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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung

Thränlein fleucht hin als ein Bot/ Flügel-
schnelligst bringt sein' Angst wolerhörlich selbst
vor GOtt)
Ein Thränlein redet kräfftiger/ und
lautet stärker in den Ohren GOttes/ als eine klare hoch-
erhobene Stimm: Ein abrinnendes Thränlein steigt
Flügelschneller zu GOtt/ als ein gewaltiges hochhin-
aufdringendes Geruff. Die Alten haben gesagt/ effi-
cacius loquuntur in auribus Dei lacrymae, quam ver-
ba. O humilis Lacryma,
redet der H. Hieronymus,
tuum est regnum & potentia, sola quidem intras ad
judicem, sed non sola recendis.
Daher auch allegirt
worden des Cypriani Worte/ daß er gesagt habe/ La-
crymas esse Legatos Dolorum ad Deum ipsum,
wan
wir unsere Noht und Anliegen wolten durch die ange-
nehmste Gesandschaft zu GOtt selbst hinbringen las-
sen/ solches könne am sichersten durch ein Thränlein
geschehen. Von solcher Botschaft zu GOtt/ sprechen
folgende Reime:

Meines Hertzens Abgesandter
Bis zu GOtt/ wer sol das sein?
Das mein Schmertze sei bekanter/
Und zum Himmel dring' hinnein/
Sag/ wie kan doch diß geschehen?
Antwort: Laß Busthränlein gehen,
Ein Busthränlein recht gepresset/
Wangenab gen Himmel fällt/
Ein Busthränlein nicht nachlässet/
Bis es sich vor GOtt darstellt/
Allen Engeln Freude bringet/
Und GOtt zur Erbarmung zwinget.
Ach/ wan recht wir Menschen wüsten/
Was recht ein Busthränlein kan/
Jmmer würd' uns mehr gelüsten
Unsre Noht zu bringen an
Durch
Nachdenkliche Beſchreibung

Thraͤnlein fleucht hin als ein Bot/ Fluͤgel-
ſchnelligſt bringt ſein’ Angſt wolerhoͤrlich ſelbſt
vor GOtt)
Ein Thraͤnlein redet kraͤfftiger/ und
lautet ſtaͤrker in den Ohren GOttes/ als eine klare hoch-
erhobene Stimm: Ein abrinnendes Thraͤnlein ſteigt
Fluͤgelſchneller zu GOtt/ als ein gewaltiges hochhin-
aufdringendes Geruff. Die Alten haben geſagt/ effi-
cacius loquuntur in auribus Dei lacrymæ, quàm ver-
ba. O humilis Lacryma,
redet der H. Hieronymus,
tuum eſt regnum & potentia, ſola quidem intras ad
judicem, ſed non ſola recendis.
Daher auch allegirt
worden des Cypriani Worte/ daß er geſagt habe/ La-
crymas eſſe Legatos Dolorum ad Deum ipſum,
wan
wir unſere Noht und Anliegen wolten durch die ange-
nehmſte Geſandſchaft zu GOtt ſelbſt hinbringen laſ-
ſen/ ſolches koͤnne am ſicherſten durch ein Thraͤnlein
geſchehen. Von ſolcher Botſchaft zu GOtt/ ſprechen
folgende Reime:

Meines Hertzens Abgeſandter
Bis zu GOtt/ wer ſol das ſein?
Das mein Schmertze ſei bekanter/
Und zum Himmel dring’ hinnein/
Sag/ wie kan doch diß geſchehen?
Antwort: Laß Busthraͤnlein gehen,
Ein Busthraͤnlein recht gepreſſet/
Wangenab gen Himmel faͤllt/
Ein Busthraͤnlein nicht nachlaͤſſet/
Bis es ſich vor GOtt darſtellt/
Allen Engeln Freude bringet/
Und GOtt zur Erbarmung zwinget.
Ach/ wan recht wir Menſchen wuͤſten/
Was recht ein Busthraͤnlein kan/
Jmmer wuͤrd’ uns mehr geluͤſten
Unſre Noht zu bringen an
Durch
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[168/0236] Nachdenkliche Beſchreibung Thraͤnlein fleucht hin als ein Bot/ Fluͤgel- ſchnelligſt bringt ſein’ Angſt wolerhoͤrlich ſelbſt vor GOtt) Ein Thraͤnlein redet kraͤfftiger/ und lautet ſtaͤrker in den Ohren GOttes/ als eine klare hoch- erhobene Stimm: Ein abrinnendes Thraͤnlein ſteigt Fluͤgelſchneller zu GOtt/ als ein gewaltiges hochhin- aufdringendes Geruff. Die Alten haben geſagt/ effi- cacius loquuntur in auribus Dei lacrymæ, quàm ver- ba. O humilis Lacryma, redet der H. Hieronymus, tuum eſt regnum & potentia, ſola quidem intras ad judicem, ſed non ſola recendis. Daher auch allegirt worden des Cypriani Worte/ daß er geſagt habe/ La- crymas eſſe Legatos Dolorum ad Deum ipſum, wan wir unſere Noht und Anliegen wolten durch die ange- nehmſte Geſandſchaft zu GOtt ſelbſt hinbringen laſ- ſen/ ſolches koͤnne am ſicherſten durch ein Thraͤnlein geſchehen. Von ſolcher Botſchaft zu GOtt/ ſprechen folgende Reime: Meines Hertzens Abgeſandter Bis zu GOtt/ wer ſol das ſein? Das mein Schmertze ſei bekanter/ Und zum Himmel dring’ hinnein/ Sag/ wie kan doch diß geſchehen? Antwort: Laß Busthraͤnlein gehen, Ein Busthraͤnlein recht gepreſſet/ Wangenab gen Himmel faͤllt/ Ein Busthraͤnlein nicht nachlaͤſſet/ Bis es ſich vor GOtt darſtellt/ Allen Engeln Freude bringet/ Und GOtt zur Erbarmung zwinget. Ach/ wan recht wir Menſchen wuͤſten/ Was recht ein Busthraͤnlein kan/ Jmmer wuͤrd’ uns mehr geluͤſten Unſre Noht zu bringen an Durch

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/236>, abgerufen am 21.11.2024.