Schoch, Johann Georg: Comoedia Vom Studenten-Leben. Leipzig, 1658. Petralto. Es ist zwar bald gethan/ mein werther Freund; Aber was für Gefahr dabey zu beden- cken/ habe ich erst hernach erwogen. Mein Gerson, mein Gerson (klopfft ihm an die Achsel) wenn uns der Schimpf nur nicht gereuen dürffte. Gerson. Was gereuen: Gestr. Juncker/ Solches seind nur blosse Einbildungen/ und ungewisse Ge- dancken/ so sich bey alten und verlebten Leuten am meisten zu ereignen pflegen. Petralto. Freylich sind sie ungewiß/ und nicht nur blosse Einbildungen, Es betrifft gewißlich nicht eine geringe Sache/ als ihr wol meynet/ unser Kinder Wohlfarth stehet darauff. Es hat viel auff sich/ so ein junges Blut/ so das erste mahl aus seinem gehörigen Schrancken in die Freyheit sich begiebet/ auch seiner unvollkommenen Vernunfft noch nicht eigener Herr und Meister worden/ so jung und unbedachtsam in die Welt zu schicken; Dieses ist eben das aller-gefährlichste Alter/ und stehen ietzo die Früchte in ihrer zärtesten Blüte. Jch habe gar zu viel Exempel aus langer Erfah- renheit/ daß auch die edelsten und geschicktesten Gemüther/ wie statlich sie sich immer angelassen/ durch allzu frühezeitige Verschickung sich verder- bet. Denn wie gerne sie auch für sich from und fleissig leben wolten/ werden sie doch von anderer Gesellschafft verführet/ und müssen ihnen ihre Weise
Petralto. Es iſt zwar bald gethan/ mein werther Freund; Aber was fuͤr Gefahr dabey zu beden- cken/ habe ich erſt hernach erwogen. Mein Gerſon, mein Gerſon (klopfft ihm an die Achſel) wenn uns der Schimpf nur nicht gereuen duͤrffte. Gerſon. Was gereuen: Geſtr. Juncker/ Solches ſeind nur bloſſe Einbildungen/ und ungewiſſe Ge- dancken/ ſo ſich bey alten und verlebten Leuten am meiſten zu ereignen pflegen. Petralto. Freylich ſind ſie ungewiß/ und nicht nur bloſſe Einbildungen, Es betrifft gewißlich nicht eine geringe Sache/ als ihr wol meynet/ unſer Kinder Wohlfarth ſtehet darauff. Es hat viel auff ſich/ ſo ein junges Blut/ ſo das erſte mahl aus ſeinem gehoͤrigen Schrancken in die Freyheit ſich begiebet/ auch ſeiner unvollkommenen Vernunfft noch nicht eigener Herr und Meiſter worden/ ſo jung und unbedachtſam in die Welt zu ſchicken; Dieſes iſt eben das aller-gefaͤhrlichſte Alter/ und ſtehen ietzo die Fruͤchte in ihrer zaͤrteſten Bluͤte. Jch habe gar zu viel Exempel aus langer Erfah- renheit/ daß auch die edelſten und geſchickteſten Gemuͤther/ wie ſtatlich ſie ſich immer angelaſſen/ durch allzu fruͤhezeitige Verſchickung ſich verder- bet. Denn wie gerne ſie auch fuͤr ſich from und fleiſſig leben wolten/ werden ſie doch von anderer Geſellſchafft verfuͤhret/ und muͤſſen ihnen ihre Weiſe
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Petralto.
Es iſt zwar bald gethan/ mein werther
Freund; Aber was fuͤr Gefahr dabey zu beden-
cken/ habe ich erſt hernach erwogen. Mein Gerſon,
mein Gerſon (klopfft ihm an die Achſel) wenn uns
der Schimpf nur nicht gereuen duͤrffte.
Gerſon.
Was gereuen: Geſtr. Juncker/ Solches
ſeind nur bloſſe Einbildungen/ und ungewiſſe Ge-
dancken/ ſo ſich bey alten und verlebten Leuten am
meiſten zu ereignen pflegen.
Petralto.
Freylich ſind ſie ungewiß/ und nicht nur bloſſe
Einbildungen, Es betrifft gewißlich nicht eine
geringe Sache/ als ihr wol meynet/ unſer Kinder
Wohlfarth ſtehet darauff. Es hat viel auff
ſich/ ſo ein junges Blut/ ſo das erſte mahl aus
ſeinem gehoͤrigen Schrancken in die Freyheit ſich
begiebet/ auch ſeiner unvollkommenen Vernunfft
noch nicht eigener Herr und Meiſter worden/ ſo
jung und unbedachtſam in die Welt zu ſchicken;
Dieſes iſt eben das aller-gefaͤhrlichſte Alter/ und
ſtehen ietzo die Fruͤchte in ihrer zaͤrteſten Bluͤte.
Jch habe gar zu viel Exempel aus langer Erfah-
renheit/ daß auch die edelſten und geſchickteſten
Gemuͤther/ wie ſtatlich ſie ſich immer angelaſſen/
durch allzu fruͤhezeitige Verſchickung ſich verder-
bet. Denn wie gerne ſie auch fuͤr ſich from und
fleiſſig leben wolten/ werden ſie doch von anderer
Geſellſchafft verfuͤhret/ und muͤſſen ihnen ihre
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