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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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2.--7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. SCHLAF.
möglich erhalten wird. Bei noch nicht falsch gewöhnten Kin-
dern gelingt dies leicht, wenn sie beim Einschlafen stets so
gelegt und nöthigenfalls während des Schlafes zuweilen wieder
richtig gewendet werden.

Die Rückenlage ist bezüglich der Gesundheitsrücksichten
unstreitig die vortheilhafteste Lage im Schlafe. Nur bei ein-
gewurzelter anderer Gewohnheit scheint sie weniger zuträg-
lich. Sie allein macht volle Gleichseitigkeit der Lage mög-
lich. Die ganze Körperlast ruht auf einer Fläche mit fester
knochiger Unterlage, wobei keines der inneren Organe durch
Druck, Säftestockung u. s. w. zu leiden hat,*) und keinerlei
einseitige Verbiegung des Knochengerüstes erfolgt. Ein Zu-
sammenkrümmen des Körpers ist dabei nicht möglich. Die
Rückenlage allein lässt ein freies und gleichseitiges Athmen
zu, da beide Brusthälften gleich freien Spielraum haben. Alle
diese Punkte sind gerade für die Ausbildung des noch in star-
kem Wachsthume begriffenen Körpers von vielseitiger Wich-
tigkeit.

Wenngleich Kinder in der Regel einen ruhigeren Schlaf
haben als Erwachsene, so ist doch auch bei ihnen ein unun-
terbrochenes Verharren in derselben Lage nicht immer zu er-
warten. Man braucht sich aber deshalb keine Sorge zu ma-
chen. Den Gesundheitszwecken ist schon Genüge geschehen,
sobald nur das Kind den grössten Theil der Schlafzeit in
der richtigen Lage zubringt. Ein ausnahmsweises leichtes Wen-
den nach der Seite kann man unbedenklich gestatten; nur
muss man darauf sein Augenmerk richten, dass bei diesen je-
weiligen Lageveränderungen keine Körperseite vor der ande-
ren bevorzugt wird, und, wenn nöthig, regulirend nachhelfen.
Achtet man darauf nicht, so bildet sich leicht eine einseitige

*) Bedenkt man, dass der Mensch in keiner anderen Situation so lange
Zeit zubringt, als in der schlafenden, so ist es wohl nicht zu bezweifeln,
dass aus derartigen nachtheiligen, einseitigen Gewohnheiten Folgen hervorgehen
können, die sich auf die ganze Lebenszeit erstrecken. Darin dürfte z. B.
die bekannte Beobachtung, dass bei den meisten Menschen die eine Körper-
hälfte für örtliche Uebel vorzugsweise empfänglich ist, in vielen Fällen ihre
Erklärung finden.

2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. SCHLAF.
möglich erhalten wird. Bei noch nicht falsch gewöhnten Kin-
dern gelingt dies leicht, wenn sie beim Einschlafen stets so
gelegt und nöthigenfalls während des Schlafes zuweilen wieder
richtig gewendet werden.

Die Rückenlage ist bezüglich der Gesundheitsrücksichten
unstreitig die vortheilhafteste Lage im Schlafe. Nur bei ein-
gewurzelter anderer Gewohnheit scheint sie weniger zuträg-
lich. Sie allein macht volle Gleichseitigkeit der Lage mög-
lich. Die ganze Körperlast ruht auf einer Fläche mit fester
knochiger Unterlage, wobei keines der inneren Organe durch
Druck, Säftestockung u. s. w. zu leiden hat,*) und keinerlei
einseitige Verbiegung des Knochengerüstes erfolgt. Ein Zu-
sammenkrümmen des Körpers ist dabei nicht möglich. Die
Rückenlage allein lässt ein freies und gleichseitiges Athmen
zu, da beide Brusthälften gleich freien Spielraum haben. Alle
diese Punkte sind gerade für die Ausbildung des noch in star-
kem Wachsthume begriffenen Körpers von vielseitiger Wich-
tigkeit.

Wenngleich Kinder in der Regel einen ruhigeren Schlaf
haben als Erwachsene, so ist doch auch bei ihnen ein unun-
terbrochenes Verharren in derselben Lage nicht immer zu er-
warten. Man braucht sich aber deshalb keine Sorge zu ma-
chen. Den Gesundheitszwecken ist schon Genüge geschehen,
sobald nur das Kind den grössten Theil der Schlafzeit in
der richtigen Lage zubringt. Ein ausnahmsweises leichtes Wen-
den nach der Seite kann man unbedenklich gestatten; nur
muss man darauf sein Augenmerk richten, dass bei diesen je-
weiligen Lageveränderungen keine Körperseite vor der ande-
ren bevorzugt wird, und, wenn nöthig, regulirend nachhelfen.
Achtet man darauf nicht, so bildet sich leicht eine einseitige

*) Bedenkt man, dass der Mensch in keiner anderen Situation so lange
Zeit zubringt, als in der schlafenden, so ist es wohl nicht zu bezweifeln,
dass aus derartigen nachtheiligen, einseitigen Gewohnheiten Folgen hervorgehen
können, die sich auf die ganze Lebenszeit erstrecken. Darin dürfte z. B.
die bekannte Beobachtung, dass bei den meisten Menschen die eine Körper-
hälfte für örtliche Uebel vorzugsweise empfänglich ist, in vielen Fällen ihre
Erklärung finden.
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[82/0086] 2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. SCHLAF. möglich erhalten wird. Bei noch nicht falsch gewöhnten Kin- dern gelingt dies leicht, wenn sie beim Einschlafen stets so gelegt und nöthigenfalls während des Schlafes zuweilen wieder richtig gewendet werden. Die Rückenlage ist bezüglich der Gesundheitsrücksichten unstreitig die vortheilhafteste Lage im Schlafe. Nur bei ein- gewurzelter anderer Gewohnheit scheint sie weniger zuträg- lich. Sie allein macht volle Gleichseitigkeit der Lage mög- lich. Die ganze Körperlast ruht auf einer Fläche mit fester knochiger Unterlage, wobei keines der inneren Organe durch Druck, Säftestockung u. s. w. zu leiden hat, *) und keinerlei einseitige Verbiegung des Knochengerüstes erfolgt. Ein Zu- sammenkrümmen des Körpers ist dabei nicht möglich. Die Rückenlage allein lässt ein freies und gleichseitiges Athmen zu, da beide Brusthälften gleich freien Spielraum haben. Alle diese Punkte sind gerade für die Ausbildung des noch in star- kem Wachsthume begriffenen Körpers von vielseitiger Wich- tigkeit. Wenngleich Kinder in der Regel einen ruhigeren Schlaf haben als Erwachsene, so ist doch auch bei ihnen ein unun- terbrochenes Verharren in derselben Lage nicht immer zu er- warten. Man braucht sich aber deshalb keine Sorge zu ma- chen. Den Gesundheitszwecken ist schon Genüge geschehen, sobald nur das Kind den grössten Theil der Schlafzeit in der richtigen Lage zubringt. Ein ausnahmsweises leichtes Wen- den nach der Seite kann man unbedenklich gestatten; nur muss man darauf sein Augenmerk richten, dass bei diesen je- weiligen Lageveränderungen keine Körperseite vor der ande- ren bevorzugt wird, und, wenn nöthig, regulirend nachhelfen. Achtet man darauf nicht, so bildet sich leicht eine einseitige *) Bedenkt man, dass der Mensch in keiner anderen Situation so lange Zeit zubringt, als in der schlafenden, so ist es wohl nicht zu bezweifeln, dass aus derartigen nachtheiligen, einseitigen Gewohnheiten Folgen hervorgehen können, die sich auf die ganze Lebenszeit erstrecken. Darin dürfte z. B. die bekannte Beobachtung, dass bei den meisten Menschen die eine Körper- hälfte für örtliche Uebel vorzugsweise empfänglich ist, in vielen Fällen ihre Erklärung finden.

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/86>, abgerufen am 27.11.2024.