Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schreiner, Olive (Übers. Helene Lobedan): Peter Halket im Mashonalande. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

"Werden Sie es anzeigen?"

"Was könnte das nützen?"

Sie lagen eine Stunde im Dunklen und hörten, wie die anderen draußen schwatzten.

"Glauben Sie, daß es einen Gott giebt?" fragte der Engländer plötzlich.

"Natürlich glaube ich an Gott!" versetzte der Hüne verwundert und erschrocken.

"Ich glaubte auch an ihn," sagte der Engländer. "Ich glaubte nicht an Ihren Gott, aber an etwas Größeres als was ich verstehen konnte, das sich in dieser Welt bewegte wie die Seele in dem Körper. Und ich glaubte, dieses Wesen waltete so, daß das Gesetz der Ursache und Wirkung, welches für die physische Welt gilt, auch in der moralischen Gültigkeit habe, so daß dasjenige, was wir Gerechtigkeit nennen, in der Welt regierte. Daran glaube ich nicht mehr. Im Mashonalande giebt es keinen Gott!"

"Ach, sagen Sie nicht so was," rief der Hüne ganz entsetzt. "Werden Sie nur nicht auch verrückt wie der arme Halket."

"Nein! aber hier ist kein Gott!" wiederholte der Engländer, drehte sich auf die Seite und schwieg; da schlief der Hüne nochmals ein.

Vor Morgengrauen hatten die Leute gepackt und waren marschbereit. Als es fünf Uhr war, fuhr einer der Wagen hinter dem andern her, die Mannschaft

„Werden Sie es anzeigen?“

„Was könnte das nützen?“

Sie lagen eine Stunde im Dunklen und hörten, wie die anderen draußen schwatzten.

„Glauben Sie, daß es einen Gott giebt?“ fragte der Engländer plötzlich.

„Natürlich glaube ich an Gott!“ versetzte der Hüne verwundert und erschrocken.

„Ich glaubte auch an ihn,“ sagte der Engländer. „Ich glaubte nicht an Ihren Gott, aber an etwas Größeres als was ich verstehen konnte, das sich in dieser Welt bewegte wie die Seele in dem Körper. Und ich glaubte, dieses Wesen waltete so, daß das Gesetz der Ursache und Wirkung, welches für die physische Welt gilt, auch in der moralischen Gültigkeit habe, so daß dasjenige, was wir Gerechtigkeit nennen, in der Welt regierte. Daran glaube ich nicht mehr. Im Mashonalande giebt es keinen Gott!“

„Ach, sagen Sie nicht so was,“ rief der Hüne ganz entsetzt. „Werden Sie nur nicht auch verrückt wie der arme Halket.“

„Nein! aber hier ist kein Gott!“ wiederholte der Engländer, drehte sich auf die Seite und schwieg; da schlief der Hüne nochmals ein.

Vor Morgengrauen hatten die Leute gepackt und waren marschbereit. Als es fünf Uhr war, fuhr einer der Wagen hinter dem andern her, die Mannschaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0118" n="118"/>
        <p>&#x201E;Werden Sie es anzeigen?&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Was könnte das nützen?&#x201C;</p>
        <p>Sie lagen eine Stunde im Dunklen und hörten, wie die anderen draußen schwatzten.</p>
        <p>&#x201E;Glauben Sie, daß es einen Gott giebt?&#x201C; fragte der Engländer plötzlich.</p>
        <p>&#x201E;Natürlich glaube ich an Gott!&#x201C; versetzte der Hüne verwundert und erschrocken.</p>
        <p>&#x201E;Ich glaubte auch an ihn,&#x201C; sagte der Engländer. &#x201E;Ich glaubte nicht an Ihren Gott, aber an etwas Größeres als was ich verstehen konnte, das sich in dieser Welt bewegte wie die Seele in dem Körper. Und ich glaubte, dieses Wesen waltete so, daß das Gesetz der Ursache und Wirkung, welches für die physische Welt gilt, auch in der moralischen Gültigkeit habe, so daß dasjenige, was wir Gerechtigkeit nennen, in der Welt regierte. Daran glaube ich nicht mehr. Im Mashonalande giebt es keinen Gott!&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Ach, sagen Sie nicht so was,&#x201C; rief der Hüne ganz entsetzt. &#x201E;Werden Sie nur nicht auch verrückt wie der arme Halket.&#x201C;</p>
        <p>&#x201E;Nein! aber hier ist kein Gott!&#x201C; wiederholte der Engländer, drehte sich auf die Seite und schwieg; da schlief der Hüne nochmals ein.</p>
        <p>Vor Morgengrauen hatten die Leute gepackt und waren marschbereit. Als es fünf Uhr war, fuhr einer der Wagen hinter dem andern her, die Mannschaft
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0118] „Werden Sie es anzeigen?“ „Was könnte das nützen?“ Sie lagen eine Stunde im Dunklen und hörten, wie die anderen draußen schwatzten. „Glauben Sie, daß es einen Gott giebt?“ fragte der Engländer plötzlich. „Natürlich glaube ich an Gott!“ versetzte der Hüne verwundert und erschrocken. „Ich glaubte auch an ihn,“ sagte der Engländer. „Ich glaubte nicht an Ihren Gott, aber an etwas Größeres als was ich verstehen konnte, das sich in dieser Welt bewegte wie die Seele in dem Körper. Und ich glaubte, dieses Wesen waltete so, daß das Gesetz der Ursache und Wirkung, welches für die physische Welt gilt, auch in der moralischen Gültigkeit habe, so daß dasjenige, was wir Gerechtigkeit nennen, in der Welt regierte. Daran glaube ich nicht mehr. Im Mashonalande giebt es keinen Gott!“ „Ach, sagen Sie nicht so was,“ rief der Hüne ganz entsetzt. „Werden Sie nur nicht auch verrückt wie der arme Halket.“ „Nein! aber hier ist kein Gott!“ wiederholte der Engländer, drehte sich auf die Seite und schwieg; da schlief der Hüne nochmals ein. Vor Morgengrauen hatten die Leute gepackt und waren marschbereit. Als es fünf Uhr war, fuhr einer der Wagen hinter dem andern her, die Mannschaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-21T10:10:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-21T10:10:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-21T10:10:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898/118
Zitationshilfe: Schreiner, Olive (Übers. Helene Lobedan): Peter Halket im Mashonalande. Berlin, 1898, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898/118>, abgerufen am 21.11.2024.