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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

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meinen Augen lächerlichen Cultus, ein gerechtes Miß-
trauen habe. Allein ich hielt es für der Klugheit an-
gemessen, eben diesen Mann nicht gegen mich aufzu-
bringen und so lehnte ich seinen Antrag unter dem
Vorwande der allzu großen Jugend Florens -- sie
ist in der That ja noch fast ein Kind -- mit artigen
Worten ab. Trotz dem aber scheint der Mormon-
Prophet seinen Hoffnungen und Wünschen auf Florens
Besitz noch nicht entsagt zu haben, denn erst vor
wenigen Tagen erhielt ich wieder ein Schreiben von
ihm, worin er seine Anträge erneuert, und zwar auf
eine so dringende Weise, daß mich die Antwort eini-
germaßen in Verlegenheit setzt, weshalb ich sie bis
jetzt noch aufgeschoben habe."

-- "Dies erklärt mir Alles, was mir bisher
noch in dem Benehmen Joe Smiths gegen mich räth-
selhaft war," nahm Arnold, als der Gouverneur
jetzt schwieg, das Wort. "Er hatte Lady Flora ge-
sehen, ihr Anblick sein Herz in Liebe entzündet; er
wollte sie, da er auf keine andere Weise zu ihrem
Besitze gelangen konnte, zu seiner Gemahlin machen,
und um das zu können, mußte er seine frühere Ge-
liebte, ein zwar schönes, aber höchst geistloses und
unbedeutendes Geschöpf, mit guter Manier los zu
werden suchen. Mir war die Ehre zugedacht, dieser
Marie meinen Namen zu geben, und allein aus die-

meinen Augen lächerlichen Cultus, ein gerechtes Miß-
trauen habe. Allein ich hielt es für der Klugheit an-
gemeſſen, eben dieſen Mann nicht gegen mich aufzu-
bringen und ſo lehnte ich ſeinen Antrag unter dem
Vorwande der allzu großen Jugend Florens — ſie
iſt in der That ja noch faſt ein Kind — mit artigen
Worten ab. Trotz dem aber ſcheint der Mormon-
Prophet ſeinen Hoffnungen und Wünſchen auf Florens
Beſitz noch nicht entſagt zu haben, denn erſt vor
wenigen Tagen erhielt ich wieder ein Schreiben von
ihm, worin er ſeine Anträge erneuert, und zwar auf
eine ſo dringende Weiſe, daß mich die Antwort eini-
germaßen in Verlegenheit ſetzt, weshalb ich ſie bis
jetzt noch aufgeſchoben habe.“

— „Dies erklärt mir Alles, was mir bisher
noch in dem Benehmen Joe Smiths gegen mich räth-
ſelhaft war,“ nahm Arnold, als der Gouverneur
jetzt ſchwieg, das Wort. „Er hatte Lady Flora ge-
ſehen, ihr Anblick ſein Herz in Liebe entzündet; er
wollte ſie, da er auf keine andere Weiſe zu ihrem
Beſitze gelangen konnte, zu ſeiner Gemahlin machen,
und um das zu können, mußte er ſeine frühere Ge-
liebte, ein zwar ſchönes, aber höchſt geiſtloſes und
unbedeutendes Geſchöpf, mit guter Manier los zu
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[9/0015] meinen Augen lächerlichen Cultus, ein gerechtes Miß- trauen habe. Allein ich hielt es für der Klugheit an- gemeſſen, eben dieſen Mann nicht gegen mich aufzu- bringen und ſo lehnte ich ſeinen Antrag unter dem Vorwande der allzu großen Jugend Florens — ſie iſt in der That ja noch faſt ein Kind — mit artigen Worten ab. Trotz dem aber ſcheint der Mormon- Prophet ſeinen Hoffnungen und Wünſchen auf Florens Beſitz noch nicht entſagt zu haben, denn erſt vor wenigen Tagen erhielt ich wieder ein Schreiben von ihm, worin er ſeine Anträge erneuert, und zwar auf eine ſo dringende Weiſe, daß mich die Antwort eini- germaßen in Verlegenheit ſetzt, weshalb ich ſie bis jetzt noch aufgeſchoben habe.“ — „Dies erklärt mir Alles, was mir bisher noch in dem Benehmen Joe Smiths gegen mich räth- ſelhaft war,“ nahm Arnold, als der Gouverneur jetzt ſchwieg, das Wort. „Er hatte Lady Flora ge- ſehen, ihr Anblick ſein Herz in Liebe entzündet; er wollte ſie, da er auf keine andere Weiſe zu ihrem Beſitze gelangen konnte, zu ſeiner Gemahlin machen, und um das zu können, mußte er ſeine frühere Ge- liebte, ein zwar ſchönes, aber höchſt geiſtloſes und unbedeutendes Geſchöpf, mit guter Manier los zu werden ſuchen. Mir war die Ehre zugedacht, dieſer Marie meinen Namen zu geben, und allein aus die-

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/15>, abgerufen am 09.11.2024.