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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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8. -- 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. AUSBILDUNG U. PFLEGE EINZELNER THEILE.
lade standen (bis nach vollendetem Wachsthume würde das
Missverhältniss mindestens doppelt so gross geworden sein)
in die richtige Stellung hinter dieselben traten, und über-
haupt das ganze gegenseitige Verhältniss der beiden Kinnla-
den geregelt war.

Zur Erhaltung der Fülle und Gesundheit des Haupt-
haares
, jener schönen Zierde des Kopfes, besonders des
weiblichen, sind die wesentlichsten Bedingungen nächst Ge-
sundheit des Körpers überhaupt: Frei- und Reinhaltung der
Kopfhaut (des Wurzelbodens der Haare) durch vorwaltendes
Unbedecktlassen des Kopfes (um die freie Ausdünstung der
Kopfhaut zu begünstigen), regelmässiges Durchkämmen und
jeweiliges Waschen des Kopfes. Es wird hier die Erinnerung
nicht überflüssig sein, dass damit Schonung in mechanischer
Beziehung verbunden, also namentlich jedes reissende und be-
sonders die Haare auf die Dauer stark anspannende Verfahren
beim Flechten und Aufbinden der weiblichen Kopfhaare ver-
mieden werden muss.

Da die nächste Ursache des Absterbens und Ausfallens
der Haare eine zweifache sein kann, entweder Blutüberfüllung
oder Blutleere der Kopfhaut, so hat man in allen solchen
Fällen, wo ein directes Hinwirken auf den Haarwuchs noth-
wendig wird, danach am meisten sich zu richten. Bei Blut-
überfüllung des Haarbodens erscheint derselbe unnatürlich ge-
röthet, bei Blutleere bleicher und trockner als gewöhnlich.
Im ersten Falle sind für die directe Nachhilfe die naturgemäs-
sesten Mittel: möglichstes Unbedecktlassen des Kopfes, öftere
kühlende Umschläge, milde ölige Einreibungen; dagegen im
zweiten: mässiges Warmhalten des Kopfes (jedoch immer mit
Freilassung der Ausdünstung), mechanische Reizung durch
kräftigeres Kämmen und Bürsten, mit reizenden Bestandtheilen
versehene ölige Einreibungen. Man sei vorsichtig mit markt-
schreierisch angepriesenen Verkaufsmitteln dieser Gattung;
wenigstens gebrauche man kein solches, ohne seine wesent-
lichsten Bestandtheile zu kennen.

Die Cultur der Haut überhaupt verlangt im kindlichen
Alter nichts weiter als den schon besprochenen Gebrauch jener

8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. AUSBILDUNG U. PFLEGE EINZELNER THEILE.
lade standen (bis nach vollendetem Wachsthume würde das
Missverhältniss mindestens doppelt so gross geworden sein)
in die richtige Stellung hinter dieselben traten, und über-
haupt das ganze gegenseitige Verhältniss der beiden Kinnla-
den geregelt war.

Zur Erhaltung der Fülle und Gesundheit des Haupt-
haares
, jener schönen Zierde des Kopfes, besonders des
weiblichen, sind die wesentlichsten Bedingungen nächst Ge-
sundheit des Körpers überhaupt: Frei- und Reinhaltung der
Kopfhaut (des Wurzelbodens der Haare) durch vorwaltendes
Unbedecktlassen des Kopfes (um die freie Ausdünstung der
Kopfhaut zu begünstigen), regelmässiges Durchkämmen und
jeweiliges Waschen des Kopfes. Es wird hier die Erinnerung
nicht überflüssig sein, dass damit Schonung in mechanischer
Beziehung verbunden, also namentlich jedes reissende und be-
sonders die Haare auf die Dauer stark anspannende Verfahren
beim Flechten und Aufbinden der weiblichen Kopfhaare ver-
mieden werden muss.

Da die nächste Ursache des Absterbens und Ausfallens
der Haare eine zweifache sein kann, entweder Blutüberfüllung
oder Blutleere der Kopfhaut, so hat man in allen solchen
Fällen, wo ein directes Hinwirken auf den Haarwuchs noth-
wendig wird, danach am meisten sich zu richten. Bei Blut-
überfüllung des Haarbodens erscheint derselbe unnatürlich ge-
röthet, bei Blutleere bleicher und trockner als gewöhnlich.
Im ersten Falle sind für die directe Nachhilfe die naturgemäs-
sesten Mittel: möglichstes Unbedecktlassen des Kopfes, öftere
kühlende Umschläge, milde ölige Einreibungen; dagegen im
zweiten: mässiges Warmhalten des Kopfes (jedoch immer mit
Freilassung der Ausdünstung), mechanische Reizung durch
kräftigeres Kämmen und Bürsten, mit reizenden Bestandtheilen
versehene ölige Einreibungen. Man sei vorsichtig mit markt-
schreierisch angepriesenen Verkaufsmitteln dieser Gattung;
wenigstens gebrauche man kein solches, ohne seine wesent-
lichsten Bestandtheile zu kennen.

Die Cultur der Haut überhaupt verlangt im kindlichen
Alter nichts weiter als den schon besprochenen Gebrauch jener

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[221/0225] 8. — 16. JAHR. KÖRPERL. SEITE. AUSBILDUNG U. PFLEGE EINZELNER THEILE. lade standen (bis nach vollendetem Wachsthume würde das Missverhältniss mindestens doppelt so gross geworden sein) in die richtige Stellung hinter dieselben traten, und über- haupt das ganze gegenseitige Verhältniss der beiden Kinnla- den geregelt war. Zur Erhaltung der Fülle und Gesundheit des Haupt- haares, jener schönen Zierde des Kopfes, besonders des weiblichen, sind die wesentlichsten Bedingungen nächst Ge- sundheit des Körpers überhaupt: Frei- und Reinhaltung der Kopfhaut (des Wurzelbodens der Haare) durch vorwaltendes Unbedecktlassen des Kopfes (um die freie Ausdünstung der Kopfhaut zu begünstigen), regelmässiges Durchkämmen und jeweiliges Waschen des Kopfes. Es wird hier die Erinnerung nicht überflüssig sein, dass damit Schonung in mechanischer Beziehung verbunden, also namentlich jedes reissende und be- sonders die Haare auf die Dauer stark anspannende Verfahren beim Flechten und Aufbinden der weiblichen Kopfhaare ver- mieden werden muss. Da die nächste Ursache des Absterbens und Ausfallens der Haare eine zweifache sein kann, entweder Blutüberfüllung oder Blutleere der Kopfhaut, so hat man in allen solchen Fällen, wo ein directes Hinwirken auf den Haarwuchs noth- wendig wird, danach am meisten sich zu richten. Bei Blut- überfüllung des Haarbodens erscheint derselbe unnatürlich ge- röthet, bei Blutleere bleicher und trockner als gewöhnlich. Im ersten Falle sind für die directe Nachhilfe die naturgemäs- sesten Mittel: möglichstes Unbedecktlassen des Kopfes, öftere kühlende Umschläge, milde ölige Einreibungen; dagegen im zweiten: mässiges Warmhalten des Kopfes (jedoch immer mit Freilassung der Ausdünstung), mechanische Reizung durch kräftigeres Kämmen und Bürsten, mit reizenden Bestandtheilen versehene ölige Einreibungen. Man sei vorsichtig mit markt- schreierisch angepriesenen Verkaufsmitteln dieser Gattung; wenigstens gebrauche man kein solches, ohne seine wesent- lichsten Bestandtheile zu kennen. Die Cultur der Haut überhaupt verlangt im kindlichen Alter nichts weiter als den schon besprochenen Gebrauch jener

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/225>, abgerufen am 09.11.2024.