Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schreiner, Olive (Übers. Helene Lobedan): Peter Halket im Mashonalande. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

"Es war vor langer, langer Zeit," lautete die Antwort.

Peter warf mehr Holz auf das Feuer. "Wissen Sie," begann er, "seit Sie hier sind, habe ich mich immerzu gefragt, an wen Sie mich erinnerten? Nun ist's mir klar: an meine Mutter. Nicht, daß Sie ihr im Gesicht gleichen, aber wenn Ihre Augen mich so anblicken, ist es mir, als sähe sie mich an. Merkwürdig, nicht wahr? Ich habe Sie mein Lebtag nicht gesehen, Sie haben die ganze Zeit kaum ein Wort geredet und mir ist zu Mut, als hätte ich Sie mein ganzes Lebenlang gekannt." Peter rückte etwas näher an ihn heran. "Erst habe ich mich arg gefürchtet, als ich Sie herankommen hörte, selbst als ich Sie zuerst sah; denn Sie sind nicht so gekleidet wie Unsereiner. Aber als ich bei dem Feuerschein in Ihr Gesicht sehen konnte, da sagte ich mir gleich: ,Alles in Ordnung.' Merkwürdig, nicht wahr? Wie gesagt, ich habe Sie nie gesehen und doch, wenn Sie die Flinte nehmen und auf mich zielen wollten, würde ich mich nicht rühren. Ich würde meinen Kopf hier zu Ihren Füßen an die Erde legen und ruhig einschlafen; das ist doch sehr merkwürdig; da ich Sie gar nicht kenne? Mein Name ist Peter Halket. Wie heißen Sie denn?"

Der Fremde schürte im Feuer; die Flammen lohten so hoch auf, daß er dahinter vor Peters Blicken entschwand.

„Es war vor langer, langer Zeit,“ lautete die Antwort.

Peter warf mehr Holz auf das Feuer. „Wissen Sie,“ begann er, „seit Sie hier sind, habe ich mich immerzu gefragt, an wen Sie mich erinnerten? Nun ist’s mir klar: an meine Mutter. Nicht, daß Sie ihr im Gesicht gleichen, aber wenn Ihre Augen mich so anblicken, ist es mir, als sähe sie mich an. Merkwürdig, nicht wahr? Ich habe Sie mein Lebtag nicht gesehen, Sie haben die ganze Zeit kaum ein Wort geredet und mir ist zu Mut, als hätte ich Sie mein ganzes Lebenlang gekannt.“ Peter rückte etwas näher an ihn heran. „Erst habe ich mich arg gefürchtet, als ich Sie herankommen hörte, selbst als ich Sie zuerst sah; denn Sie sind nicht so gekleidet wie Unsereiner. Aber als ich bei dem Feuerschein in Ihr Gesicht sehen konnte, da sagte ich mir gleich: ‚Alles in Ordnung.‘ Merkwürdig, nicht wahr? Wie gesagt, ich habe Sie nie gesehen und doch, wenn Sie die Flinte nehmen und auf mich zielen wollten, würde ich mich nicht rühren. Ich würde meinen Kopf hier zu Ihren Füßen an die Erde legen und ruhig einschlafen; das ist doch sehr merkwürdig; da ich Sie gar nicht kenne? Mein Name ist Peter Halket. Wie heißen Sie denn?“

Der Fremde schürte im Feuer; die Flammen lohten so hoch auf, daß er dahinter vor Peters Blicken entschwand.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0033" n="33"/>
        <p>&#x201E;Es war vor langer, langer Zeit,&#x201C; lautete die Antwort.</p>
        <p>Peter warf mehr Holz auf das Feuer. &#x201E;Wissen Sie,&#x201C; begann er, &#x201E;seit Sie hier sind, habe ich mich immerzu gefragt, an wen Sie mich erinnerten? Nun ist&#x2019;s mir klar: an meine Mutter. Nicht, daß Sie ihr im Gesicht gleichen, aber wenn Ihre Augen mich so anblicken, ist es mir, als sähe sie mich an. Merkwürdig, nicht wahr? Ich habe Sie mein Lebtag nicht gesehen, Sie haben die ganze Zeit kaum ein Wort geredet und mir ist zu Mut, als hätte ich Sie mein ganzes Lebenlang gekannt.&#x201C; Peter rückte etwas näher an ihn heran. &#x201E;Erst habe ich mich arg gefürchtet, als ich Sie herankommen hörte, selbst als ich Sie zuerst sah; denn Sie sind nicht so gekleidet wie Unsereiner. Aber als ich bei dem Feuerschein in Ihr Gesicht sehen konnte, da sagte ich mir gleich: &#x201A;Alles in Ordnung.&#x2018; Merkwürdig, nicht wahr? Wie gesagt, ich habe Sie nie gesehen und doch, wenn Sie die Flinte nehmen und auf mich zielen wollten, würde ich mich nicht rühren. Ich würde meinen Kopf hier zu Ihren Füßen an die Erde legen und ruhig einschlafen; das ist doch sehr merkwürdig; da ich Sie gar nicht kenne? Mein Name ist Peter Halket. Wie heißen Sie denn?&#x201C;</p>
        <p>Der Fremde schürte im Feuer; die Flammen lohten so hoch auf, daß er dahinter vor Peters Blicken entschwand.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0033] „Es war vor langer, langer Zeit,“ lautete die Antwort. Peter warf mehr Holz auf das Feuer. „Wissen Sie,“ begann er, „seit Sie hier sind, habe ich mich immerzu gefragt, an wen Sie mich erinnerten? Nun ist’s mir klar: an meine Mutter. Nicht, daß Sie ihr im Gesicht gleichen, aber wenn Ihre Augen mich so anblicken, ist es mir, als sähe sie mich an. Merkwürdig, nicht wahr? Ich habe Sie mein Lebtag nicht gesehen, Sie haben die ganze Zeit kaum ein Wort geredet und mir ist zu Mut, als hätte ich Sie mein ganzes Lebenlang gekannt.“ Peter rückte etwas näher an ihn heran. „Erst habe ich mich arg gefürchtet, als ich Sie herankommen hörte, selbst als ich Sie zuerst sah; denn Sie sind nicht so gekleidet wie Unsereiner. Aber als ich bei dem Feuerschein in Ihr Gesicht sehen konnte, da sagte ich mir gleich: ‚Alles in Ordnung.‘ Merkwürdig, nicht wahr? Wie gesagt, ich habe Sie nie gesehen und doch, wenn Sie die Flinte nehmen und auf mich zielen wollten, würde ich mich nicht rühren. Ich würde meinen Kopf hier zu Ihren Füßen an die Erde legen und ruhig einschlafen; das ist doch sehr merkwürdig; da ich Sie gar nicht kenne? Mein Name ist Peter Halket. Wie heißen Sie denn?“ Der Fremde schürte im Feuer; die Flammen lohten so hoch auf, daß er dahinter vor Peters Blicken entschwand.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-21T10:10:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-21T10:10:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-21T10:10:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898/33
Zitationshilfe: Schreiner, Olive (Übers. Helene Lobedan): Peter Halket im Mashonalande. Berlin, 1898, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreiner_halket_1898/33>, abgerufen am 21.11.2024.