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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754.

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So sind die Blätter eitel? Eine Perücke von ei-
teln Haaren weiß! Wie es so schön ist!
Mein Feuer brennt nicht nur auf Blättern;
Jch suche nicht dich zu vergöttern:

Die Menschheit ziert dich allzusehr.
72 S. e. d.

Wer Henker wird den Liebesbrief lesen, wenn er
brennte? Wenn aber das Feuer nun nicht auf
Blättern allein brennet: wo brennet es denn
mehr?
So geschickt weis der Grammatiker
den Sinn wegen einer gewissen Figur auszulas-
sen, die, wir wollten wohl; aber wir können
nicht,
heißt. Jch glaube nicht, daß das eitelste
Mägdchen sich auf ihre Menschheit so viel einbildet,
daß sie die Vergötterung übel nehmen sollte. Jch
frage daher den Hn. Doctor auf sein Gewissen, ob
er böse wird, wenn man ihn mit Popen verglei-
chet? Haller, der deutsche Pope.

Bley blitzet.

Daran haben die Naturkündiger bis-
her gezweifelt. Jch wünsche dem Erfinder Glück.
Eine Kugel blitzet also, wann sie aus dem Laufe
fährt; das Feuer des Pulvers nicht.

Dort fliegt ein schnelles Bley in das entfernte
Weisse,
Das blitzt;
und Luft und Ziel in gleichem Nu
durchbohrt. Haller 20 S.

Sr. Hochwohlgeb. zu Ehren halte ich dafür,
daß dieses das, das blitzt, nicht auf das Weisse,
sondern Bley gehe. Jch werde mich dawider se-
tzen, so lange ich nur schreiben kann. Was man
nicht lernet! die Luft wird wie ein Brett durch-

bohrt.
Bl
So ſind die Blaͤtter eitel? Eine Peruͤcke von ei-
teln Haaren weiß! Wie es ſo ſchoͤn iſt!
Mein Feuer brennt nicht nur auf Blaͤttern;
Jch ſuche nicht dich zu vergoͤttern:

Die Menſchheit ziert dich allzuſehr.
72 S. e. d.

Wer Henker wird den Liebesbrief leſen, wenn er
brennte? Wenn aber das Feuer nun nicht auf
Blaͤttern allein brennet: wo brennet es denn
mehr?
So geſchickt weis der Grammatiker
den Sinn wegen einer gewiſſen Figur auszulaſ-
ſen, die, wir wollten wohl; aber wir koͤnnen
nicht,
heißt. Jch glaube nicht, daß das eitelſte
Maͤgdchen ſich auf ihre Menſchheit ſo viel einbildet,
daß ſie die Vergoͤtterung uͤbel nehmen ſollte. Jch
frage daher den Hn. Doctor auf ſein Gewiſſen, ob
er boͤſe wird, wenn man ihn mit Popen verglei-
chet? Haller, der deutſche Pope.

Bley blitzet.

Daran haben die Naturkuͤndiger bis-
her gezweifelt. Jch wuͤnſche dem Erfinder Gluͤck.
Eine Kugel blitzet alſo, wann ſie aus dem Laufe
faͤhrt; das Feuer des Pulvers nicht.

Dort fliegt ein ſchnelles Bley in das entfernte
Weiſſe,
Das blitzt;
und Luft und Ziel in gleichem Nu
durchbohrt. Haller 20 S.

Sr. Hochwohlgeb. zu Ehren halte ich dafuͤr,
daß dieſes das, das blitzt, nicht auf das Weiſſe,
ſondern Bley gehe. Jch werde mich dawider ſe-
tzen, ſo lange ich nur ſchreiben kann. Was man
nicht lernet! die Luft wird wie ein Brett durch-

bohrt.
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[58/0084] Bl So ſind die Blaͤtter eitel? Eine Peruͤcke von ei- teln Haaren weiß! Wie es ſo ſchoͤn iſt! Mein Feuer brennt nicht nur auf Blaͤttern; Jch ſuche nicht dich zu vergoͤttern: Die Menſchheit ziert dich allzuſehr. 72 S. e. d. Wer Henker wird den Liebesbrief leſen, wenn er brennte? Wenn aber das Feuer nun nicht auf Blaͤttern allein brennet: wo brennet es denn mehr? So geſchickt weis der Grammatiker den Sinn wegen einer gewiſſen Figur auszulaſ- ſen, die, wir wollten wohl; aber wir koͤnnen nicht, heißt. Jch glaube nicht, daß das eitelſte Maͤgdchen ſich auf ihre Menſchheit ſo viel einbildet, daß ſie die Vergoͤtterung uͤbel nehmen ſollte. Jch frage daher den Hn. Doctor auf ſein Gewiſſen, ob er boͤſe wird, wenn man ihn mit Popen verglei- chet? Haller, der deutſche Pope. Bley blitzet. Daran haben die Naturkuͤndiger bis- her gezweifelt. Jch wuͤnſche dem Erfinder Gluͤck. Eine Kugel blitzet alſo, wann ſie aus dem Laufe faͤhrt; das Feuer des Pulvers nicht. Dort fliegt ein ſchnelles Bley in das entfernte Weiſſe, Das blitzt; und Luft und Ziel in gleichem Nu durchbohrt. Haller 20 S. Sr. Hochwohlgeb. zu Ehren halte ich dafuͤr, daß dieſes das, das blitzt, nicht auf das Weiſſe, ſondern Bley gehe. Jch werde mich dawider ſe- tzen, ſo lange ich nur ſchreiben kann. Was man nicht lernet! die Luft wird wie ein Brett durch- bohrt.

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Zitationshilfe: Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/84>, abgerufen am 21.11.2024.