2.--7. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
das auch schon auf die gegenwärtige Altersstufe Anwendbare nachzusehen ist.
7) Körper-Form, Haltungen und Gewohnheiten.
In dieser Beziehung treten jetzt, bei der zunehmenden Selbständigkeit des Kindes, noch mehr Punkte in den Kreis der Beachtung, als es während der ersten Altersstufe der Fall war. Nächst den bei der Lage im Schlafe und beim Gehen bereits besprochenen Körper- und Fussstellungen sind hier noch folgende specielle Punkte in's Auge zu fassen.
Zuvörderst ist bei der sitzenden Stellung darauf zu ach- ten, dass die Kinder stets gerade und gleichseitig auf- sitzen, also auf einer genau waagerechten Fläche und mit bei- den Körperhälften gleichmässig, weder mit der rechten noch mit der linken Seite angelehnt, so dass der Schwerpunkt des Körpers genau in die Mittellinie desselben fällt. Ist Letzteres nicht der Fall, so muss sich begreiflicher Weise das Rückgrat nach einer Seite hin ausbiegen, die Hüfte schief gestellt, und somit die Haltung des ganzen Oberkörpers eine ungleichsei- tige sein. Aus einer häufigen Wiederholung solcher Stellun- gen gehen natürlich nach und nach Bildungsfehler hervor. Da alles Ungewöhnliche für Kinder einen besonderen Reiz hat, selbst wenn es der Bequemlichkeit zuwider ist, so findet man häufig, dass sie derartigen ungewöhnlichen und unbequemen Sitzen den Vorzug geben und namentlich gern ungleich, d. h. seitwärts und nur mit einer Hüfte, sich aufsetzen. Daher wird bei den meisten Kindern auch in dieser Hinsicht eine achtsame Nachhilfe von Seiten ihrer Beaufsichtigung nöthig sein.
Ein fernerer Gegenstand der Beachtung ist der, dass die Kinder nie länger in der sitzenden Stellung verharren, als sie durch Frei- und Straffsitzen das Vorhandensein der dazu erforderlichen Kraft zu erkennen geben. Sobald sie anfangen sich anzulehnen (was übrigens nie anders als mit der ganzen Rückenbreite geschehen muss, nicht etwa blos nach einer Seite) oder den Rücken zusammensinken zu lassen, so ist es Zeit, die sitzende Stellung wenigstens für einige Augenblicke mit der vollständig ruhenden, liegenden
2.—7. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
das auch schon auf die gegenwärtige Altersstufe Anwendbare nachzusehen ist.
7) Körper-Form, Haltungen und Gewohnheiten.
In dieser Beziehung treten jetzt, bei der zunehmenden Selbständigkeit des Kindes, noch mehr Punkte in den Kreis der Beachtung, als es während der ersten Altersstufe der Fall war. Nächst den bei der Lage im Schlafe und beim Gehen bereits besprochenen Körper- und Fussstellungen sind hier noch folgende specielle Punkte in's Auge zu fassen.
Zuvörderst ist bei der sitzenden Stellung darauf zu ach- ten, dass die Kinder stets gerade und gleichseitig auf- sitzen, also auf einer genau waagerechten Fläche und mit bei- den Körperhälften gleichmässig, weder mit der rechten noch mit der linken Seite angelehnt, so dass der Schwerpunkt des Körpers genau in die Mittellinie desselben fällt. Ist Letzteres nicht der Fall, so muss sich begreiflicher Weise das Rückgrat nach einer Seite hin ausbiegen, die Hüfte schief gestellt, und somit die Haltung des ganzen Oberkörpers eine ungleichsei- tige sein. Aus einer häufigen Wiederholung solcher Stellun- gen gehen natürlich nach und nach Bildungsfehler hervor. Da alles Ungewöhnliche für Kinder einen besonderen Reiz hat, selbst wenn es der Bequemlichkeit zuwider ist, so findet man häufig, dass sie derartigen ungewöhnlichen und unbequemen Sitzen den Vorzug geben und namentlich gern ungleich, d. h. seitwärts und nur mit einer Hüfte, sich aufsetzen. Daher wird bei den meisten Kindern auch in dieser Hinsicht eine achtsame Nachhilfe von Seiten ihrer Beaufsichtigung nöthig sein.
Ein fernerer Gegenstand der Beachtung ist der, dass die Kinder nie länger in der sitzenden Stellung verharren, als sie durch Frei- und Straffsitzen das Vorhandensein der dazu erforderlichen Kraft zu erkennen geben. Sobald sie anfangen sich anzulehnen (was übrigens nie anders als mit der ganzen Rückenbreite geschehen muss, nicht etwa blos nach einer Seite) oder den Rücken zusammensinken zu lassen, so ist es Zeit, die sitzende Stellung wenigstens für einige Augenblicke mit der vollständig ruhenden, liegenden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0104"n="100"/><fwplace="top"type="header">2.—7. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.</fw><lb/>
das auch schon auf die gegenwärtige Altersstufe Anwendbare<lb/>
nachzusehen ist.</p></div><lb/><divn="3"><head>7) <hirendition="#g">Körper-Form, Haltungen und Gewohnheiten.</hi></head><lb/><p>In dieser Beziehung treten jetzt, bei der zunehmenden<lb/>
Selbständigkeit des Kindes, noch mehr Punkte in den Kreis<lb/>
der Beachtung, als es während der ersten Altersstufe der Fall<lb/>
war. Nächst den bei der Lage im Schlafe und beim Gehen<lb/>
bereits besprochenen Körper- und Fussstellungen sind hier<lb/>
noch folgende specielle Punkte in's Auge zu fassen.</p><lb/><p>Zuvörderst ist bei der <hirendition="#g">sitzenden</hi> Stellung darauf zu ach-<lb/>
ten, dass die Kinder stets <hirendition="#g">gerade</hi> und <hirendition="#g">gleichseitig</hi> auf-<lb/>
sitzen, also auf einer genau waagerechten Fläche und mit bei-<lb/>
den Körperhälften gleichmässig, weder mit der rechten noch<lb/>
mit der linken Seite angelehnt, so dass der Schwerpunkt des<lb/>
Körpers genau in die Mittellinie desselben fällt. Ist Letzteres<lb/>
nicht der Fall, so muss sich begreiflicher Weise das Rückgrat<lb/>
nach einer Seite hin ausbiegen, die Hüfte schief gestellt, und<lb/>
somit die Haltung des ganzen Oberkörpers eine ungleichsei-<lb/>
tige sein. Aus einer häufigen Wiederholung solcher Stellun-<lb/>
gen gehen natürlich nach und nach Bildungsfehler hervor. Da<lb/>
alles Ungewöhnliche für Kinder einen besonderen Reiz hat,<lb/>
selbst wenn es der Bequemlichkeit zuwider ist, so findet man<lb/>
häufig, dass sie derartigen ungewöhnlichen und unbequemen<lb/>
Sitzen den Vorzug geben und namentlich gern ungleich, d. h.<lb/>
seitwärts und nur mit einer Hüfte, sich aufsetzen. Daher wird<lb/>
bei den meisten Kindern auch in dieser Hinsicht eine achtsame<lb/>
Nachhilfe von Seiten ihrer Beaufsichtigung nöthig sein.</p><lb/><p>Ein fernerer Gegenstand der Beachtung ist der, dass die<lb/>
Kinder <hirendition="#g">nie länger</hi> in der sitzenden Stellung verharren, <hirendition="#g">als<lb/>
sie durch Frei- und Straffsitzen das Vorhandensein<lb/>
der dazu erforderlichen Kraft zu erkennen geben.</hi><lb/>
Sobald sie anfangen sich anzulehnen (was übrigens nie anders<lb/>
als mit der ganzen Rückenbreite geschehen muss, nicht etwa<lb/>
blos nach einer Seite) oder den Rücken zusammensinken zu<lb/>
lassen, so ist es Zeit, die sitzende Stellung wenigstens für<lb/>
einige Augenblicke mit der vollständig ruhenden, liegenden<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[100/0104]
2.—7. JAHR. KÖRPERL. SEITE. KÖRPER-FORM, HALTUNGEN U. GEWOHNHEITEN.
das auch schon auf die gegenwärtige Altersstufe Anwendbare
nachzusehen ist.
7) Körper-Form, Haltungen und Gewohnheiten.
In dieser Beziehung treten jetzt, bei der zunehmenden
Selbständigkeit des Kindes, noch mehr Punkte in den Kreis
der Beachtung, als es während der ersten Altersstufe der Fall
war. Nächst den bei der Lage im Schlafe und beim Gehen
bereits besprochenen Körper- und Fussstellungen sind hier
noch folgende specielle Punkte in's Auge zu fassen.
Zuvörderst ist bei der sitzenden Stellung darauf zu ach-
ten, dass die Kinder stets gerade und gleichseitig auf-
sitzen, also auf einer genau waagerechten Fläche und mit bei-
den Körperhälften gleichmässig, weder mit der rechten noch
mit der linken Seite angelehnt, so dass der Schwerpunkt des
Körpers genau in die Mittellinie desselben fällt. Ist Letzteres
nicht der Fall, so muss sich begreiflicher Weise das Rückgrat
nach einer Seite hin ausbiegen, die Hüfte schief gestellt, und
somit die Haltung des ganzen Oberkörpers eine ungleichsei-
tige sein. Aus einer häufigen Wiederholung solcher Stellun-
gen gehen natürlich nach und nach Bildungsfehler hervor. Da
alles Ungewöhnliche für Kinder einen besonderen Reiz hat,
selbst wenn es der Bequemlichkeit zuwider ist, so findet man
häufig, dass sie derartigen ungewöhnlichen und unbequemen
Sitzen den Vorzug geben und namentlich gern ungleich, d. h.
seitwärts und nur mit einer Hüfte, sich aufsetzen. Daher wird
bei den meisten Kindern auch in dieser Hinsicht eine achtsame
Nachhilfe von Seiten ihrer Beaufsichtigung nöthig sein.
Ein fernerer Gegenstand der Beachtung ist der, dass die
Kinder nie länger in der sitzenden Stellung verharren, als
sie durch Frei- und Straffsitzen das Vorhandensein
der dazu erforderlichen Kraft zu erkennen geben.
Sobald sie anfangen sich anzulehnen (was übrigens nie anders
als mit der ganzen Rückenbreite geschehen muss, nicht etwa
blos nach einer Seite) oder den Rücken zusammensinken zu
lassen, so ist es Zeit, die sitzende Stellung wenigstens für
einige Augenblicke mit der vollständig ruhenden, liegenden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/104>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.