Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

trefflich gemaltes, lebensgroßes Brustbild Florens in
der Hand und reichte es White-hawk mit den Wor-
ten dar:

-- "Vergebens haben wir darauf gesonnen, Dich,
unsern edlen Freund und Erretter, nach Würden zu
belohnen, wohl wissend, daß Deine Großmuth gewöhn-
liche Gaben verschmähen würde; so nimm denn Dies,
das getreue Abbild der Liebsten, was ich habe, zum
Zeichen unserer Erkenntlichkeit an, und so oft Dein
Blick auf dasselbe fällt, erinnere Dich der dankbaren
Freunde, die bis zu ihrem letzten Hauche den großen
Geist um Glück und Segen für Dich anflehen werden."

White-hawk konnte lange sein Glück nicht fassen
und als er es gefaßt hatte, war seine Freude so groß,
wie die eines Kindes, dem man den Lieblingswunsch
gewährt hat. Mit vor Verlangen zitternden Händen
griff er nach dem Bildnisse und, als fürchtete er, daß
man ihm seinen Schatz noch wieder rauben möchte,
eilte er damit fort, um ihn in Sicherheit zu bringen.

Selbst Flora, so ernst und feierlich sie auch ge-
stimmt war, konnte sich eines Lächelus über das Thun
dieses Naturkindes nicht erwehren, das ihr um so
seltsamer vorkommen mußte, da sie von dem zwischen
Arnold und White-hawk in der Siouxsprache geführ-
ten Gespräche kein Wort verstanden hatte.

Es kam jetzt zum Erzählen und zu Erklärungen

trefflich gemaltes, lebensgroßes Bruſtbild Florens in
der Hand und reichte es White-hawk mit den Wor-
ten dar:

— „Vergebens haben wir darauf geſonnen, Dich,
unſern edlen Freund und Erretter, nach Würden zu
belohnen, wohl wiſſend, daß Deine Großmuth gewöhn-
liche Gaben verſchmähen würde; ſo nimm denn Dies,
das getreue Abbild der Liebſten, was ich habe, zum
Zeichen unſerer Erkenntlichkeit an, und ſo oft Dein
Blick auf daſſelbe fällt, erinnere Dich der dankbaren
Freunde, die bis zu ihrem letzten Hauche den großen
Geiſt um Glück und Segen für Dich anflehen werden.“

White-hawk konnte lange ſein Glück nicht faſſen
und als er es gefaßt hatte, war ſeine Freude ſo groß,
wie die eines Kindes, dem man den Lieblingswunſch
gewährt hat. Mit vor Verlangen zitternden Händen
griff er nach dem Bildniſſe und, als fürchtete er, daß
man ihm ſeinen Schatz noch wieder rauben möchte,
eilte er damit fort, um ihn in Sicherheit zu bringen.

Selbſt Flora, ſo ernſt und feierlich ſie auch ge-
ſtimmt war, konnte ſich eines Lächelus über das Thun
dieſes Naturkindes nicht erwehren, das ihr um ſo
ſeltſamer vorkommen mußte, da ſie von dem zwiſchen
Arnold und White-hawk in der Siouxſprache geführ-
ten Geſpräche kein Wort verſtanden hatte.

Es kam jetzt zum Erzählen und zu Erklärungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0162" n="156"/>
trefflich gemaltes, lebensgroßes Bru&#x017F;tbild Florens in<lb/>
der Hand und reichte es White-hawk mit den Wor-<lb/>
ten dar:</p><lb/>
        <p>&#x2014; &#x201E;Vergebens haben wir darauf ge&#x017F;onnen, Dich,<lb/>
un&#x017F;ern edlen Freund und Erretter, nach Würden zu<lb/>
belohnen, wohl wi&#x017F;&#x017F;end, daß Deine Großmuth gewöhn-<lb/>
liche Gaben ver&#x017F;chmähen würde; &#x017F;o nimm denn Dies,<lb/>
das getreue Abbild der Lieb&#x017F;ten, was ich habe, zum<lb/>
Zeichen un&#x017F;erer Erkenntlichkeit an, und &#x017F;o oft Dein<lb/>
Blick auf da&#x017F;&#x017F;elbe fällt, erinnere Dich der dankbaren<lb/>
Freunde, die bis zu ihrem letzten Hauche den großen<lb/>
Gei&#x017F;t um Glück und Segen für Dich anflehen werden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>White-hawk konnte lange &#x017F;ein Glück nicht fa&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und als er es gefaßt hatte, war &#x017F;eine Freude &#x017F;o groß,<lb/>
wie die eines Kindes, dem man den Lieblingswun&#x017F;ch<lb/>
gewährt hat. Mit vor Verlangen zitternden Händen<lb/>
griff er nach dem Bildni&#x017F;&#x017F;e und, als fürchtete er, daß<lb/>
man ihm &#x017F;einen Schatz noch wieder rauben möchte,<lb/>
eilte er damit fort, um ihn in Sicherheit zu bringen.</p><lb/>
        <p>Selb&#x017F;t Flora, &#x017F;o ern&#x017F;t und feierlich &#x017F;ie auch ge-<lb/>
&#x017F;timmt war, konnte &#x017F;ich eines Lächelus über das Thun<lb/>
die&#x017F;es Naturkindes nicht erwehren, das ihr um &#x017F;o<lb/>
&#x017F;elt&#x017F;amer vorkommen mußte, da &#x017F;ie von dem zwi&#x017F;chen<lb/>
Arnold und White-hawk in der Sioux&#x017F;prache geführ-<lb/>
ten Ge&#x017F;präche kein Wort ver&#x017F;tanden hatte.</p><lb/>
        <p>Es kam jetzt zum Erzählen und zu Erklärungen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0162] trefflich gemaltes, lebensgroßes Bruſtbild Florens in der Hand und reichte es White-hawk mit den Wor- ten dar: — „Vergebens haben wir darauf geſonnen, Dich, unſern edlen Freund und Erretter, nach Würden zu belohnen, wohl wiſſend, daß Deine Großmuth gewöhn- liche Gaben verſchmähen würde; ſo nimm denn Dies, das getreue Abbild der Liebſten, was ich habe, zum Zeichen unſerer Erkenntlichkeit an, und ſo oft Dein Blick auf daſſelbe fällt, erinnere Dich der dankbaren Freunde, die bis zu ihrem letzten Hauche den großen Geiſt um Glück und Segen für Dich anflehen werden.“ White-hawk konnte lange ſein Glück nicht faſſen und als er es gefaßt hatte, war ſeine Freude ſo groß, wie die eines Kindes, dem man den Lieblingswunſch gewährt hat. Mit vor Verlangen zitternden Händen griff er nach dem Bildniſſe und, als fürchtete er, daß man ihm ſeinen Schatz noch wieder rauben möchte, eilte er damit fort, um ihn in Sicherheit zu bringen. Selbſt Flora, ſo ernſt und feierlich ſie auch ge- ſtimmt war, konnte ſich eines Lächelus über das Thun dieſes Naturkindes nicht erwehren, das ihr um ſo ſeltſamer vorkommen mußte, da ſie von dem zwiſchen Arnold und White-hawk in der Siouxſprache geführ- ten Geſpräche kein Wort verſtanden hatte. Es kam jetzt zum Erzählen und zu Erklärungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/162
Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet03_1846/162>, abgerufen am 30.11.2024.