Schreyvogel, Joseph: Samuel Brinks letzte Liebesgeschichte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–94. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Gretchen von diesem Morgen an trat, machten auch in meiner Tagesordnung und in meinem gewohnten Umgange mit dem lieben Kinde eine bedeutende Veränderung. Ich sah das fleißige Mädchen jetzt beinahe nur an dem gemeinschaftlichen Tische, wo ich mich außerdem, meines jungen Vetters wegen, nicht so frei wie bisher mit ihr unterhalten konnte. Gretchens Betragen gegen Max war natürlich und offen, so auch das seinige gegen sie; eine besondere Theilnahme, wie man zwischen zwei so jungen und ausgezeichnet hübschen Personen oft schnell genug entstehen sieht, konnte ich nicht wahrnehmen. Gretchen schien bloß für ihr neues Geschäft Sinn und Aufmerksamkeit zu haben, und Max hatte mir so viel zu berichten, zu zeigen und zu erklären, daß auch ihm keine Zeit für seine schöne Hausgenossin übrig blieb. Es war viel Bewegung, aber fürs Erste noch keine recht gesellige Zusammenstimmung unter uns. Ich brachte den größten Theil des Tages damit zu, in Maxens Begleitung meine ziemlich weitläufigen Grundstücke in Augenschein zu nehmen, die sich wirklich in einem trefflichen Zustande befanden. Nachmittags ritten wir in den Wald, auf welchen Max sein Hauptaugenmerk bei seinem Wirthschaftsplane gerichtet hatte. Auf dem Wege dahin gesellte sich der landesfürstliche Oberförster zu uns, ein würdiger Mann, den ich schon früher kennen gelernt hatte. Mit Vergnügen bemerkte ich, wie freundschaftlich und achtungsvoll der wackre Mann meinen Vetter behandelte. Er sprach mit Beifall von den Ein- Gretchen von diesem Morgen an trat, machten auch in meiner Tagesordnung und in meinem gewohnten Umgange mit dem lieben Kinde eine bedeutende Veränderung. Ich sah das fleißige Mädchen jetzt beinahe nur an dem gemeinschaftlichen Tische, wo ich mich außerdem, meines jungen Vetters wegen, nicht so frei wie bisher mit ihr unterhalten konnte. Gretchens Betragen gegen Max war natürlich und offen, so auch das seinige gegen sie; eine besondere Theilnahme, wie man zwischen zwei so jungen und ausgezeichnet hübschen Personen oft schnell genug entstehen sieht, konnte ich nicht wahrnehmen. Gretchen schien bloß für ihr neues Geschäft Sinn und Aufmerksamkeit zu haben, und Max hatte mir so viel zu berichten, zu zeigen und zu erklären, daß auch ihm keine Zeit für seine schöne Hausgenossin übrig blieb. Es war viel Bewegung, aber fürs Erste noch keine recht gesellige Zusammenstimmung unter uns. Ich brachte den größten Theil des Tages damit zu, in Maxens Begleitung meine ziemlich weitläufigen Grundstücke in Augenschein zu nehmen, die sich wirklich in einem trefflichen Zustande befanden. Nachmittags ritten wir in den Wald, auf welchen Max sein Hauptaugenmerk bei seinem Wirthschaftsplane gerichtet hatte. Auf dem Wege dahin gesellte sich der landesfürstliche Oberförster zu uns, ein würdiger Mann, den ich schon früher kennen gelernt hatte. Mit Vergnügen bemerkte ich, wie freundschaftlich und achtungsvoll der wackre Mann meinen Vetter behandelte. Er sprach mit Beifall von den Ein- <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="13"> <p><pb facs="#f0063"/> Gretchen von diesem Morgen an trat, machten auch in meiner Tagesordnung und in meinem gewohnten Umgange mit dem lieben Kinde eine bedeutende Veränderung. Ich sah das fleißige Mädchen jetzt beinahe nur an dem gemeinschaftlichen Tische, wo ich mich außerdem, meines jungen Vetters wegen, nicht so frei wie bisher mit ihr unterhalten konnte. Gretchens Betragen gegen Max war natürlich und offen, so auch das seinige gegen sie; eine besondere Theilnahme, wie man zwischen zwei so jungen und ausgezeichnet hübschen Personen oft schnell genug entstehen sieht, konnte ich nicht wahrnehmen. Gretchen schien bloß für ihr neues Geschäft Sinn und Aufmerksamkeit zu haben, und Max hatte mir so viel zu berichten, zu zeigen und zu erklären, daß auch ihm keine Zeit für seine schöne Hausgenossin übrig blieb. Es war viel Bewegung, aber fürs Erste noch keine recht gesellige Zusammenstimmung unter uns.</p><lb/> <p>Ich brachte den größten Theil des Tages damit zu, in Maxens Begleitung meine ziemlich weitläufigen Grundstücke in Augenschein zu nehmen, die sich wirklich in einem trefflichen Zustande befanden. Nachmittags ritten wir in den Wald, auf welchen Max sein Hauptaugenmerk bei seinem Wirthschaftsplane gerichtet hatte. Auf dem Wege dahin gesellte sich der landesfürstliche Oberförster zu uns, ein würdiger Mann, den ich schon früher kennen gelernt hatte. Mit Vergnügen bemerkte ich, wie freundschaftlich und achtungsvoll der wackre Mann meinen Vetter behandelte. Er sprach mit Beifall von den Ein-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0063]
Gretchen von diesem Morgen an trat, machten auch in meiner Tagesordnung und in meinem gewohnten Umgange mit dem lieben Kinde eine bedeutende Veränderung. Ich sah das fleißige Mädchen jetzt beinahe nur an dem gemeinschaftlichen Tische, wo ich mich außerdem, meines jungen Vetters wegen, nicht so frei wie bisher mit ihr unterhalten konnte. Gretchens Betragen gegen Max war natürlich und offen, so auch das seinige gegen sie; eine besondere Theilnahme, wie man zwischen zwei so jungen und ausgezeichnet hübschen Personen oft schnell genug entstehen sieht, konnte ich nicht wahrnehmen. Gretchen schien bloß für ihr neues Geschäft Sinn und Aufmerksamkeit zu haben, und Max hatte mir so viel zu berichten, zu zeigen und zu erklären, daß auch ihm keine Zeit für seine schöne Hausgenossin übrig blieb. Es war viel Bewegung, aber fürs Erste noch keine recht gesellige Zusammenstimmung unter uns.
Ich brachte den größten Theil des Tages damit zu, in Maxens Begleitung meine ziemlich weitläufigen Grundstücke in Augenschein zu nehmen, die sich wirklich in einem trefflichen Zustande befanden. Nachmittags ritten wir in den Wald, auf welchen Max sein Hauptaugenmerk bei seinem Wirthschaftsplane gerichtet hatte. Auf dem Wege dahin gesellte sich der landesfürstliche Oberförster zu uns, ein würdiger Mann, den ich schon früher kennen gelernt hatte. Mit Vergnügen bemerkte ich, wie freundschaftlich und achtungsvoll der wackre Mann meinen Vetter behandelte. Er sprach mit Beifall von den Ein-
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