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Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822.

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zugänglichen Gemälde, selbst die damals allgemei-
nen gemalten Fensterscheiben nachzuzeichnen und zu
malen, war seine innigste Freude, und bei seinen
Schulkameraden machte er sich besonders dadurch
beliebt, daß er ihre in der Schule üblichen Tin-
tenfässer von weißem Horn mit allerlei artigen Ver-
zierungen schmückte, indem er Menschen und Thiere,
Bäume und Blumen sehr sauber und erfindungsreich
mit einem Federmesser hineinschnitt. Zum Glück
waren Schoreels Pflegeältern nicht nur so verständig
dieses Alles gehörig zu beachten, sondern auch liebe-
voll genug, um selbst mit eigner Aufopferung das
aufkeimende Talent des Knaben zu unterstützen,
sobald sie es erkannt hatten. Sie nahmen ihn des-
halb schon im vierzehnten Jahre aus der Schule, wo
er indessen zu seiner wissenschaftlichen Ausbildung
einen recht tüchtigen Grund gelegt hatte, und
brachten ihn nach Harlem zu dem besten Maler den
sie kannten, zu Meister Wilhelm Cornelis.

Dieser Wilhelm Cornelis, der aber mit meh-
reren seiner Kunstgenossen, die auch Cornelis
hießen, nicht zu verwechseln ist, war in der That

zugänglichen Gemälde, ſelbſt die damals allgemei-
nen gemalten Fenſterſcheiben nachzuzeichnen und zu
malen, war ſeine innigſte Freude, und bei ſeinen
Schulkameraden machte er ſich beſonders dadurch
beliebt, daß er ihre in der Schule üblichen Tin-
tenfäſſer von weißem Horn mit allerlei artigen Ver-
zierungen ſchmückte, indem er Menſchen und Thiere,
Bäume und Blumen ſehr ſauber und erfindungsreich
mit einem Federmeſſer hineinſchnitt. Zum Glück
waren Schoreels Pflegeältern nicht nur ſo verſtändig
dieſes Alles gehörig zu beachten, ſondern auch liebe-
voll genug, um ſelbſt mit eigner Aufopferung das
aufkeimende Talent des Knaben zu unterſtützen,
ſobald ſie es erkannt hatten. Sie nahmen ihn des-
halb ſchon im vierzehnten Jahre aus der Schule, wo
er indeſſen zu ſeiner wiſſenſchaftlichen Ausbildung
einen recht tüchtigen Grund gelegt hatte, und
brachten ihn nach Harlem zu dem beſten Maler den
ſie kannten, zu Meiſter Wilhelm Cornelis.

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[40/0050] zugänglichen Gemälde, ſelbſt die damals allgemei- nen gemalten Fenſterſcheiben nachzuzeichnen und zu malen, war ſeine innigſte Freude, und bei ſeinen Schulkameraden machte er ſich beſonders dadurch beliebt, daß er ihre in der Schule üblichen Tin- tenfäſſer von weißem Horn mit allerlei artigen Ver- zierungen ſchmückte, indem er Menſchen und Thiere, Bäume und Blumen ſehr ſauber und erfindungsreich mit einem Federmeſſer hineinſchnitt. Zum Glück waren Schoreels Pflegeältern nicht nur ſo verſtändig dieſes Alles gehörig zu beachten, ſondern auch liebe- voll genug, um ſelbſt mit eigner Aufopferung das aufkeimende Talent des Knaben zu unterſtützen, ſobald ſie es erkannt hatten. Sie nahmen ihn des- halb ſchon im vierzehnten Jahre aus der Schule, wo er indeſſen zu ſeiner wiſſenſchaftlichen Ausbildung einen recht tüchtigen Grund gelegt hatte, und brachten ihn nach Harlem zu dem beſten Maler den ſie kannten, zu Meiſter Wilhelm Cornelis. Dieſer Wilhelm Cornelis, der aber mit meh- reren ſeiner Kunſtgenoſſen, die auch Cornelis hießen, nicht zu verwechſeln iſt, war in der That

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Zitationshilfe: Schopenhauer, Johanna: Johann van Eyck und seine Nachfolger. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1822, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schopenhauer_eyck02_1822/50>, abgerufen am 24.11.2024.