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Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858.

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2.--7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEWEGUNG.
die Bewegung wesentlich erschwert, und dem Rücken und dem
Kopfe in der Dauer eine nachtheilige Erschütterung zugefügt
werden), und dass der Uebergang vom zweiten zum dritten
Momente weit schneller erfolgt, als bei der Gehbewegung.
Für das Laufen und Springen ist also die normale Stellung
und Haltung der Füsse diejenige, wobei die Körperlast nur
auf den vorderen Theil der Füsse und zwar auf diejenige
schräge Linie fällt, welche von den Ballen sämmtlicher Zehen
gebildet wird.

Alle Abweichungen von den hier angegebenen normalen
Fussstellungen sind nun nicht etwa blos Schönheitsfehler (wenn-
gleich schon als diese nicht unwichtig), sondern haben, nament-
lich im frühen kindlichen Alter, auch insofern recht ernste Be-
deutung, als daraus sehr leicht bleibende Bildungsfehler der
Fussgelenke und Fussknochen hervorgehen, und als sodann
dadurch auch eine grössere Disposition zu Verrenkungen der
Fussgelenke, sowie zur Entstehung von schmerzhaften Schwie-
len und Hühneraugen gegeben ist. Ausserdem wird dadurch,
wie bemerkt, auch indirekt eine schlaffe und unsichere Haltung
des ganzen Oberkörpers bedingt, mithin mancher secundäre
Nachtheil für den Wuchs und die Ausbildung des Körpers
veranlasst.

Höhere Grade fehlerhafter Fussstellungen sind allerdings
sofort für das Auge eines jeden Beobachters leicht erkennbar.
Nicht so die geringeren Grade derselben in ihren verschiede-
nen Abstufungen. Indess gibt es auch für diese ein untrüg-
liches Erkennungsmittel. Dies ist nämlich die Art und Weise,
wie sich die Sohlen des Schuhwerkes abnutzen.
Bei
normaler Fussstellung nutzen sich diese an allen Stellen, auf
welche der Druck der Körperlast fallen muss, nämlich: an der
Ferse, am äusseren und inneren Zehenballen und in der gan-
zen Breite zwischen beiden letzteren, ganz gleichmässig ab.
Wo also die Abnutzung an einer dieser Stellen eine ungleiche
ist, kann man sicher auf eine entsprechende fehlerhafte Fuss-
stellung schliessen.

Die bei weitem häufigste Art dieser Normwidrigkeiten ist
die Einwärtsstellung der Füsse, wobei der Druck der


2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEWEGUNG.
die Bewegung wesentlich erschwert, und dem Rücken und dem
Kopfe in der Dauer eine nachtheilige Erschütterung zugefügt
werden), und dass der Uebergang vom zweiten zum dritten
Momente weit schneller erfolgt, als bei der Gehbewegung.
Für das Laufen und Springen ist also die normale Stellung
und Haltung der Füsse diejenige, wobei die Körperlast nur
auf den vorderen Theil der Füsse und zwar auf diejenige
schräge Linie fällt, welche von den Ballen sämmtlicher Zehen
gebildet wird.

Alle Abweichungen von den hier angegebenen normalen
Fussstellungen sind nun nicht etwa blos Schönheitsfehler (wenn-
gleich schon als diese nicht unwichtig), sondern haben, nament-
lich im frühen kindlichen Alter, auch insofern recht ernste Be-
deutung, als daraus sehr leicht bleibende Bildungsfehler der
Fussgelenke und Fussknochen hervorgehen, und als sodann
dadurch auch eine grössere Disposition zu Verrenkungen der
Fussgelenke, sowie zur Entstehung von schmerzhaften Schwie-
len und Hühneraugen gegeben ist. Ausserdem wird dadurch,
wie bemerkt, auch indirekt eine schlaffe und unsichere Haltung
des ganzen Oberkörpers bedingt, mithin mancher secundäre
Nachtheil für den Wuchs und die Ausbildung des Körpers
veranlasst.

Höhere Grade fehlerhafter Fussstellungen sind allerdings
sofort für das Auge eines jeden Beobachters leicht erkennbar.
Nicht so die geringeren Grade derselben in ihren verschiede-
nen Abstufungen. Indess gibt es auch für diese ein untrüg-
liches Erkennungsmittel. Dies ist nämlich die Art und Weise,
wie sich die Sohlen des Schuhwerkes abnutzen.
Bei
normaler Fussstellung nutzen sich diese an allen Stellen, auf
welche der Druck der Körperlast fallen muss, nämlich: an der
Ferse, am äusseren und inneren Zehenballen und in der gan-
zen Breite zwischen beiden letzteren, ganz gleichmässig ab.
Wo also die Abnutzung an einer dieser Stellen eine ungleiche
ist, kann man sicher auf eine entsprechende fehlerhafte Fuss-
stellung schliessen.

Die bei weitem häufigste Art dieser Normwidrigkeiten ist
die Einwärtsstellung der Füsse, wobei der Druck der

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[87/0091] 2.—7. JAHR. KÖRPERLICHE SEITE. BEWEGUNG. die Bewegung wesentlich erschwert, und dem Rücken und dem Kopfe in der Dauer eine nachtheilige Erschütterung zugefügt werden), und dass der Uebergang vom zweiten zum dritten Momente weit schneller erfolgt, als bei der Gehbewegung. Für das Laufen und Springen ist also die normale Stellung und Haltung der Füsse diejenige, wobei die Körperlast nur auf den vorderen Theil der Füsse und zwar auf diejenige schräge Linie fällt, welche von den Ballen sämmtlicher Zehen gebildet wird. Alle Abweichungen von den hier angegebenen normalen Fussstellungen sind nun nicht etwa blos Schönheitsfehler (wenn- gleich schon als diese nicht unwichtig), sondern haben, nament- lich im frühen kindlichen Alter, auch insofern recht ernste Be- deutung, als daraus sehr leicht bleibende Bildungsfehler der Fussgelenke und Fussknochen hervorgehen, und als sodann dadurch auch eine grössere Disposition zu Verrenkungen der Fussgelenke, sowie zur Entstehung von schmerzhaften Schwie- len und Hühneraugen gegeben ist. Ausserdem wird dadurch, wie bemerkt, auch indirekt eine schlaffe und unsichere Haltung des ganzen Oberkörpers bedingt, mithin mancher secundäre Nachtheil für den Wuchs und die Ausbildung des Körpers veranlasst. Höhere Grade fehlerhafter Fussstellungen sind allerdings sofort für das Auge eines jeden Beobachters leicht erkennbar. Nicht so die geringeren Grade derselben in ihren verschiede- nen Abstufungen. Indess gibt es auch für diese ein untrüg- liches Erkennungsmittel. Dies ist nämlich die Art und Weise, wie sich die Sohlen des Schuhwerkes abnutzen. Bei normaler Fussstellung nutzen sich diese an allen Stellen, auf welche der Druck der Körperlast fallen muss, nämlich: an der Ferse, am äusseren und inneren Zehenballen und in der gan- zen Breite zwischen beiden letzteren, ganz gleichmässig ab. Wo also die Abnutzung an einer dieser Stellen eine ungleiche ist, kann man sicher auf eine entsprechende fehlerhafte Fuss- stellung schliessen. Die bei weitem häufigste Art dieser Normwidrigkeiten ist die Einwärtsstellung der Füsse, wobei der Druck der

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Zitationshilfe: Schreber, Daniel Gottlob Moritz: Kallipädie oder Erziehung zur Schönheit. Leipzig, 1858, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreber_kallipaedie_1858/91>, abgerufen am 27.11.2024.