kannt. Jezt nennt und preiset sie wieder Jung und Alt jedes Geschlechts; sie sind uns Allen wieder liebe Bekannte geworden, Ahnherren, deren Gedächtniß dankbare Enkel treulich feiern; und manches ihrer Lieder geht wieder im fröhlichen Kreise der Jugend von Mund zu Munde, wie einst in der glänzendsten Blüthenzeit der ehrwürdigen Sänger.
Mit dem Niebelungen-Liede und den Minne- sängern mußten auch die alten Künstler wieder er- stehen, denn Poesie und bildende Kunst gingen ewig Hand in Hand bei allen Völkern der Erde, weil ihr Streben und Wirken im Grunde eins ist, und Ein Geist beide belebt. Die Fackel ist nun einmal angezündet, mit welcher wir nach den Schätzen der Urväter in die düstre Nacht hinableuchten, welche sie ihren Söhnen Jahrhunderte lang verbarg. Jn Staub und Moder, unter veraltetem zertrümmertem Kirchengeräthe, in dunkeln Archiven, unter halb verlöschten Pergamenten, wie in alten Schlössern, in Sälen und Kammern, seit Jahren nicht dem Lichte geöffnet, hat ein reges Treiben und Forschen be- gonnen, und wer sucht der findet.
1*
kannt. Jezt nennt und preiſet ſie wieder Jung und Alt jedes Geſchlechts; ſie ſind uns Allen wieder liebe Bekannte geworden, Ahnherren, deren Gedächtniß dankbare Enkel treulich feiern; und manches ihrer Lieder geht wieder im fröhlichen Kreiſe der Jugend von Mund zu Munde, wie einſt in der glänzendſten Blüthenzeit der ehrwürdigen Sänger.
Mit dem Niebelungen-Liede und den Minne- ſängern mußten auch die alten Künſtler wieder er- ſtehen, denn Poeſie und bildende Kunſt gingen ewig Hand in Hand bei allen Völkern der Erde, weil ihr Streben und Wirken im Grunde eins iſt, und Ein Geiſt beide belebt. Die Fackel iſt nun einmal angezündet, mit welcher wir nach den Schätzen der Urväter in die düſtre Nacht hinableuchten, welche ſie ihren Söhnen Jahrhunderte lang verbarg. Jn Staub und Moder, unter veraltetem zertrümmertem Kirchengeräthe, in dunkeln Archiven, unter halb verlöſchten Pergamenten, wie in alten Schlöſſern, in Sälen und Kammern, ſeit Jahren nicht dem Lichte geöffnet, hat ein reges Treiben und Forſchen be- gonnen, und wer ſucht der findet.
1*
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0015"n="3"/><lb/>
kannt. Jezt nennt und preiſet ſie wieder Jung und<lb/>
Alt jedes Geſchlechts; ſie ſind uns Allen wieder liebe<lb/>
Bekannte geworden, Ahnherren, deren Gedächtniß<lb/><hirendition="#g">dankbare</hi> Enkel treulich feiern; und manches ihrer<lb/>
Lieder geht wieder im fröhlichen Kreiſe der Jugend<lb/>
von Mund zu Munde, wie einſt in der glänzendſten<lb/>
Blüthenzeit der ehrwürdigen Sänger.</p><lb/><p>Mit dem Niebelungen-Liede und den Minne-<lb/>ſängern mußten auch die alten Künſtler wieder er-<lb/>ſtehen, denn Poeſie und bildende Kunſt gingen ewig<lb/>
Hand in Hand bei allen Völkern der Erde, weil ihr<lb/>
Streben und Wirken im Grunde eins iſt, und Ein<lb/>
Geiſt beide belebt. Die Fackel iſt nun einmal<lb/>
angezündet, mit welcher wir nach den Schätzen der<lb/>
Urväter in die düſtre Nacht hinableuchten, welche<lb/>ſie ihren Söhnen Jahrhunderte lang verbarg. Jn<lb/>
Staub und Moder, unter veraltetem zertrümmertem<lb/>
Kirchengeräthe, in dunkeln Archiven, unter halb<lb/>
verlöſchten Pergamenten, wie in alten Schlöſſern,<lb/>
in Sälen und Kammern, ſeit Jahren nicht dem Lichte<lb/>
geöffnet, hat ein reges Treiben und Forſchen be-<lb/>
gonnen, und wer ſucht der findet.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">1*</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[3/0015]
kannt. Jezt nennt und preiſet ſie wieder Jung und
Alt jedes Geſchlechts; ſie ſind uns Allen wieder liebe
Bekannte geworden, Ahnherren, deren Gedächtniß
dankbare Enkel treulich feiern; und manches ihrer
Lieder geht wieder im fröhlichen Kreiſe der Jugend
von Mund zu Munde, wie einſt in der glänzendſten
Blüthenzeit der ehrwürdigen Sänger.
Mit dem Niebelungen-Liede und den Minne-
ſängern mußten auch die alten Künſtler wieder er-
ſtehen, denn Poeſie und bildende Kunſt gingen ewig
Hand in Hand bei allen Völkern der Erde, weil ihr
Streben und Wirken im Grunde eins iſt, und Ein
Geiſt beide belebt. Die Fackel iſt nun einmal
angezündet, mit welcher wir nach den Schätzen der
Urväter in die düſtre Nacht hinableuchten, welche
ſie ihren Söhnen Jahrhunderte lang verbarg. Jn
Staub und Moder, unter veraltetem zertrümmertem
Kirchengeräthe, in dunkeln Archiven, unter halb
verlöſchten Pergamenten, wie in alten Schlöſſern,
in Sälen und Kammern, ſeit Jahren nicht dem Lichte
geöffnet, hat ein reges Treiben und Forſchen be-
gonnen, und wer ſucht der findet.
1*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1822, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck01_1822/15>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.