Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

in welchem er alle die Mädchen aus der Nachbar-
schaft besingt, die aus Furcht vor den Soldaten aus
dem Hause ihrer Eltern in die Städte flohen. Jn
diesem Liede heißt es unter andern:

"Noch weis ich Eine,
"Artiger Keine,
"Und die ist geblieben zu Haus.

Diese Eine war ein sehr hübsches achtzehn-
jähriges Mädchen, zwar von niederer Abkunft und
ohne Vermögen, doch so liebenswürdig und gut,
daß Karl von Manders treue redliche Liebe zu ihr
ihm den Muth gewährte, sie mitten in allen diesen
Unruhen zu heirathen. Er führte seine junge Frau
nach Courtray, wo auch seine älteste Schwester mit
ihrem Manne lebte, und war nun fast immer auf
dem Wege zwischen jener Stadt und Meulebeck,
um hier wie dort den Seinen beizustehen.

Am Vorabend des heiligen Dreikönigs-Tages
fuhr er einst mit drei Wagen von Meulebeck ab, die
er, mit Getreide und allerlei Geräthe beladen,
nach Courtray für seine Eltern in Sicherheit bringen
wollte; denn das Land wimmelte von Soldaten, ein

in welchem er alle die Mädchen aus der Nachbar-
ſchaft beſingt, die aus Furcht vor den Soldaten aus
dem Hauſe ihrer Eltern in die Städte flohen. Jn
dieſem Liede heißt es unter andern:

„Noch weis ich Eine,
„Artiger Keine,
„Und die iſt geblieben zu Haus.

Dieſe Eine war ein ſehr hübſches achtzehn-
jähriges Mädchen, zwar von niederer Abkunft und
ohne Vermögen, doch ſo liebenswürdig und gut,
daß Karl von Manders treue redliche Liebe zu ihr
ihm den Muth gewährte, ſie mitten in allen dieſen
Unruhen zu heirathen. Er führte ſeine junge Frau
nach Courtray, wo auch ſeine älteſte Schweſter mit
ihrem Manne lebte, und war nun faſt immer auf
dem Wege zwiſchen jener Stadt und Meulebeck,
um hier wie dort den Seinen beizuſtehen.

Am Vorabend des heiligen Dreikönigs-Tages
fuhr er einſt mit drei Wagen von Meulebeck ab, die
er, mit Getreide und allerlei Geräthe beladen,
nach Courtray für ſeine Eltern in Sicherheit bringen
wollte; denn das Land wimmelte von Soldaten, ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="194"/>
in welchem er alle die Mädchen aus der Nachbar-<lb/>
&#x017F;chaft be&#x017F;ingt, die aus Furcht vor den Soldaten aus<lb/>
dem Hau&#x017F;e ihrer Eltern in die Städte flohen. Jn<lb/>
die&#x017F;em Liede heißt es unter andern:</p><lb/>
        <cit>
          <quote>
            <lg type="poem">
              <l>&#x201E;Noch weis ich Eine,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Artiger Keine,</l><lb/>
              <l>&#x201E;Und die i&#x017F;t geblieben zu Haus.</l>
            </lg>
          </quote>
        </cit><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Eine war ein &#x017F;ehr hüb&#x017F;ches achtzehn-<lb/>
jähriges Mädchen, zwar von niederer Abkunft und<lb/>
ohne Vermögen, doch &#x017F;o liebenswürdig und gut,<lb/>
daß Karl von Manders treue redliche Liebe zu ihr<lb/>
ihm den Muth gewährte, &#x017F;ie mitten in allen die&#x017F;en<lb/>
Unruhen zu heirathen. Er führte &#x017F;eine junge Frau<lb/>
nach Courtray, wo auch &#x017F;eine älte&#x017F;te Schwe&#x017F;ter mit<lb/>
ihrem Manne lebte, und war nun fa&#x017F;t immer auf<lb/>
dem Wege zwi&#x017F;chen jener Stadt und Meulebeck,<lb/>
um hier wie dort den Seinen beizu&#x017F;tehen.</p><lb/>
        <p>Am Vorabend des heiligen Dreikönigs-Tages<lb/>
fuhr er ein&#x017F;t mit drei Wagen von Meulebeck ab, die<lb/>
er, mit Getreide und allerlei Geräthe beladen,<lb/>
nach Courtray für &#x017F;eine Eltern in Sicherheit bringen<lb/>
wollte; denn das Land wimmelte von Soldaten, ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0202] in welchem er alle die Mädchen aus der Nachbar- ſchaft beſingt, die aus Furcht vor den Soldaten aus dem Hauſe ihrer Eltern in die Städte flohen. Jn dieſem Liede heißt es unter andern: „Noch weis ich Eine, „Artiger Keine, „Und die iſt geblieben zu Haus. Dieſe Eine war ein ſehr hübſches achtzehn- jähriges Mädchen, zwar von niederer Abkunft und ohne Vermögen, doch ſo liebenswürdig und gut, daß Karl von Manders treue redliche Liebe zu ihr ihm den Muth gewährte, ſie mitten in allen dieſen Unruhen zu heirathen. Er führte ſeine junge Frau nach Courtray, wo auch ſeine älteſte Schweſter mit ihrem Manne lebte, und war nun faſt immer auf dem Wege zwiſchen jener Stadt und Meulebeck, um hier wie dort den Seinen beizuſtehen. Am Vorabend des heiligen Dreikönigs-Tages fuhr er einſt mit drei Wagen von Meulebeck ab, die er, mit Getreide und allerlei Geräthe beladen, nach Courtray für ſeine Eltern in Sicherheit bringen wollte; denn das Land wimmelte von Soldaten, ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/202
Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/202>, abgerufen am 30.05.2024.