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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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Zeichner, ein verständiger verdienstvoller Maler,
dessen Werke von seinen Mitbürgern sehr hoch ge-
halten wurden. Man sagte sogar, er sei der Erste
in Leyden gewesen, der nach Johann van Eycks
Weise der Ölfarben sich bediente. Einigen seiner
vorzüglichsten Gemälde wurde ein Ehrenplaz auf dem
Stadthause zu Leyden, doch hielt man ein Ge-
mälde mit zwei Flügelbildern, welches einen Gegen-
stand aus der Apokalypse darstellte, für seine beste
Arbeit. Dieses hieng zuerst in einer Kapelle, über
der Familiengruft der Herren von Lockhorst, ward
aber späterhin von einem Abkömmling dieses Ge-
schlechts nach Utrecht gebracht.

Unter einem so guten Lehrer machte der von
der Natur so reich begabte Jüngling in unglaublich
kurzer Zeit die größten Fortschritte im Zeichnen und
Malen. Jm Kupferstechen hatte ihm ein Künstler
Namens Harnassen noch besondern Unterricht ertheilt,
der ihm zugleich den Gebrauch des Scheidewassers
lehrte. Auch sagt man daß ein geschickter Gold-
schmied ihm bei seiner Bildung für die Kunst viel
geholfen habe. Jm Jahr 1510 da Lukas von Leyden

Zeichner, ein verſtändiger verdienſtvoller Maler,
deſſen Werke von ſeinen Mitbürgern ſehr hoch ge-
halten wurden. Man ſagte ſogar, er ſei der Erſte
in Leyden geweſen, der nach Johann van Eycks
Weiſe der Ölfarben ſich bediente. Einigen ſeiner
vorzüglichſten Gemälde wurde ein Ehrenplaz auf dem
Stadthauſe zu Leyden, doch hielt man ein Ge-
mälde mit zwei Flügelbildern, welches einen Gegen-
ſtand aus der Apokalypſe darſtellte, für ſeine beſte
Arbeit. Dieſes hieng zuerſt in einer Kapelle, über
der Familiengruft der Herren von Lockhorſt, ward
aber ſpäterhin von einem Abkömmling dieſes Ge-
ſchlechts nach Utrecht gebracht.

Unter einem ſo guten Lehrer machte der von
der Natur ſo reich begabte Jüngling in unglaublich
kurzer Zeit die größten Fortſchritte im Zeichnen und
Malen. Jm Kupferſtechen hatte ihm ein Künſtler
Namens Harnaſſen noch beſondern Unterricht ertheilt,
der ihm zugleich den Gebrauch des Scheidewaſſers
lehrte. Auch ſagt man daß ein geſchickter Gold-
ſchmied ihm bei ſeiner Bildung für die Kunſt viel
geholfen habe. Jm Jahr 1510 da Lukas von Leyden

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[6/0016] Zeichner, ein verſtändiger verdienſtvoller Maler, deſſen Werke von ſeinen Mitbürgern ſehr hoch ge- halten wurden. Man ſagte ſogar, er ſei der Erſte in Leyden geweſen, der nach Johann van Eycks Weiſe der Ölfarben ſich bediente. Einigen ſeiner vorzüglichſten Gemälde wurde ein Ehrenplaz auf dem Stadthauſe zu Leyden, doch hielt man ein Ge- mälde mit zwei Flügelbildern, welches einen Gegen- ſtand aus der Apokalypſe darſtellte, für ſeine beſte Arbeit. Dieſes hieng zuerſt in einer Kapelle, über der Familiengruft der Herren von Lockhorſt, ward aber ſpäterhin von einem Abkömmling dieſes Ge- ſchlechts nach Utrecht gebracht. Unter einem ſo guten Lehrer machte der von der Natur ſo reich begabte Jüngling in unglaublich kurzer Zeit die größten Fortſchritte im Zeichnen und Malen. Jm Kupferſtechen hatte ihm ein Künſtler Namens Harnaſſen noch beſondern Unterricht ertheilt, der ihm zugleich den Gebrauch des Scheidewaſſers lehrte. Auch ſagt man daß ein geſchickter Gold- ſchmied ihm bei ſeiner Bildung für die Kunſt viel geholfen habe. Jm Jahr 1510 da Lukas von Leyden

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/16>, abgerufen am 08.05.2024.