Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

ges das Nothwendigste zu haben; für den folgenden
wollte er dann schon wieder sorgen, und so fort, bis
der Tod jedem Bedürfnisse ein Ende machte.

Sobald die Kinder des Fremdlings ansichtig wur-
den, erhoben sie sich mit einiger Furcht vom Erdbo-
den, auf dem sie bisher gesessen und mit dem gedul-
digen Bruno gespielt hatten. Es war vielleicht das
erste Bleichgesicht, dessen sie ansichtig wurden, und so
flößte es ihnen einige Furcht ein.

Als der Vater diese Bewegung der Kleinen wahr-
nahm, erhob er sich von seinem Sitze, trat auf die
zitternde Gruppe zu und ermunterte sie, keine Furcht
vor diesem bleichen Manne, seinem und ihrem Freunde,
zu haben; zugleich küßte er Arnold und umarmte ihn,
worauf er den Kindern befahl, dasselbe zu thun; sie
gehorchten, aber an allen Gliedern zitternd. Bald
jedoch legten sie ihre Furcht ab und machten ihn auch
zu ihrem Freunde, wie zuvor schon den zottigen
Bruno.

Das Frühstück war indeß fertig geworden. Die
lecker gebratene, saftreiche Rehkeule würde selbst dem
verwöhntesten Gaumen gemundet haben und Arnolden
schmeckte sie vortrefflich.

Nach dem Frühstück ließ der große Pelikan ein
mächtiges Horn erschallen und gleich darauf versam-
melten sich die Bewohner aller im Thale zerstreut lie-

II. 2

ges das Nothwendigſte zu haben; für den folgenden
wollte er dann ſchon wieder ſorgen, und ſo fort, bis
der Tod jedem Bedürfniſſe ein Ende machte.

Sobald die Kinder des Fremdlings anſichtig wur-
den, erhoben ſie ſich mit einiger Furcht vom Erdbo-
den, auf dem ſie bisher geſeſſen und mit dem gedul-
digen Bruno geſpielt hatten. Es war vielleicht das
erſte Bleichgeſicht, deſſen ſie anſichtig wurden, und ſo
flößte es ihnen einige Furcht ein.

Als der Vater dieſe Bewegung der Kleinen wahr-
nahm, erhob er ſich von ſeinem Sitze, trat auf die
zitternde Gruppe zu und ermunterte ſie, keine Furcht
vor dieſem bleichen Manne, ſeinem und ihrem Freunde,
zu haben; zugleich küßte er Arnold und umarmte ihn,
worauf er den Kindern befahl, daſſelbe zu thun; ſie
gehorchten, aber an allen Gliedern zitternd. Bald
jedoch legten ſie ihre Furcht ab und machten ihn auch
zu ihrem Freunde, wie zuvor ſchon den zottigen
Bruno.

Das Frühſtück war indeß fertig geworden. Die
lecker gebratene, ſaftreiche Rehkeule würde ſelbſt dem
verwöhnteſten Gaumen gemundet haben und Arnolden
ſchmeckte ſie vortrefflich.

Nach dem Frühſtück ließ der große Pelikan ein
mächtiges Horn erſchallen und gleich darauf verſam-
melten ſich die Bewohner aller im Thale zerſtreut lie-

II. 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0023" n="17"/>
ges das Nothwendig&#x017F;te zu haben; für den folgenden<lb/>
wollte er dann &#x017F;chon wieder &#x017F;orgen, und &#x017F;o fort, bis<lb/>
der Tod jedem Bedürfni&#x017F;&#x017F;e ein Ende machte.</p><lb/>
        <p>Sobald die Kinder des Fremdlings an&#x017F;ichtig wur-<lb/>
den, erhoben &#x017F;ie &#x017F;ich mit einiger Furcht vom Erdbo-<lb/>
den, auf dem &#x017F;ie bisher ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en und mit dem gedul-<lb/>
digen Bruno ge&#x017F;pielt hatten. Es war vielleicht das<lb/>
er&#x017F;te Bleichge&#x017F;icht, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie an&#x017F;ichtig wurden, und &#x017F;o<lb/>
flößte es ihnen einige Furcht ein.</p><lb/>
        <p>Als der Vater die&#x017F;e Bewegung der Kleinen wahr-<lb/>
nahm, erhob er &#x017F;ich von &#x017F;einem Sitze, trat auf die<lb/>
zitternde Gruppe zu und ermunterte &#x017F;ie, keine Furcht<lb/>
vor die&#x017F;em bleichen Manne, &#x017F;einem und ihrem Freunde,<lb/>
zu haben; zugleich küßte er Arnold und umarmte ihn,<lb/>
worauf er den Kindern befahl, da&#x017F;&#x017F;elbe zu thun; &#x017F;ie<lb/>
gehorchten, aber an allen Gliedern zitternd. Bald<lb/>
jedoch legten &#x017F;ie ihre Furcht ab und machten ihn auch<lb/>
zu ihrem Freunde, wie zuvor &#x017F;chon den zottigen<lb/>
Bruno.</p><lb/>
        <p>Das Früh&#x017F;tück war indeß fertig geworden. Die<lb/>
lecker gebratene, &#x017F;aftreiche Rehkeule würde &#x017F;elb&#x017F;t dem<lb/>
verwöhnte&#x017F;ten Gaumen gemundet haben und Arnolden<lb/>
&#x017F;chmeckte &#x017F;ie vortrefflich.</p><lb/>
        <p>Nach dem Früh&#x017F;tück ließ der große Pelikan ein<lb/>
mächtiges Horn er&#x017F;challen und gleich darauf ver&#x017F;am-<lb/>
melten &#x017F;ich die Bewohner aller im Thale zer&#x017F;treut lie-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0023] ges das Nothwendigſte zu haben; für den folgenden wollte er dann ſchon wieder ſorgen, und ſo fort, bis der Tod jedem Bedürfniſſe ein Ende machte. Sobald die Kinder des Fremdlings anſichtig wur- den, erhoben ſie ſich mit einiger Furcht vom Erdbo- den, auf dem ſie bisher geſeſſen und mit dem gedul- digen Bruno geſpielt hatten. Es war vielleicht das erſte Bleichgeſicht, deſſen ſie anſichtig wurden, und ſo flößte es ihnen einige Furcht ein. Als der Vater dieſe Bewegung der Kleinen wahr- nahm, erhob er ſich von ſeinem Sitze, trat auf die zitternde Gruppe zu und ermunterte ſie, keine Furcht vor dieſem bleichen Manne, ſeinem und ihrem Freunde, zu haben; zugleich küßte er Arnold und umarmte ihn, worauf er den Kindern befahl, daſſelbe zu thun; ſie gehorchten, aber an allen Gliedern zitternd. Bald jedoch legten ſie ihre Furcht ab und machten ihn auch zu ihrem Freunde, wie zuvor ſchon den zottigen Bruno. Das Frühſtück war indeß fertig geworden. Die lecker gebratene, ſaftreiche Rehkeule würde ſelbſt dem verwöhnteſten Gaumen gemundet haben und Arnolden ſchmeckte ſie vortrefflich. Nach dem Frühſtück ließ der große Pelikan ein mächtiges Horn erſchallen und gleich darauf verſam- melten ſich die Bewohner aller im Thale zerſtreut lie- II. 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/23
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 2. Jena, 1846, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet02_1846/23>, abgerufen am 21.11.2024.