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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

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Eurer Tochter; ich aber wiederhole, daß ich in die-
sem Falle für Nichts einstehe und meinen Kriegern
nicht verwehren kann, von dem Rechte der Sieger
Gebrauch zu machen."

Diese klug berechneten Worte verfehlten ihre Wir-
kung auf Sir John nicht. Er sah, wenn er den
Feinden Widerstand leistete, Flora Gefahren ausge-
setzt, an die er nur mit Schauder denken konnte.
Trotz dem wollte er sich aber doch nicht ergeben, be-
vor er genau untersucht hätte, ob Rettung durch
Flucht nicht noch möglich sei. Er lief von einem
Zimmer zum andern, er spähte in Begleitung der in-
deß auch herbeigekommenen, zum Tode erschrockenen
Dienerschaft aus allen Fenstern, ob man nicht einen
Punkt unbesetzt gelassen habe, aber von allen Seiten
starrten ihm Bajonette entgegen, so daß an Flucht
nicht zu denken war.

Die Lage Sir Johns war entsetzlich und wurde
durch Florens Dazukunft noch schrecklicher. Durch
das Geräusch im Hause und vor demselben aus dem
Schlafe aufgeschreckt, kam sie zitternd vor Furcht, um
ihren Vater zu fragen, was es gäbe. Dieser theilte
es ihr in wenigen Worten mit und ihr Schrecken war
so groß, daß sie ohnmächtig zu Boden fiel. Der
Gouverneur befahl den Dienerinnen, sie auf ihr Zimmer
und ein Lager zu tragen und ihr alle nur erdenkliche

Eurer Tochter; ich aber wiederhole, daß ich in die-
ſem Falle für Nichts einſtehe und meinen Kriegern
nicht verwehren kann, von dem Rechte der Sieger
Gebrauch zu machen.“

Dieſe klug berechneten Worte verfehlten ihre Wir-
kung auf Sir John nicht. Er ſah, wenn er den
Feinden Widerſtand leiſtete, Flora Gefahren ausge-
ſetzt, an die er nur mit Schauder denken konnte.
Trotz dem wollte er ſich aber doch nicht ergeben, be-
vor er genau unterſucht hätte, ob Rettung durch
Flucht nicht noch möglich ſei. Er lief von einem
Zimmer zum andern, er ſpähte in Begleitung der in-
deß auch herbeigekommenen, zum Tode erſchrockenen
Dienerſchaft aus allen Fenſtern, ob man nicht einen
Punkt unbeſetzt gelaſſen habe, aber von allen Seiten
ſtarrten ihm Bajonette entgegen, ſo daß an Flucht
nicht zu denken war.

Die Lage Sir Johns war entſetzlich und wurde
durch Florens Dazukunft noch ſchrecklicher. Durch
das Geräuſch im Hauſe und vor demſelben aus dem
Schlafe aufgeſchreckt, kam ſie zitternd vor Furcht, um
ihren Vater zu fragen, was es gäbe. Dieſer theilte
es ihr in wenigen Worten mit und ihr Schrecken war
ſo groß, daß ſie ohnmächtig zu Boden fiel. Der
Gouverneur befahl den Dienerinnen, ſie auf ihr Zimmer
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[123/0129] Eurer Tochter; ich aber wiederhole, daß ich in die- ſem Falle für Nichts einſtehe und meinen Kriegern nicht verwehren kann, von dem Rechte der Sieger Gebrauch zu machen.“ Dieſe klug berechneten Worte verfehlten ihre Wir- kung auf Sir John nicht. Er ſah, wenn er den Feinden Widerſtand leiſtete, Flora Gefahren ausge- ſetzt, an die er nur mit Schauder denken konnte. Trotz dem wollte er ſich aber doch nicht ergeben, be- vor er genau unterſucht hätte, ob Rettung durch Flucht nicht noch möglich ſei. Er lief von einem Zimmer zum andern, er ſpähte in Begleitung der in- deß auch herbeigekommenen, zum Tode erſchrockenen Dienerſchaft aus allen Fenſtern, ob man nicht einen Punkt unbeſetzt gelaſſen habe, aber von allen Seiten ſtarrten ihm Bajonette entgegen, ſo daß an Flucht nicht zu denken war. Die Lage Sir Johns war entſetzlich und wurde durch Florens Dazukunft noch ſchrecklicher. Durch das Geräuſch im Hauſe und vor demſelben aus dem Schlafe aufgeſchreckt, kam ſie zitternd vor Furcht, um ihren Vater zu fragen, was es gäbe. Dieſer theilte es ihr in wenigen Worten mit und ihr Schrecken war ſo groß, daß ſie ohnmächtig zu Boden fiel. Der Gouverneur befahl den Dienerinnen, ſie auf ihr Zimmer und ein Lager zu tragen und ihr alle nur erdenkliche

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/129>, abgerufen am 27.11.2024.