Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 8. Interpretation für Klassen.
bei Tische gehalten, eine "Tischrede", soll jedenfalls nicht dasjenige
bedeuten, "was zugleich ein Tisch und eine Rede ist" -- und Ähn-
liches mehr.

b) Wohl am häufigsten wird der eine Faktor eines identischen
Produktes durch ein Substantiv, der andre, oder die übrigen, in Form
von Adjektiven ausgedrückt.

Schon S. 152 wurde ausgeführt, dass wir die Beiwörter ganz ebenso
wie die Hauptwörter als Klassen auffassen, z. B. mit
"a = schwarz" (= schwarzes Ding = etwas Schwarzes)
kurz ausdrücken, dass a die Klasse derjenigen Dinge bezeichnen solle,
denen das Epitheton "schwarz" zukommt, die wir etwa "schwarze"
nennen würden. Bedeutet nun in diesem Sinne a = "schwarz", b =
"Pferd", so wird a b = "schwarzes Pferd" die Klasse der Rappen be-
zeichnen.

Bedeutet d = "jung" und c = "normannisch", so ist d c a b = "jun-
ges normannisches schwarzes Pferd" ein gewisser Teil jener Klasse. Etc.

b') Umgekehrt auch liefern ein Hauptwort mit seinen Beiwörtern,
wenn sämtlich als Klassen mit Buchstaben bezeichnet, allemal die Faktoren
zu einem identischen Produkte.

Allerdings kann man nicht sagen, dass jedes Adjektiv einen Faktor
vorstelle, sondern es steht dieser Verwendung der Adjektiva im Sinne
solcher Faktoren bereits gegenüber deren (schon S. 152 von uns ab-
gehandelte) Verwendung als Prädikat (vergl. "Dieses Pferd ist schwarz").
Und auch wenn ein Beiwort attributivisch mit einem Hauptwort ver-
bunden ist, zeigt sich, dass manchmal noch eine "prädikative" Deu-
tung desselben nebenher läuft, die wir unter e) zu besprechen haben
werden. Von dieser Nebenbedeutung abgesehen hat aber in ihrer
attributiven Verwendung die "Adjektiv" genannte Wortart die aus-
schliessliche Mission den Zwecken der identischen Multiplikation zu
dienen.

Da vor, dort hinter das von ihm regirte Substantiv gestellt gibt
das Adjektiv in manchen Sprachen durch seine nach Numerus und
Kasus mit ihm übereinstimmende Beugung, Flexion seine Zusammen-
gehörigkeit mit dem Substantive zu erkennen, in allen Sprachen aber
wenigstens durch seine (mit eventuell noch seinesgleichen) demselben
benachbarte Stellung.

g) Immer steht zur Übersetzung des identischen Produktes in die
Wortsprache ein Relativsatz zur Verfügung
, eingeleitet, konstruirt mit
dem beziehenden Fürwort, Relativpronomen "welcher, welche, welches"

§ 8. Interpretation für Klassen.
bei Tische gehalten, eine „Tischrede“, soll jedenfalls nicht dasjenige
bedeuten, „was zugleich ein Tisch und eine Rede ist“ — und Ähn-
liches mehr.

β) Wohl am häufigsten wird der eine Faktor eines identischen
Produktes durch ein Substantiv, der andre, oder die übrigen, in Form
von Adjektiven ausgedrückt.

Schon S. 152 wurde ausgeführt, dass wir die Beiwörter ganz ebenso
wie die Hauptwörter als Klassen auffassen, z. B. mit
a = schwarz“ (= schwarzes Ding = etwas Schwarzes)
kurz ausdrücken, dass a die Klasse derjenigen Dinge bezeichnen solle,
denen das Epitheton „schwarz“ zukommt, die wir etwa „schwarze“
nennen würden. Bedeutet nun in diesem Sinne a = „schwarz“, b =
„Pferd“, so wird a b = „schwarzes Pferd“ die Klasse der Rappen be-
zeichnen.

Bedeutet d = „jung“ und c = „normannisch“, so ist d c a b = „jun-
ges normannisches schwarzes Pferd“ ein gewisser Teil jener Klasse. Etc.

β') Umgekehrt auch liefern ein Hauptwort mit seinen Beiwörtern,
wenn sämtlich als Klassen mit Buchstaben bezeichnet, allemal die Faktoren
zu einem identischen Produkte.

Allerdings kann man nicht sagen, dass jedes Adjektiv einen Faktor
vorstelle, sondern es steht dieser Verwendung der Adjektiva im Sinne
solcher Faktoren bereits gegenüber deren (schon S. 152 von uns ab-
gehandelte) Verwendung als Prädikat (vergl. „Dieses Pferd ist schwarz“).
Und auch wenn ein Beiwort attributivisch mit einem Hauptwort ver-
bunden ist, zeigt sich, dass manchmal noch eine „prädikative“ Deu-
tung desselben nebenher läuft, die wir unter ε) zu besprechen haben
werden. Von dieser Nebenbedeutung abgesehen hat aber in ihrer
attributiven Verwendung die „Adjektiv“ genannte Wortart die aus-
schliessliche Mission den Zwecken der identischen Multiplikation zu
dienen.

Da vor, dort hinter das von ihm regirte Substantiv gestellt gibt
das Adjektiv in manchen Sprachen durch seine nach Numerus und
Kasus mit ihm übereinstimmende Beugung, Flexion seine Zusammen-
gehörigkeit mit dem Substantive zu erkennen, in allen Sprachen aber
wenigstens durch seine (mit eventuell noch seinesgleichen) demselben
benachbarte Stellung.

γ) Immer steht zur Übersetzung des identischen Produktes in die
Wortsprache ein Relativsatz zur Verfügung
, eingeleitet, konstruirt mit
dem beziehenden Fürwort, Relativpronomen „welcher, welche, welches“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0239" n="219"/><fw place="top" type="header">§ 8. Interpretation für Klassen.</fw><lb/>
bei Tische gehalten, eine &#x201E;Tischrede&#x201C;, soll jedenfalls nicht dasjenige<lb/>
bedeuten, &#x201E;was zugleich ein Tisch und eine Rede ist&#x201C; &#x2014; und Ähn-<lb/>
liches mehr.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>) Wohl am häufigsten wird der eine Faktor eines identischen<lb/>
Produktes durch ein Substantiv, der andre, oder die übrigen, in Form<lb/>
von <hi rendition="#i">Adjektiven</hi> ausgedrückt.</p><lb/>
          <p>Schon S. 152 wurde ausgeführt, dass wir die Beiwörter ganz ebenso<lb/>
wie die Hauptwörter als Klassen auffassen, z. B. mit<lb/><hi rendition="#c">&#x201E;<hi rendition="#i">a</hi> = schwarz&#x201C; (= schwarzes Ding = etwas Schwarzes)</hi><lb/>
kurz ausdrücken, dass <hi rendition="#i">a</hi> die Klasse derjenigen Dinge bezeichnen solle,<lb/>
denen das Epitheton &#x201E;schwarz&#x201C; zukommt, die wir etwa &#x201E;schwarze&#x201C;<lb/>
nennen würden. Bedeutet nun in diesem Sinne <hi rendition="#i">a</hi> = &#x201E;schwarz&#x201C;, <hi rendition="#i">b</hi> =<lb/>
&#x201E;Pferd&#x201C;, so wird <hi rendition="#i">a b</hi> = &#x201E;schwarzes Pferd&#x201C; die Klasse der Rappen be-<lb/>
zeichnen.</p><lb/>
          <p>Bedeutet <hi rendition="#i">d</hi> = &#x201E;jung&#x201C; und <hi rendition="#i">c</hi> = &#x201E;normannisch&#x201C;, so ist <hi rendition="#i">d c a b</hi> = &#x201E;jun-<lb/>
ges normannisches schwarzes Pferd&#x201C; ein gewisser Teil jener Klasse. Etc.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">&#x03B2;</hi>') <hi rendition="#i">Umgekehrt auch liefern ein Hauptwort mit seinen Beiwörtern,<lb/>
wenn sämtlich als Klassen mit Buchstaben bezeichnet, allemal die Faktoren<lb/>
zu einem identischen Produkte.</hi></p><lb/>
          <p>Allerdings kann man nicht sagen, dass jedes Adjektiv einen Faktor<lb/>
vorstelle, sondern es steht dieser Verwendung der Adjektiva im Sinne<lb/>
solcher Faktoren bereits gegenüber deren (schon S. 152 von uns ab-<lb/>
gehandelte) Verwendung <hi rendition="#i">als Prädikat</hi> (vergl. &#x201E;Dieses Pferd ist schwarz&#x201C;).<lb/>
Und auch wenn ein Beiwort attributivisch mit einem Hauptwort ver-<lb/>
bunden ist, zeigt sich, dass manchmal noch eine &#x201E;prädikative&#x201C; Deu-<lb/>
tung desselben nebenher läuft, die wir unter <hi rendition="#i">&#x03B5;</hi>) zu besprechen haben<lb/>
werden. Von dieser Nebenbedeutung abgesehen hat aber in ihrer<lb/>
attributiven Verwendung die &#x201E;Adjektiv&#x201C; genannte Wortart die aus-<lb/>
schliessliche Mission den Zwecken der identischen Multiplikation zu<lb/>
dienen.</p><lb/>
          <p>Da vor, dort hinter das von ihm regirte Substantiv gestellt gibt<lb/>
das Adjektiv in manchen Sprachen durch seine nach Numerus und<lb/>
Kasus mit ihm übereinstimmende Beugung, Flexion seine Zusammen-<lb/>
gehörigkeit mit dem Substantive zu erkennen, in allen Sprachen aber<lb/>
wenigstens durch seine (mit eventuell noch seinesgleichen) demselben<lb/>
benachbarte Stellung.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">&#x03B3;</hi>) <hi rendition="#i">Immer steht zur Übersetzung des identischen Produktes in die<lb/>
Wortsprache ein Relativsatz zur Verfügung</hi>, eingeleitet, konstruirt mit<lb/>
dem beziehenden Fürwort, Relativpronomen &#x201E;welcher, welche, welches&#x201C;<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0239] § 8. Interpretation für Klassen. bei Tische gehalten, eine „Tischrede“, soll jedenfalls nicht dasjenige bedeuten, „was zugleich ein Tisch und eine Rede ist“ — und Ähn- liches mehr. β) Wohl am häufigsten wird der eine Faktor eines identischen Produktes durch ein Substantiv, der andre, oder die übrigen, in Form von Adjektiven ausgedrückt. Schon S. 152 wurde ausgeführt, dass wir die Beiwörter ganz ebenso wie die Hauptwörter als Klassen auffassen, z. B. mit „a = schwarz“ (= schwarzes Ding = etwas Schwarzes) kurz ausdrücken, dass a die Klasse derjenigen Dinge bezeichnen solle, denen das Epitheton „schwarz“ zukommt, die wir etwa „schwarze“ nennen würden. Bedeutet nun in diesem Sinne a = „schwarz“, b = „Pferd“, so wird a b = „schwarzes Pferd“ die Klasse der Rappen be- zeichnen. Bedeutet d = „jung“ und c = „normannisch“, so ist d c a b = „jun- ges normannisches schwarzes Pferd“ ein gewisser Teil jener Klasse. Etc. β') Umgekehrt auch liefern ein Hauptwort mit seinen Beiwörtern, wenn sämtlich als Klassen mit Buchstaben bezeichnet, allemal die Faktoren zu einem identischen Produkte. Allerdings kann man nicht sagen, dass jedes Adjektiv einen Faktor vorstelle, sondern es steht dieser Verwendung der Adjektiva im Sinne solcher Faktoren bereits gegenüber deren (schon S. 152 von uns ab- gehandelte) Verwendung als Prädikat (vergl. „Dieses Pferd ist schwarz“). Und auch wenn ein Beiwort attributivisch mit einem Hauptwort ver- bunden ist, zeigt sich, dass manchmal noch eine „prädikative“ Deu- tung desselben nebenher läuft, die wir unter ε) zu besprechen haben werden. Von dieser Nebenbedeutung abgesehen hat aber in ihrer attributiven Verwendung die „Adjektiv“ genannte Wortart die aus- schliessliche Mission den Zwecken der identischen Multiplikation zu dienen. Da vor, dort hinter das von ihm regirte Substantiv gestellt gibt das Adjektiv in manchen Sprachen durch seine nach Numerus und Kasus mit ihm übereinstimmende Beugung, Flexion seine Zusammen- gehörigkeit mit dem Substantive zu erkennen, in allen Sprachen aber wenigstens durch seine (mit eventuell noch seinesgleichen) demselben benachbarte Stellung. γ) Immer steht zur Übersetzung des identischen Produktes in die Wortsprache ein Relativsatz zur Verfügung, eingeleitet, konstruirt mit dem beziehenden Fürwort, Relativpronomen „welcher, welche, welches“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/239
Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/239>, abgerufen am 27.11.2024.