Vaterlande, doch Antonello erfreute sich dessen nicht lange, vielleicht nur wenige Jahre. Er erhielt den ehrenvollen Auftrag, einen großen Saal im Pallast der Signoria von Venedig mit seiner neu er- worbnen Kunst zu schmücken, doch er erkrankte und starb im neun und vierzigsten Jahr seines Alters, noch ehe er das große Werk beginnen konnte. Auch Domenico erfreute sich nicht lange des mit Hülfe seines Freundes erworbnen Ruhms. Ein Maler, Namens Andrea dal Castagno, wußte sein Ver- trauen in so hohem Grade zu erschleichen, daß er sich zulezt bewegen ließ, ihm das von Antonello von Messina erlernte Geheimniß der Ölmalerei mit- zutheilen. Der Lohn dieses treuherzigen Vertrauens war ein gewaltsamer, grausamer Tod, von der Hand des meuchelmörderischen Buben.
So waren Antonello und Domenico beide in der Blüthe ihrer Kunst dem Untergange geweiht, doch die Ölmalerei war für alle nachkommenden Zeiten gerettet; sie verbreitete sich von nun an durch alle Werkstätte der Maler in ganz Jtalien,
Vaterlande, doch Antonello erfreute ſich deſſen nicht lange, vielleicht nur wenige Jahre. Er erhielt den ehrenvollen Auftrag, einen großen Saal im Pallaſt der Signoria von Venedig mit ſeiner neu er- worbnen Kunſt zu ſchmücken, doch er erkrankte und ſtarb im neun und vierzigſten Jahr ſeines Alters, noch ehe er das große Werk beginnen konnte. Auch Domenico erfreute ſich nicht lange des mit Hülfe ſeines Freundes erworbnen Ruhms. Ein Maler, Namens Andrea dal Caſtagno, wußte ſein Ver- trauen in ſo hohem Grade zu erſchleichen, daß er ſich zulezt bewegen ließ, ihm das von Antonello von Meſſina erlernte Geheimniß der Ölmalerei mit- zutheilen. Der Lohn dieſes treuherzigen Vertrauens war ein gewaltſamer, grauſamer Tod, von der Hand des meuchelmörderiſchen Buben.
So waren Antonello und Domenico beide in der Blüthe ihrer Kunſt dem Untergange geweiht, doch die Ölmalerei war für alle nachkommenden Zeiten gerettet; ſie verbreitete ſich von nun an durch alle Werkſtätte der Maler in ganz Jtalien,
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Vaterlande, doch Antonello erfreute ſich deſſen nicht
lange, vielleicht nur wenige Jahre. Er erhielt
den ehrenvollen Auftrag, einen großen Saal im
Pallaſt der Signoria von Venedig mit ſeiner neu er-
worbnen Kunſt zu ſchmücken, doch er erkrankte und
ſtarb im neun und vierzigſten Jahr ſeines Alters,
noch ehe er das große Werk beginnen konnte. Auch
Domenico erfreute ſich nicht lange des mit Hülfe
ſeines Freundes erworbnen Ruhms. Ein Maler,
Namens Andrea dal Caſtagno, wußte ſein Ver-
trauen in ſo hohem Grade zu erſchleichen, daß er
ſich zulezt bewegen ließ, ihm das von Antonello
von Meſſina erlernte Geheimniß der Ölmalerei mit-
zutheilen. Der Lohn dieſes treuherzigen Vertrauens
war ein gewaltſamer, grauſamer Tod, von der Hand
des meuchelmörderiſchen Buben.
So waren Antonello und Domenico beide in
der Blüthe ihrer Kunſt dem Untergange geweiht,
doch die Ölmalerei war für alle nachkommenden
Zeiten gerettet; ſie verbreitete ſich von nun
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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/112>, abgerufen am 25.11.2024.
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