Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Wohnung gefragt worden; sie fürchte sehr, diese Herren führen nichts Gutes gegen sie im Schilde.

Das wäre leicht möglich, sagte ich lächelnd. Sein Sie ruhig, Gretchen! Das Alles hat wenig zu bedeuten. Ihre Sache bei der Polizei nehme ich auf mich. Sie sollen die Stadt nicht verlassen, wenn Sie nicht selbst wollen; dafür steh' ich Ihnen.

8.

Diesmal mußte Gretchen meinen Willen thun und tete-a-tete mit mir speisen. Sie war zu muthlos, um auf ihrem Verlangen, bei Brigitten bleiben zu dürfen, lange zu bestehen. Ich that, was ich vermochte, um sie aufzuheitern. Paul, der sich beim Aufwarten um uns geschäftig machte und so einen Theil von Gretchens Besorgnissen erfuhr, unterstützte mein Vorhaben aus allen Kräften. Er spottete gutmüthig über ihre Furchtsamkeit und machte sich besonders über die Herren von der Polizei lustig, die sich auf der Straße so angelegentlich um Gretchens Wohnung erkundigt hatten. Solcher Polizeispione, sagte er, haben wir zehn bis zwölf Tausend hier, deren Hauptgeschäft es ist, hübschen Mädchen auf allen Wegen und Stegen nachzuspüren. Ja, Mamsellchen, die machen Ihre Wohnung ausfindig, und wenn Sie in einem Winkel der schmutzigsten Vorstadt versteckt wäre. -- Gretchen wurde feuerroth; sie errieth, daß sie die Absicht der beiden Männer mißverstanden habe, und fing an,

Wohnung gefragt worden; sie fürchte sehr, diese Herren führen nichts Gutes gegen sie im Schilde.

Das wäre leicht möglich, sagte ich lächelnd. Sein Sie ruhig, Gretchen! Das Alles hat wenig zu bedeuten. Ihre Sache bei der Polizei nehme ich auf mich. Sie sollen die Stadt nicht verlassen, wenn Sie nicht selbst wollen; dafür steh' ich Ihnen.

8.

Diesmal mußte Gretchen meinen Willen thun und tête-à-tête mit mir speisen. Sie war zu muthlos, um auf ihrem Verlangen, bei Brigitten bleiben zu dürfen, lange zu bestehen. Ich that, was ich vermochte, um sie aufzuheitern. Paul, der sich beim Aufwarten um uns geschäftig machte und so einen Theil von Gretchens Besorgnissen erfuhr, unterstützte mein Vorhaben aus allen Kräften. Er spottete gutmüthig über ihre Furchtsamkeit und machte sich besonders über die Herren von der Polizei lustig, die sich auf der Straße so angelegentlich um Gretchens Wohnung erkundigt hatten. Solcher Polizeispione, sagte er, haben wir zehn bis zwölf Tausend hier, deren Hauptgeschäft es ist, hübschen Mädchen auf allen Wegen und Stegen nachzuspüren. Ja, Mamsellchen, die machen Ihre Wohnung ausfindig, und wenn Sie in einem Winkel der schmutzigsten Vorstadt versteckt wäre. — Gretchen wurde feuerroth; sie errieth, daß sie die Absicht der beiden Männer mißverstanden habe, und fing an,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="7">
        <p><pb facs="#f0035"/>
Wohnung gefragt worden; sie fürchte sehr, diese Herren                führen nichts Gutes gegen sie im Schilde.</p><lb/>
        <p>Das wäre leicht möglich, sagte ich lächelnd. Sein Sie ruhig, Gretchen! Das Alles hat                wenig zu bedeuten. Ihre Sache bei der Polizei nehme ich auf mich. Sie sollen die                Stadt nicht verlassen, wenn Sie nicht selbst wollen; dafür steh' ich Ihnen.</p><lb/>
      </div>
      <div type="chapter" n="8">
        <head>8.</head>
        <p>Diesmal mußte Gretchen meinen Willen thun und tête-à-tête mit mir speisen. Sie war zu                muthlos, um auf ihrem Verlangen, bei Brigitten bleiben zu dürfen, lange zu bestehen.                Ich that, was ich vermochte, um sie aufzuheitern. Paul, der sich beim Aufwarten um                uns geschäftig machte und so einen Theil von Gretchens Besorgnissen erfuhr,                unterstützte mein Vorhaben aus allen Kräften. Er spottete gutmüthig über ihre                Furchtsamkeit und machte sich besonders über die Herren von der Polizei lustig, die                sich auf der Straße so angelegentlich um Gretchens Wohnung erkundigt hatten. Solcher                Polizeispione, sagte er, haben wir zehn bis zwölf Tausend hier, deren Hauptgeschäft                es ist, hübschen Mädchen auf allen Wegen und Stegen nachzuspüren. Ja, Mamsellchen,                die machen Ihre Wohnung ausfindig, und wenn Sie in einem Winkel der schmutzigsten                Vorstadt versteckt wäre. &#x2014; Gretchen wurde feuerroth; sie errieth, daß sie die Absicht                der beiden Männer mißverstanden habe, und fing an,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0035] Wohnung gefragt worden; sie fürchte sehr, diese Herren führen nichts Gutes gegen sie im Schilde. Das wäre leicht möglich, sagte ich lächelnd. Sein Sie ruhig, Gretchen! Das Alles hat wenig zu bedeuten. Ihre Sache bei der Polizei nehme ich auf mich. Sie sollen die Stadt nicht verlassen, wenn Sie nicht selbst wollen; dafür steh' ich Ihnen. 8. Diesmal mußte Gretchen meinen Willen thun und tête-à-tête mit mir speisen. Sie war zu muthlos, um auf ihrem Verlangen, bei Brigitten bleiben zu dürfen, lange zu bestehen. Ich that, was ich vermochte, um sie aufzuheitern. Paul, der sich beim Aufwarten um uns geschäftig machte und so einen Theil von Gretchens Besorgnissen erfuhr, unterstützte mein Vorhaben aus allen Kräften. Er spottete gutmüthig über ihre Furchtsamkeit und machte sich besonders über die Herren von der Polizei lustig, die sich auf der Straße so angelegentlich um Gretchens Wohnung erkundigt hatten. Solcher Polizeispione, sagte er, haben wir zehn bis zwölf Tausend hier, deren Hauptgeschäft es ist, hübschen Mädchen auf allen Wegen und Stegen nachzuspüren. Ja, Mamsellchen, die machen Ihre Wohnung ausfindig, und wenn Sie in einem Winkel der schmutzigsten Vorstadt versteckt wäre. — Gretchen wurde feuerroth; sie errieth, daß sie die Absicht der beiden Männer mißverstanden habe, und fing an,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:30:04Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:30:04Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/35
Zitationshilfe: Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schreyvogel_liebesgeschichte_1910/35>, abgerufen am 21.11.2024.