Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 3. Jena, 1846.ihn für sich zu gewinnen, keimte plötzlich in seiner -- "Sie leiden, Sie leiden sehr, ich sehe es! Der Schmerz, bei der plötzlichen Lösung der Wohlbekannte Züge, einst heißgeliebte, leuch- ihn für ſich zu gewinnen, keimte plötzlich in ſeiner — „Sie leiden, Sie leiden ſehr, ich ſehe es! Der Schmerz, bei der plötzlichen Löſung der Wohlbekannte Züge, einſt heißgeliebte, leuch- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0095" n="89"/> ihn für ſich zu gewinnen, keimte plötzlich in ſeiner<lb/> Seele auf. Er trat zu ihm, griff nach einem Meſ-<lb/> ſer, zerſchnitt die Bande, womit Arnolds Hände<lb/> gefeſſelt waren und ſagte mit mildem Tone:</p><lb/> <p>— „Sie leiden, Sie leiden ſehr, ich ſehe es!<lb/> Man iſt grauſam mit Jhnen umgegangen! Das war<lb/> nicht mein Wille! Das befahl ich dieſem Büttel von<lb/> Joram nicht! Wie iſt Jhnen, Sir?“ fügte er<lb/> hinzu, als er Arnold plötzlich noch bleicher als zu-<lb/> vor werden und wie ein von der Sichel abgeſchnit-<lb/> tenes Rohr ſchwanken ſah.</p><lb/> <p>Der Schmerz, bei der plötzlichen Löſung der<lb/> in das Fleiſch einſchneidenden Bande, war ſo groß,<lb/> daß er Arnold ohnmächtig machte und er wäre zu<lb/> Boden geſunken, wenn der Prophet ihn nicht in<lb/> ſeinen Armen aufgefangen hätte. Er trug ihn auf<lb/> einen im Zimmer befindlichen Divan, öffnete ihm<lb/> die Kleider, um ihm Luft zu verſchaffen, und ent-<lb/> deckte bei dieſer Gelegenheit das Portrait, welches<lb/> Arnold ſtets auf ſeiner Bruſt trug.</p><lb/> <p>Wohlbekannte Züge, einſt heißgeliebte, leuch-<lb/> teten ihm entgegen! Er ſtand wie erſtarrt, wie<lb/> von einem Zauberſpruch gebannt, athem- und re-<lb/> gungslos da; er wollte die Hand nach dem Gemälde<lb/> ausſtrecken, und wagte es doch nicht, es zu berüh-<lb/> ren, aus Furcht, es durch ſeine Berührung zu ent-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0095]
ihn für ſich zu gewinnen, keimte plötzlich in ſeiner
Seele auf. Er trat zu ihm, griff nach einem Meſ-
ſer, zerſchnitt die Bande, womit Arnolds Hände
gefeſſelt waren und ſagte mit mildem Tone:
— „Sie leiden, Sie leiden ſehr, ich ſehe es!
Man iſt grauſam mit Jhnen umgegangen! Das war
nicht mein Wille! Das befahl ich dieſem Büttel von
Joram nicht! Wie iſt Jhnen, Sir?“ fügte er
hinzu, als er Arnold plötzlich noch bleicher als zu-
vor werden und wie ein von der Sichel abgeſchnit-
tenes Rohr ſchwanken ſah.
Der Schmerz, bei der plötzlichen Löſung der
in das Fleiſch einſchneidenden Bande, war ſo groß,
daß er Arnold ohnmächtig machte und er wäre zu
Boden geſunken, wenn der Prophet ihn nicht in
ſeinen Armen aufgefangen hätte. Er trug ihn auf
einen im Zimmer befindlichen Divan, öffnete ihm
die Kleider, um ihm Luft zu verſchaffen, und ent-
deckte bei dieſer Gelegenheit das Portrait, welches
Arnold ſtets auf ſeiner Bruſt trug.
Wohlbekannte Züge, einſt heißgeliebte, leuch-
teten ihm entgegen! Er ſtand wie erſtarrt, wie
von einem Zauberſpruch gebannt, athem- und re-
gungslos da; er wollte die Hand nach dem Gemälde
ausſtrecken, und wagte es doch nicht, es zu berüh-
ren, aus Furcht, es durch ſeine Berührung zu ent-
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