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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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zu besitzen und dabei jeden für sich auf seine Weise
gelten zu lassen.

Albrecht Dürers Reise glich, wie wir wissen,
einem Triumphzuge der Kunst, von dem das Gerücht
gewiß auch bis zu Lukas nach Leyden gedrungen war,
und ihn vielleicht veranlaßt hatte, gerade in dieser Zeit
nach Antwerpen zu kommen. Er erkannte den hohen
Werth des großen Nürnberger Meisters mit voller
Überzeugung, so wie auch dieser ihm alle Gerech-
tigkeit widerfahren ließ und überall zum Besitz
seiner Arbeiten zu gelangen suchte. Doch Lukas war
jünger, ehrgeiziger, von etwas kränkelnder Lebhaf-
tigkeit, und hatte, wie behauptet wird, wenn gleich
ohne es vielleicht jemanden anders als sich selbst zu
gestehen, oft mit Albrecht Dürer absichtlich in der
Behandlung des nämlichen Gegenstandes gewett-
eifert.

Jede andere Regung, außer die herzlicher
Freude, wich indessen aus ihrem Gemüth, sobald
beide Meister einander erblickten; denn Männer
von diesem Werth konnten sich nie ungerecht ver-
kennen. Sie brachten in gegenseitiger Freundlich-

zu beſitzen und dabei jeden für ſich auf ſeine Weiſe
gelten zu laſſen.

Albrecht Dürers Reiſe glich, wie wir wiſſen,
einem Triumphzuge der Kunſt, von dem das Gerücht
gewiß auch bis zu Lukas nach Leyden gedrungen war,
und ihn vielleicht veranlaßt hatte, gerade in dieſer Zeit
nach Antwerpen zu kommen. Er erkannte den hohen
Werth des großen Nürnberger Meiſters mit voller
Überzeugung, ſo wie auch dieſer ihm alle Gerech-
tigkeit widerfahren ließ und überall zum Beſitz
ſeiner Arbeiten zu gelangen ſuchte. Doch Lukas war
jünger, ehrgeiziger, von etwas kränkelnder Lebhaf-
tigkeit, und hatte, wie behauptet wird, wenn gleich
ohne es vielleicht jemanden anders als ſich ſelbſt zu
geſtehen, oft mit Albrecht Dürer abſichtlich in der
Behandlung des nämlichen Gegenſtandes gewett-
eifert.

Jede andere Regung, außer die herzlicher
Freude, wich indeſſen aus ihrem Gemüth, ſobald
beide Meiſter einander erblickten; denn Männer
von dieſem Werth konnten ſich nie ungerecht ver-
kennen. Sie brachten in gegenſeitiger Freundlich-

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[13/0023] zu beſitzen und dabei jeden für ſich auf ſeine Weiſe gelten zu laſſen. Albrecht Dürers Reiſe glich, wie wir wiſſen, einem Triumphzuge der Kunſt, von dem das Gerücht gewiß auch bis zu Lukas nach Leyden gedrungen war, und ihn vielleicht veranlaßt hatte, gerade in dieſer Zeit nach Antwerpen zu kommen. Er erkannte den hohen Werth des großen Nürnberger Meiſters mit voller Überzeugung, ſo wie auch dieſer ihm alle Gerech- tigkeit widerfahren ließ und überall zum Beſitz ſeiner Arbeiten zu gelangen ſuchte. Doch Lukas war jünger, ehrgeiziger, von etwas kränkelnder Lebhaf- tigkeit, und hatte, wie behauptet wird, wenn gleich ohne es vielleicht jemanden anders als ſich ſelbſt zu geſtehen, oft mit Albrecht Dürer abſichtlich in der Behandlung des nämlichen Gegenſtandes gewett- eifert. Jede andere Regung, außer die herzlicher Freude, wich indeſſen aus ihrem Gemüth, ſobald beide Meiſter einander erblickten; denn Männer von dieſem Werth konnten ſich nie ungerecht ver- kennen. Sie brachten in gegenſeitiger Freundlich-

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/23>, abgerufen am 21.11.2024.