spieße, oder Jägerspieße Herzblut? Das ist ja wundersam, und wohl zu bemerken, daß ein ge- bratenes Schwein den Koch zerfleischt.
Bluten.
Von fremden Ruthen bluten, und doch nicht Schläge bekommen, ist das nicht selt- sam? Es ist doch wahr.
Füllt ein Herze Ehrsucht mit Erbarmen? Das dem Unglück reicht die milden Armen, Weint mit andern, und von fremden Ruthen Würdigt zu bluten. Haller 52 S.
Das thäte ich nun eben nicht, daß ich meinem oder meines Freundes Unglücke die Armen reichte. Wegjagen wollte ichs, wenn ich könnte. Wie künstlich das hier angebracht ist! Erbarmen kann es sowohl, als ein Herz auf sich ziehen, von dem man nicht recht siehet, ob es füllet oder gefül- let wird. Aber eben das ergetzet den Leser, wenn er einen Fund thut; und so listig ist, den Sinn zu errathen. Fremde Ruthen, also auch eigene Ruthen! So kann man auch dem Herzen einen Schilling geben?
Bluten.
Sein Leben bluten. So bestehet folg- lich unser Leben im Blute? So orthodox lehret St. Klopstock in seiner Offenbarung 140 S.
Jch will, ist zierlich vergessen worden. Meine rechte Hand aufthun, u. sagen: bey dem, der geblutet; Von den Höhen des Kreuzes herab sein Leben geblutet! Jst das nicht ein Bluten! Noch ein Bluten! Wie aber es blutet!
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ſpieße, oder Jaͤgerſpieße Herzblut? Das iſt ja wunderſam, und wohl zu bemerken, daß ein ge- bratenes Schwein den Koch zerfleiſcht.
Bluten.
Von fremden Ruthen bluten, und doch nicht Schlaͤge bekommen, iſt das nicht ſelt- ſam? Es iſt doch wahr.
Fuͤllt ein Herze Ehrſucht mit Erbarmen? Das dem Ungluͤck reicht die milden Armen, Weint mit andern, und von fremden Ruthen Wuͤrdigt zu bluten. Haller 52 S.
Das thaͤte ich nun eben nicht, daß ich meinem oder meines Freundes Ungluͤcke die Armen reichte. Wegjagen wollte ichs, wenn ich koͤnnte. Wie kuͤnſtlich das hier angebracht iſt! Erbarmen kann es ſowohl, als ein Herz auf ſich ziehen, von dem man nicht recht ſiehet, ob es fuͤllet oder gefuͤl- let wird. Aber eben das ergetzet den Leſer, wenn er einen Fund thut; und ſo liſtig iſt, den Sinn zu errathen. Fremde Ruthen, alſo auch eigene Ruthen! So kann man auch dem Herzen einen Schilling geben?
Bluten.
Sein Leben bluten. So beſtehet folg- lich unſer Leben im Blute? So orthodox lehret St. Klopſtock in ſeiner Offenbarung 140 S.
Jch will, iſt zierlich vergeſſen worden. Meine rechte Hand aufthun, u. ſagen: bey dem, der geblutet; Von den Hoͤhen des Kreuzes herab ſein Leben geblutet! Jſt das nicht ein Bluten! Noch ein Bluten! Wie aber es blutet!
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ſpieße, oder Jaͤgerſpieße Herzblut? Das iſt
ja wunderſam, und wohl zu bemerken, daß ein ge-
bratenes Schwein den Koch zerfleiſcht.
Bluten. Von fremden Ruthen bluten, und
doch nicht Schlaͤge bekommen, iſt das nicht ſelt-
ſam? Es iſt doch wahr.
Fuͤllt ein Herze Ehrſucht mit Erbarmen?
Das dem Ungluͤck reicht die milden Armen,
Weint mit andern, und von fremden Ruthen
Wuͤrdigt zu bluten. Haller 52 S.
Das thaͤte ich nun eben nicht, daß ich meinem oder
meines Freundes Ungluͤcke die Armen reichte.
Wegjagen wollte ichs, wenn ich koͤnnte. Wie
kuͤnſtlich das hier angebracht iſt! Erbarmen
kann es ſowohl, als ein Herz auf ſich ziehen, von
dem man nicht recht ſiehet, ob es fuͤllet oder gefuͤl-
let wird. Aber eben das ergetzet den Leſer, wenn
er einen Fund thut; und ſo liſtig iſt, den Sinn zu
errathen. Fremde Ruthen, alſo auch eigene
Ruthen! So kann man auch dem Herzen einen
Schilling geben?
Bluten. Sein Leben bluten. So beſtehet folg-
lich unſer Leben im Blute? So orthodox lehret
St. Klopſtock in ſeiner Offenbarung 140 S.
Jch will, iſt zierlich vergeſſen worden.
Meine rechte Hand aufthun, u. ſagen: bey dem,
der geblutet;
Von den Hoͤhen des Kreuzes herab ſein Leben
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Jſt das nicht ein Bluten! Noch ein Bluten!
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Schönaich, Christoph Otto von: Die ganze Aesthetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau], 1754, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoenaich_aesthetik_1754/93>, abgerufen am 21.11.2024.
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