Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

Bild:
<< vorherige Seite
der Hölle und Höllischen Zustandes.

Jst es nun auch an dem/ wie eben der Seneca auch
sagt/ maxima & prima peccantium paena est, peccasse,
daß es die allergrösseste und allererste Sündenstraffe
sei/ gesündigt haben; dann aus solchem Brunnqwel-
len rühret alles Straffwesen eigentlich her/ so mag es
ja wol das allerhöchst zu beklagenste sein/ wan die Sün-
de und Ubelthat erst in solchen Schuldstand und Ver-
damniß gerahten/ daß sie nicht mehr zeitlich und aufs
greulichst/ sondern ewig aufs unendlichste sollen und
müssen gestraffet werden; alsdann nemlich/ wie es Au-
gustinus lib. 21. de Civ. D. cap.
9. nennet/ quando
corpore dolente animus sterili paenitentia cruciatur:

Wan bei immerwehrender Marter des Leibes/ auch un-
sere Seel mit vergebener unendlicher Reuqwaal mit an-
gegriffen wird: welches unfehlbarlich in der Hölle also/
und alsdan geschehen wird/ wan unsere böse Gewissens-
schlange so viele Sündengift eingesogen/ und zu dem e-
wigen Nagen und Anbeissen sich feist gemacht hat/ daß
sie den verdamten Menschen ewiglich Angst bringen/
stechen und beissen/ und untödlich tödten könne/ wie der
Reimtext es vorstellet: Und wie das Gewissen an statt
tausend Zeugen sein kan in der Welt/ ob man schon kei-
nen eintzigen sonst hat; also wird dasselbe vielmehr in der
Hölle mit Million Zeugnissen die Verdamten verfol-
gen/ und so lange wehren und nagen und plagen und
beissen und reissen/ so lange wird wehren die Ewigkeit.
Augustinus nennet dieses also: Se ipsum quo fugitu-
rus est homo? quocunque fugerit se, talem trahit
post se, & quocunque talem traxerit se, cruciat se:
ipse est paena sua, quem torquet conscientia sua.



LXXIII.
der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes.

Jſt es nun auch an dem/ wie eben der Seneca auch
ſagt/ maxima & prima peccantium pæna eſt, peccaſſe,
daß es die allergroͤſſeſte und allererſte Suͤndenſtraffe
ſei/ geſuͤndigt haben; dann aus ſolchem Brunnqwel-
len ruͤhret alles Straffweſen eigentlich her/ ſo mag es
ja wol das allerhoͤchſt zu beklagenſte ſein/ wan die Suͤn-
de und Ubelthat erſt in ſolchen Schuldſtand und Ver-
damniß gerahten/ daß ſie nicht mehr zeitlich und aufs
greulichſt/ ſondern ewig aufs unendlichſte ſollen und
muͤſſen geſtraffet werden; alsdann nemlich/ wie es Au-
guſtinus lib. 21. de Civ. D. cap.
9. nennet/ quando
corpore dolente animus ſterili pænitentia cruciatur:

Wan bei immerwehrender Marter des Leibes/ auch un-
ſere Seel mit vergebener unendlicher Reuqwaal mit an-
gegriffen wird: welches unfehlbarlich in der Hoͤlle alſo/
und alsdan geſchehen wird/ wan unſere boͤſe Gewiſſens-
ſchlange ſo viele Suͤndengift eingeſogen/ und zu dem e-
wigen Nagen und Anbeiſſen ſich feiſt gemacht hat/ daß
ſie den verdamten Menſchen ewiglich Angſt bringen/
ſtechen und beiſſen/ und untoͤdlich toͤdten koͤnne/ wie der
Reimtext es vorſtellet: Und wie das Gewiſſen an ſtatt
tauſend Zeugen ſein kan in der Welt/ ob man ſchon kei-
nen eintzigen ſonſt hat; alſo wird daſſelbe vielmehr in der
Hoͤlle mit Million Zeugniſſen die Verdamten verfol-
gen/ und ſo lange wehren und nagen und plagen und
beiſſen und reiſſen/ ſo lange wird wehren die Ewigkeit.
Auguſtinus nennet dieſes alſo: Se ipſum quò fugitu-
rus eſt homo? quocunque fugerit ſe, talem trahit
poſt ſe, & quocunque talem traxerit ſe, cruciat ſe:
ipſe eſt pæna ſua, quem torquet conſcientia ſua.



LXXIII.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0303" n="235"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">der Ho&#x0364;lle und Ho&#x0364;lli&#x017F;chen Zu&#x017F;tandes.</hi> </fw><lb/>
        <p>J&#x017F;t es nun auch an dem/ wie eben der <hi rendition="#aq">Seneca</hi> auch<lb/>
&#x017F;agt/ <hi rendition="#aq">maxima &amp; prima peccantium pæna e&#x017F;t, pecca&#x017F;&#x017F;e,</hi><lb/>
daß es die allergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te und allerer&#x017F;te <hi rendition="#fr">Su&#x0364;nden&#x017F;traffe</hi><lb/>
&#x017F;ei/ <hi rendition="#fr">ge&#x017F;u&#x0364;ndigt haben;</hi> dann aus &#x017F;olchem Brunnqwel-<lb/>
len ru&#x0364;hret alles Straffwe&#x017F;en eigentlich her/ &#x017F;o mag es<lb/>
ja wol das allerho&#x0364;ch&#x017F;t zu beklagen&#x017F;te &#x017F;ein/ wan die Su&#x0364;n-<lb/>
de und Ubelthat er&#x017F;t in &#x017F;olchen Schuld&#x017F;tand und Ver-<lb/>
damniß gerahten/ daß &#x017F;ie nicht mehr zeitlich und aufs<lb/>
greulich&#x017F;t/ &#x017F;ondern ewig aufs unendlich&#x017F;te &#x017F;ollen und<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ge&#x017F;traffet werden; alsdann nemlich/ wie es <hi rendition="#aq">Au-<lb/>
gu&#x017F;tinus lib. 21. de Civ. D. cap.</hi> 9. nennet/ <hi rendition="#aq">quando<lb/>
corpore dolente animus &#x017F;terili pænitentia cruciatur:</hi><lb/>
Wan bei immerwehrender Marter des Leibes/ auch un-<lb/>
&#x017F;ere Seel mit vergebener unendlicher Reuqwaal mit an-<lb/>
gegriffen wird: welches unfehlbarlich in der Ho&#x0364;lle al&#x017F;o/<lb/>
und alsdan ge&#x017F;chehen wird/ wan un&#x017F;ere bo&#x0364;&#x017F;e Gewi&#x017F;&#x017F;ens-<lb/>
&#x017F;chlange &#x017F;o viele Su&#x0364;ndengift einge&#x017F;ogen/ und zu dem e-<lb/>
wigen Nagen und Anbei&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich fei&#x017F;t gemacht hat/ daß<lb/>
&#x017F;ie den verdamten Men&#x017F;chen ewiglich Ang&#x017F;t bringen/<lb/>
&#x017F;techen und bei&#x017F;&#x017F;en/ und unto&#x0364;dlich to&#x0364;dten ko&#x0364;nne/ wie der<lb/>
Reimtext es vor&#x017F;tellet: Und wie das Gewi&#x017F;&#x017F;en an &#x017F;tatt<lb/>
tau&#x017F;end Zeugen &#x017F;ein kan in der Welt/ ob man &#x017F;chon kei-<lb/>
nen eintzigen &#x017F;on&#x017F;t hat; al&#x017F;o wird da&#x017F;&#x017F;elbe vielmehr in der<lb/>
Ho&#x0364;lle mit Million Zeugni&#x017F;&#x017F;en die Verdamten verfol-<lb/>
gen/ und &#x017F;o lange wehren und nagen und plagen und<lb/>
bei&#x017F;&#x017F;en und rei&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o lange wird wehren die Ewigkeit.<lb/><hi rendition="#aq">Augu&#x017F;tinus</hi> nennet die&#x017F;es al&#x017F;o: <hi rendition="#aq">Se ip&#x017F;um quò fugitu-<lb/>
rus e&#x017F;t homo? quocunque fugerit &#x017F;e, talem trahit<lb/>
po&#x017F;t &#x017F;e, &amp; quocunque talem traxerit &#x017F;e, cruciat &#x017F;e:<lb/>
ip&#x017F;e e&#x017F;t pæna &#x017F;ua, quem torquet con&#x017F;cientia &#x017F;ua.</hi></p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">LXXIII.</hi> </hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[235/0303] der Hoͤlle und Hoͤlliſchen Zuſtandes. Jſt es nun auch an dem/ wie eben der Seneca auch ſagt/ maxima & prima peccantium pæna eſt, peccaſſe, daß es die allergroͤſſeſte und allererſte Suͤndenſtraffe ſei/ geſuͤndigt haben; dann aus ſolchem Brunnqwel- len ruͤhret alles Straffweſen eigentlich her/ ſo mag es ja wol das allerhoͤchſt zu beklagenſte ſein/ wan die Suͤn- de und Ubelthat erſt in ſolchen Schuldſtand und Ver- damniß gerahten/ daß ſie nicht mehr zeitlich und aufs greulichſt/ ſondern ewig aufs unendlichſte ſollen und muͤſſen geſtraffet werden; alsdann nemlich/ wie es Au- guſtinus lib. 21. de Civ. D. cap. 9. nennet/ quando corpore dolente animus ſterili pænitentia cruciatur: Wan bei immerwehrender Marter des Leibes/ auch un- ſere Seel mit vergebener unendlicher Reuqwaal mit an- gegriffen wird: welches unfehlbarlich in der Hoͤlle alſo/ und alsdan geſchehen wird/ wan unſere boͤſe Gewiſſens- ſchlange ſo viele Suͤndengift eingeſogen/ und zu dem e- wigen Nagen und Anbeiſſen ſich feiſt gemacht hat/ daß ſie den verdamten Menſchen ewiglich Angſt bringen/ ſtechen und beiſſen/ und untoͤdlich toͤdten koͤnne/ wie der Reimtext es vorſtellet: Und wie das Gewiſſen an ſtatt tauſend Zeugen ſein kan in der Welt/ ob man ſchon kei- nen eintzigen ſonſt hat; alſo wird daſſelbe vielmehr in der Hoͤlle mit Million Zeugniſſen die Verdamten verfol- gen/ und ſo lange wehren und nagen und plagen und beiſſen und reiſſen/ ſo lange wird wehren die Ewigkeit. Auguſtinus nennet dieſes alſo: Se ipſum quò fugitu- rus eſt homo? quocunque fugerit ſe, talem trahit poſt ſe, & quocunque talem traxerit ſe, cruciat ſe: ipſe eſt pæna ſua, quem torquet conſcientia ſua. LXXIII.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/303
Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/303>, abgerufen am 27.11.2024.