gelegen were/ ſo gar/ daß auch
keiner den andern verſtehen/ geſchweige nur eines
Nagelsbreit weichen wollen/ und wenn ſie ihr Ge-
ſchrey und Gewaͤſche endlich mit Muͤhe und Arbeit
zu Ende bracht/ hat unter ihnen keiner gewuſt/ war-
umb er geſtritten/ in Anſehung ein ieder vermey-
net/ daß ihm die hoͤchſte Ehre und Reputation dar-
auff beruhete.
Floretto.
Es iſt zwar nicht ohne/ (weil wir anietzo von
ſolchen Sachen zu reden kommen) daß erſtlich
die Sitten in Schulen nicht zum beſten ausge-
uͤbet werden; Denn ſolches muͤſſen wir der Na-
tur am meiſten befehlen/ wiewol uns ſolche Kuͤn-
ſte und Wiſſenſchafften zu vorher gute Anleitung
dazu geben koͤnnen/ und ſolche Sitten in uns her-
nacher mit einem reiffern und beſſern Nachdencken
auswuͤrcken helffen/ ſolche mit deſto beſſerm
Bedacht und Geſchickligkeit hernacher bey den
Leuten anzuwerden. Denn nicht ein iedwedes
Alter und Jahre zu einerley tauglich und beque-
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