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Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676.

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Nachdenkliche Beschreibung
mehr/ sondern das Hofnungloses Toben dringet durch/
und reisset sich hin zu seiner Wirklichkeit/ nemlich zum
zeitlichen Untergang und Verderben. Von dem teutsch-
en Worte Wimmeren/ ist vorhin in dem 52. Reim-
schlusse Erwehnung geschehen.

Gantz verzweiflen bringt den Tod/ der hier
letztes Helfersstükk.
) Das ist die verblendete Hülfe/
und das grimmiglich gesuchte Ende durch die Hand der
Verzweifelung/ nemlich den Tod und das aus-sein in
dieser Zeitlichkeit ihm verschaffen; Welches also endlich
angehen/ und zu wege gebracht/ und die Aufhörung die-
ses Elendes verschaffet werden kan/ und solches heisset
hier das letzte Helfersstükk/ die endlichste gewaltsame
Vermittelung dieses armseeligen Lebens los zu werden:
Aber/ mein lieber Mensch/ dadurch ist nichts ausgerich-
tet/ wir wollen die Endschaft eines zeitlichen Ubelwe-
sens
befoderen/ nur daß der Anfang eines ewigen-Ubel-
wesens
daher entspringe: Man gibt ein Augenblikk/
und erkauft dadurch hundert tausend Jahre: Man
wirft weg eine trübe Zeit/ und ergreift dagegen die trüb-
seeligste unendlichkeit. Auch aller Grimm/ alles Rasen und
Toben/ alle Gewalt und Wüterei/ alles verzweifelendes
Thatwesen kan endlich hier seine Wirkung und effect dar-
in haben/ daß es die Zeitlichkeit abbreche/ und ein Ende in
dem verhasseten Widerstande finde; Dieses alles aber kan
im allergeringsten nicht mehr geschehen/ oder im gering-
sten einige Wirklichkeit und effect zu einiger Abhelfung/
oder einiger Enderung/ oder einiger Linderung veruhr-
sachen in der höllischen Verzweifelung/ da alles tausend-
mahl ärger/ ängstlicher und qwaaldrükkender wird/ wie
man kurtz hernach vernehmen/ und nicht ohn Schrekniß
betrachten wird das grausamst-ewige Strikk/ darin sich
in der Hölle die Verzweifelung zu ewigwehrender Ver-
zweifelungs Angst/ mit verstokter Martergrimmigkeit/
immermehr einflicht.

LXXXII.

Nachdenkliche Beſchreibung
mehr/ ſondern das Hofnungloſes Toben dringet durch/
und reiſſet ſich hin zu ſeiner Wirklichkeit/ nemlich zum
zeitlichen Untergang und Verderben. Von dem teutſch-
en Worte Wimmeren/ iſt vorhin in dem 52. Reim-
ſchluſſe Erwehnung geſchehen.

Gantz verzweiflen bringt den Tod/ der hier
letztes Helfersſtuͤkk.
) Das iſt die verblendete Huͤlfe/
und das grimmiglich geſuchte Ende durch die Hand der
Verzweifelung/ nemlich den Tod und das aus-ſein in
dieſer Zeitlichkeit ihm verſchaffen; Welches alſo endlich
angehen/ und zu wege gebracht/ und die Aufhoͤrung die-
ſes Elendes verſchaffet werden kan/ und ſolches heiſſet
hier das letzte Helfersſtuͤkk/ die endlichſte gewaltſame
Vermittelung dieſes armſeeligen Lebens los zu werden:
Aber/ mein lieber Menſch/ dadurch iſt nichts ausgerich-
tet/ wir wollen die Endſchaft eines zeitlichen Ubelwe-
ſens
befoderen/ nur daß der Anfang eines ewigen-Ubel-
weſens
daher entſpringe: Man gibt ein Augenblikk/
und erkauft dadurch hundert tauſend Jahre: Man
wirft weg eine truͤbe Zeit/ und ergreift dagegen die truͤb-
ſeeligſte unendlichkeit. Auch aller Grim̃/ alles Raſen und
Toben/ alle Gewalt und Wuͤterei/ alles verzweifelendes
Thatweſen kan endlich hieꝛ ſeine Wiꝛkung uñ effect dar-
in haben/ daß es die Zeitlichkeit abbreche/ und ein Ende in
dem verhaſſetẽ Widerſtande finde; Dieſes alles aber kan
im allergeringſten nicht mehr geſchehen/ oder im gering-
ſten einige Wirklichkeit und effect zu einiger Abhelfung/
oder einiger Enderung/ oder einiger Linderung veruhr-
ſachen in der hoͤlliſchen Verzweifelung/ da alles tauſend-
mahl aͤrger/ aͤngſtlicher und qwaaldruͤkkender wird/ wie
man kurtz hernach vernehmen/ und nicht ohn Schrekniß
betrachten wird das grauſamſt-ewige Strikk/ darin ſich
in der Hoͤlle die Verzweifelung zu ewigwehrender Ver-
zweifelungs Angſt/ mit verſtokter Martergrimmigkeit/
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LXXXII.
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[258/0326] Nachdenkliche Beſchreibung mehr/ ſondern das Hofnungloſes Toben dringet durch/ und reiſſet ſich hin zu ſeiner Wirklichkeit/ nemlich zum zeitlichen Untergang und Verderben. Von dem teutſch- en Worte Wimmeren/ iſt vorhin in dem 52. Reim- ſchluſſe Erwehnung geſchehen. Gantz verzweiflen bringt den Tod/ der hier letztes Helfersſtuͤkk.) Das iſt die verblendete Huͤlfe/ und das grimmiglich geſuchte Ende durch die Hand der Verzweifelung/ nemlich den Tod und das aus-ſein in dieſer Zeitlichkeit ihm verſchaffen; Welches alſo endlich angehen/ und zu wege gebracht/ und die Aufhoͤrung die- ſes Elendes verſchaffet werden kan/ und ſolches heiſſet hier das letzte Helfersſtuͤkk/ die endlichſte gewaltſame Vermittelung dieſes armſeeligen Lebens los zu werden: Aber/ mein lieber Menſch/ dadurch iſt nichts ausgerich- tet/ wir wollen die Endſchaft eines zeitlichen Ubelwe- ſens befoderen/ nur daß der Anfang eines ewigen-Ubel- weſens daher entſpringe: Man gibt ein Augenblikk/ und erkauft dadurch hundert tauſend Jahre: Man wirft weg eine truͤbe Zeit/ und ergreift dagegen die truͤb- ſeeligſte unendlichkeit. Auch aller Grim̃/ alles Raſen und Toben/ alle Gewalt und Wuͤterei/ alles verzweifelendes Thatweſen kan endlich hieꝛ ſeine Wiꝛkung uñ effect dar- in haben/ daß es die Zeitlichkeit abbreche/ und ein Ende in dem verhaſſetẽ Widerſtande finde; Dieſes alles aber kan im allergeringſten nicht mehr geſchehen/ oder im gering- ſten einige Wirklichkeit und effect zu einiger Abhelfung/ oder einiger Enderung/ oder einiger Linderung veruhr- ſachen in der hoͤlliſchen Verzweifelung/ da alles tauſend- mahl aͤrger/ aͤngſtlicher und qwaaldruͤkkender wird/ wie man kurtz hernach vernehmen/ und nicht ohn Schrekniß betrachten wird das grauſamſt-ewige Strikk/ darin ſich in der Hoͤlle die Verzweifelung zu ewigwehrender Ver- zweifelungs Angſt/ mit verſtokter Martergrimmigkeit/ immermehr einflicht. LXXXII.

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Zitationshilfe: Schottel, Justus Georg: Grausame Beschreibung und Vorstellung Der Hölle Und der Höllischen Qwal . Wolfenbüttel, 1676, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schottel_hoelle_1676/326>, abgerufen am 25.11.2024.