Das Schlittschuhlaufen hat schon deshalb einen ho- hen gesundheitlichen Werth, dass es in einer Jahreszeit vor- genommen wird, welche ausserdem wenig Gelegenheit zu kräf- tiger Bewegung in freier Luft bietet. Aber es gewährt auch noch wesentliche specielle Vortheile. Es ist eine der vorzüg- lichsten Arten der Fussgymnastik. Um den Körper auf der glatten Fläche des Eises und auf der schmalen Metallklinge des Schlittschuhes im Gleichgewichte zu erhalten, ist ein un- gewöhnliches und vielseitiges Muskelspiel, besonders aller un- teren Fussmuskeln erforderlich. Die Fussmuskeln werden da- durch sehr gekräftigt und somit die ganze Körperhaltung be- festigt. Sodann übt diese Bewegung einen entschiedenen und in vielen Fällen sehr willkommenen Einfluss auf Regelung der Fussstellung, auf die normale Auswärtsstellung der Füsse. Bekanntlich lässt sich die Erhaltung des Gleichgewichtes und das Ausschreiten auf den Schlittschuhen gar nicht anders bewerkstelligen, als eben durch festes Auswärtsstellen der Füsse. Die diese Fussstellung bewirkenden Muskeln werden also vorzugsweise geübt und gekräftigt, und dadurch die Bil- dung der Gewohnheit einer richtigen Fussstellung überhaupt erleichtert und vermittelt.
Das Stelzengehen stärkt zunächst durch das damit nothwendig verbundene kräftige Zurücknehmen der Ellbögen und Schultern die oberen Rücken- und Schultermuskeln. Der Mechanismus dieser Bewegung bringt es sodann mit sich, dass die Füsse ebenfalls in der Auswärtsstellung geübt werden. Das Stelzengehen ist daher sowohl eine gute allgemeine Gym- nastik, als auch insbesondere ein wirksames Ausgleichungs- mittel der aus Schwäche der oberen Rückenmuskeln entste- henden Haltungsfehler (des Vorfallens der Schultern u. dgl.) und der Einwärtsstellung der Füsse. Von den Varietäten des Stelzengehens ist das Hüpfen auf einer Stelze zu erwähnen und daran zu erinnern, dass, wenn es ausgeübt werden soll, nach der Regel der Gleichseitigkeit dabei auf eine gleichmäs- sige Abwechselung beider Füssen gehalten werden muss.
Tanzen, Reiten, Fechten ist aus mehrfachen Gründen passender einer späteren Altersperiode zuzuweisen.
8. ‒ 16. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEWEGUNG.
Das Schlittschuhlaufen hat schon deshalb einen ho- hen gesundheitlichen Werth, dass es in einer Jahreszeit vor- genommen wird, welche ausserdem wenig Gelegenheit zu kräf- tiger Bewegung in freier Luft bietet. Aber es gewährt auch noch wesentliche specielle Vortheile. Es ist eine der vorzüg- lichsten Arten der Fussgymnastik. Um den Körper auf der glatten Fläche des Eises und auf der schmalen Metallklinge des Schlittschuhes im Gleichgewichte zu erhalten, ist ein un- gewöhnliches und vielseitiges Muskelspiel, besonders aller un- teren Fussmuskeln erforderlich. Die Fussmuskeln werden da- durch sehr gekräftigt und somit die ganze Körperhaltung be- festigt. Sodann übt diese Bewegung einen entschiedenen und in vielen Fällen sehr willkommenen Einfluss auf Regelung der Fussstellung, auf die normale Auswärtsstellung der Füsse. Bekanntlich lässt sich die Erhaltung des Gleichgewichtes und das Ausschreiten auf den Schlittschuhen gar nicht anders bewerkstelligen, als eben durch festes Auswärtsstellen der Füsse. Die diese Fussstellung bewirkenden Muskeln werden also vorzugsweise geübt und gekräftigt, und dadurch die Bil- dung der Gewohnheit einer richtigen Fussstellung überhaupt erleichtert und vermittelt.
Das Stelzengehen stärkt zunächst durch das damit nothwendig verbundene kräftige Zurücknehmen der Ellbögen und Schultern die oberen Rücken- und Schultermuskeln. Der Mechanismus dieser Bewegung bringt es sodann mit sich, dass die Füsse ebenfalls in der Auswärtsstellung geübt werden. Das Stelzengehen ist daher sowohl eine gute allgemeine Gym- nastik, als auch insbesondere ein wirksames Ausgleichungs- mittel der aus Schwäche der oberen Rückenmuskeln entste- henden Haltungsfehler (des Vorfallens der Schultern u. dgl.) und der Einwärtsstellung der Füsse. Von den Varietäten des Stelzengehens ist das Hüpfen auf einer Stelze zu erwähnen und daran zu erinnern, dass, wenn es ausgeübt werden soll, nach der Regel der Gleichseitigkeit dabei auf eine gleichmäs- sige Abwechselung beider Füssen gehalten werden muss.
Tanzen, Reiten, Fechten ist aus mehrfachen Gründen passender einer späteren Altersperiode zuzuweisen.
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8. ‒ 16. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEWEGUNG.
Das Schlittschuhlaufen hat schon deshalb einen ho-
hen gesundheitlichen Werth, dass es in einer Jahreszeit vor-
genommen wird, welche ausserdem wenig Gelegenheit zu kräf-
tiger Bewegung in freier Luft bietet. Aber es gewährt auch
noch wesentliche specielle Vortheile. Es ist eine der vorzüg-
lichsten Arten der Fussgymnastik. Um den Körper auf der
glatten Fläche des Eises und auf der schmalen Metallklinge
des Schlittschuhes im Gleichgewichte zu erhalten, ist ein un-
gewöhnliches und vielseitiges Muskelspiel, besonders aller un-
teren Fussmuskeln erforderlich. Die Fussmuskeln werden da-
durch sehr gekräftigt und somit die ganze Körperhaltung be-
festigt. Sodann übt diese Bewegung einen entschiedenen und
in vielen Fällen sehr willkommenen Einfluss auf Regelung der
Fussstellung, auf die normale Auswärtsstellung der Füsse.
Bekanntlich lässt sich die Erhaltung des Gleichgewichtes
und das Ausschreiten auf den Schlittschuhen gar nicht anders
bewerkstelligen, als eben durch festes Auswärtsstellen der
Füsse. Die diese Fussstellung bewirkenden Muskeln werden
also vorzugsweise geübt und gekräftigt, und dadurch die Bil-
dung der Gewohnheit einer richtigen Fussstellung überhaupt
erleichtert und vermittelt.
Das Stelzengehen stärkt zunächst durch das damit
nothwendig verbundene kräftige Zurücknehmen der Ellbögen
und Schultern die oberen Rücken- und Schultermuskeln. Der
Mechanismus dieser Bewegung bringt es sodann mit sich, dass
die Füsse ebenfalls in der Auswärtsstellung geübt werden.
Das Stelzengehen ist daher sowohl eine gute allgemeine Gym-
nastik, als auch insbesondere ein wirksames Ausgleichungs-
mittel der aus Schwäche der oberen Rückenmuskeln entste-
henden Haltungsfehler (des Vorfallens der Schultern u. dgl.)
und der Einwärtsstellung der Füsse. Von den Varietäten des
Stelzengehens ist das Hüpfen auf einer Stelze zu erwähnen
und daran zu erinnern, dass, wenn es ausgeübt werden soll,
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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/191>, abgerufen am 21.11.2024.
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