Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

Erst gegen Abend kehrte die Pachterin zurück.
Auch sie war vergnügt, denn nicht nur hatte sie nach
Wunsch eingekauft, sondern auch einen günstigen Han-
del in der Stadt mit den von ihr gewonnenen länd-
lichen Producten abgeschlossen. Sie war überaus be-
redt und ich mußte die von ihr gemachten Einkäufe
besehen und bewundern. Ein Zeitungsblatt, das ich,
weil mein Vater es hielt, für ein vaterstädtisches auf
den ersten Blick erkannte, fiel mir in die Augen und
unwillkürlich griff ich darnach. Es war Etwas darin
gewickelt gewesen und also sehr zerknittert; ich ebnete
es wieder und bat die Pächterin, es mit mir nehmen
zu dürfen, um es zu lesen, was sie mir freundlich
bewilligte. Als ich mich damit in mein Zimmer be-
geben hatte, fiel mir der nahstehende Artikel, weil er
der erste im Blatte war, in die Augen.


-- "Unser sonst so ruhiges Städtchen, in dem
"sich, -- ich möchte sagen: dem Himmel sei ge-
"dankt! -- so wenig Neues zuträgt, denn selten ist
"das Neue auch zugleich etwas Gutes, ist durch eine
"zur Zeit noch nicht aufgeklärte Begebenheit in Allarm
"gesetzt worden. Die Thatsache ist folgende:

-- "Ein angesehener und begüterter Mann, frü-
"herer Beamter, seit einer Reihe von Jahren aber in

Erſt gegen Abend kehrte die Pachterin zurück.
Auch ſie war vergnügt, denn nicht nur hatte ſie nach
Wunſch eingekauft, ſondern auch einen günſtigen Han-
del in der Stadt mit den von ihr gewonnenen länd-
lichen Producten abgeſchloſſen. Sie war überaus be-
redt und ich mußte die von ihr gemachten Einkäufe
beſehen und bewundern. Ein Zeitungsblatt, das ich,
weil mein Vater es hielt, für ein vaterſtädtiſches auf
den erſten Blick erkannte, fiel mir in die Augen und
unwillkürlich griff ich darnach. Es war Etwas darin
gewickelt geweſen und alſo ſehr zerknittert; ich ebnete
es wieder und bat die Pächterin, es mit mir nehmen
zu dürfen, um es zu leſen, was ſie mir freundlich
bewilligte. Als ich mich damit in mein Zimmer be-
geben hatte, fiel mir der nahſtehende Artikel, weil er
der erſte im Blatte war, in die Augen.


— „Unſer ſonſt ſo ruhiges Städtchen, in dem
„ſich, — ich möchte ſagen: dem Himmel ſei ge-
„dankt! — ſo wenig Neues zuträgt, denn ſelten iſt
„das Neue auch zugleich etwas Gutes, iſt durch eine
„zur Zeit noch nicht aufgeklärte Begebenheit in Allarm
„geſetzt worden. Die Thatſache iſt folgende:

— „Ein angeſehener und begüterter Mann, frü-
„herer Beamter, ſeit einer Reihe von Jahren aber in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0139" n="133"/>
        <p>Er&#x017F;t gegen Abend kehrte die Pachterin zurück.<lb/>
Auch &#x017F;ie war vergnügt, denn nicht nur hatte &#x017F;ie nach<lb/>
Wun&#x017F;ch eingekauft, &#x017F;ondern auch einen gün&#x017F;tigen Han-<lb/>
del in der Stadt mit den von ihr gewonnenen länd-<lb/>
lichen Producten abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en. Sie war überaus be-<lb/>
redt und ich mußte die von ihr gemachten Einkäufe<lb/>
be&#x017F;ehen und bewundern. Ein Zeitungsblatt, das ich,<lb/>
weil mein Vater es hielt, für ein vater&#x017F;tädti&#x017F;ches auf<lb/>
den er&#x017F;ten Blick erkannte, fiel mir in die Augen und<lb/>
unwillkürlich griff ich darnach. Es war Etwas darin<lb/>
gewickelt gewe&#x017F;en und al&#x017F;o &#x017F;ehr zerknittert; ich ebnete<lb/>
es wieder und bat die Pächterin, es mit mir nehmen<lb/>
zu dürfen, um es zu le&#x017F;en, was &#x017F;ie mir freundlich<lb/>
bewilligte. Als ich mich damit in mein Zimmer be-<lb/>
geben hatte, fiel mir der nah&#x017F;tehende Artikel, weil er<lb/>
der er&#x017F;te im Blatte war, in die Augen.</p><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="jArticle">
              <dateline>*** am 18. Juni 18 ...</dateline><lb/>
              <p>&#x2014; &#x201E;Un&#x017F;er &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o ruhiges Städtchen, in dem<lb/>
&#x201E;&#x017F;ich, &#x2014; ich möchte &#x017F;agen: dem Himmel &#x017F;ei ge-<lb/>
&#x201E;dankt! &#x2014; &#x017F;o wenig Neues zuträgt, denn &#x017F;elten i&#x017F;t<lb/>
&#x201E;das Neue auch zugleich etwas Gutes, i&#x017F;t durch eine<lb/>
&#x201E;zur Zeit noch nicht aufgeklärte Begebenheit in Allarm<lb/>
&#x201E;ge&#x017F;etzt worden. Die That&#x017F;ache i&#x017F;t folgende:</p><lb/>
              <p>&#x2014; &#x201E;Ein ange&#x017F;ehener und begüterter Mann, frü-<lb/>
&#x201E;herer Beamter, &#x017F;eit einer Reihe von Jahren aber in<lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0139] Erſt gegen Abend kehrte die Pachterin zurück. Auch ſie war vergnügt, denn nicht nur hatte ſie nach Wunſch eingekauft, ſondern auch einen günſtigen Han- del in der Stadt mit den von ihr gewonnenen länd- lichen Producten abgeſchloſſen. Sie war überaus be- redt und ich mußte die von ihr gemachten Einkäufe beſehen und bewundern. Ein Zeitungsblatt, das ich, weil mein Vater es hielt, für ein vaterſtädtiſches auf den erſten Blick erkannte, fiel mir in die Augen und unwillkürlich griff ich darnach. Es war Etwas darin gewickelt geweſen und alſo ſehr zerknittert; ich ebnete es wieder und bat die Pächterin, es mit mir nehmen zu dürfen, um es zu leſen, was ſie mir freundlich bewilligte. Als ich mich damit in mein Zimmer be- geben hatte, fiel mir der nahſtehende Artikel, weil er der erſte im Blatte war, in die Augen. *** am 18. Juni 18 ... — „Unſer ſonſt ſo ruhiges Städtchen, in dem „ſich, — ich möchte ſagen: dem Himmel ſei ge- „dankt! — ſo wenig Neues zuträgt, denn ſelten iſt „das Neue auch zugleich etwas Gutes, iſt durch eine „zur Zeit noch nicht aufgeklärte Begebenheit in Allarm „geſetzt worden. Die Thatſache iſt folgende: — „Ein angeſehener und begüterter Mann, frü- „herer Beamter, ſeit einer Reihe von Jahren aber in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/139
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/139>, abgerufen am 04.12.2024.