Eigenschaften gleichzeitig oder nur einzeln dem regirenden Substantiv (oder Verbum) zugeschrieben werden: im erstern Fall wird a b, im letztern a + b die richtige Übersetzung sein.
Wir haben es in der Wortsprache, wie man sieht, fast immer nur mit Regeln zu thun, welche auch Ausnahmen zulassen. Erst im Kalkul werden wir Gesetze haben, bei denen Ausnahmen nicht vorkommen.
Im logischen Interesse haben wir vorstehend den Begriff der "Appo- sition" etwas weiter gefasst, als es in der Grammatik üblich ist, wo der- selben zugemutet zu werden pflegt, dass sie -- wie bei "Dionysius, der Tyrann von Syrakus", "Polykrates, Herrscher von Samos", etc. -- in der Form von Substantiven auftrete.
o) Wir lernten für identische Produkte und Summen verschiedene Weisen der Übertragung in die Wortsprache kennen.
Die Operationszeichen · und + dürfen aber als mal und plus nur gelesen werden, wenn die Klassen, welche sie verknüpfen, durch Buch- staben dargestellt sind: Es soll hier nicht dafür plädirt werden, dass man sage: "schwarz mal Pferd gleich Rappe" oder "Pferd mal weiss gleich Schimmel"!
Wird das Malzeichen gar nicht gesprochen, so werden die Sätze wieder legitim, und machen -- im Deutschen -- wegen mangelnder Flexion des Eigen- schaftswortes und eventuell dessen hier nicht üblicher Hintansetzung hinter das Hauptwort, nur den Eindruck, von einem Kinde oder etwa einem Böhmaken, einem auf tiefer Kulturstufe stehenden, oder der deutschen Sprache nicht recht mächtigen Ausländer, halbwilden Eingebornen, etc. herzurühren: "Schwarz(es) Pferd (black horse) ist (=) Rappe" "Pferd weiss(es) (cheval blanc) = Schimmel" -- -- im übrigen vollkommen entsprechend der Schreibung: a b = c.
Desgleichen soll nicht "Herren plus Damen" für "Herren und Damen" gesagt werden. Etc.
p) Als Exempel zu Th. 6) führen wir an: a b
[Formel 1]
"Gebildete Adelige sind gebildet". "Besitzende Adelige sind adelig (Adelige)." "Schwarze Pferde sind schwarz" [oder "Rappen sind schwarz"; "sie sind auch Pferde", etc.].
Hier gibt es nun sowol schwarze als auch nicht schwarze Pferde. Man beachte in dieser Hinsicht den Gegensatz des Beispiels zu den beiden folgenden: "Der weisse Schnee ist weiss", "Alle runden Quadrate sind rund" -- welche indess ebenso berechtigt sind, das Th. 6x) zu exemplifiziren.
§ 8. Interpretation für Klassen.
Eigenschaften gleichzeitig oder nur einzeln dem regirenden Substantiv (oder Verbum) zugeschrieben werden: im erstern Fall wird a b, im letztern a + b die richtige Übersetzung sein.
Wir haben es in der Wortsprache, wie man sieht, fast immer nur mit Regeln zu thun, welche auch Ausnahmen zulassen. Erst im Kalkul werden wir Gesetze haben, bei denen Ausnahmen nicht vorkommen.
Im logischen Interesse haben wir vorstehend den Begriff der „Appo- sition“ etwas weiter gefasst, als es in der Grammatik üblich ist, wo der- selben zugemutet zu werden pflegt, dass sie — wie bei „Dionysius, der Tyrann von Syrakus“, „Polykrates, Herrscher von Samos“, etc. — in der Form von Substantiven auftrete.
ο) Wir lernten für identische Produkte und Summen verschiedene Weisen der Übertragung in die Wortsprache kennen.
Die Operationszeichen · und + dürfen aber als mal und plus nur gelesen werden, wenn die Klassen, welche sie verknüpfen, durch Buch- staben dargestellt sind: Es soll hier nicht dafür plädirt werden, dass man sage: „schwarz mal Pferd gleich Rappe“ oder „Pferd mal weiss gleich Schimmel“!
Wird das Malzeichen gar nicht gesprochen, so werden die Sätze wieder legitim, und machen — im Deutschen — wegen mangelnder Flexion des Eigen- schaftswortes und eventuell dessen hier nicht üblicher Hintansetzung hinter das Hauptwort, nur den Eindruck, von einem Kinde oder etwa einem Böhmaken, einem auf tiefer Kulturstufe stehenden, oder der deutschen Sprache nicht recht mächtigen Ausländer, halbwilden Eingebornen, etc. herzurühren: „Schwarz(es) Pferd (black horse) ist (=) Rappe“ „Pferd weiss(es) (cheval blanc) = Schimmel“ — — im übrigen vollkommen entsprechend der Schreibung: a b = c.
Desgleichen soll nicht „Herren plus Damen“ für „Herren und Damen“ gesagt werden. Etc.
π) Als Exempel zu Th. 6) führen wir an: a b ⋹
[Formel 1]
„Gebildete Adelige sind gebildet“. „Besitzende Adelige sind adelig (Adelige).“ „Schwarze Pferde sind schwarz“ [oder „Rappen sind schwarz“; „sie sind auch Pferde“, etc.].
Hier gibt es nun sowol schwarze als auch nicht schwarze Pferde. Man beachte in dieser Hinsicht den Gegensatz des Beispiels zu den beiden folgenden: „Der weisse Schnee ist weiss“, „Alle runden Quadrate sind rund“ — welche indess ebenso berechtigt sind, das Th. 6×) zu exemplifiziren.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0255"n="235"/><fwplace="top"type="header">§ 8. Interpretation für Klassen.</fw><lb/>
Eigenschaften gleichzeitig oder nur einzeln dem regirenden Substantiv<lb/>
(oder Verbum) zugeschrieben werden: im erstern Fall wird <hirendition="#i">a b</hi>, im<lb/>
letztern <hirendition="#i">a</hi> + <hirendition="#i">b</hi> die richtige Übersetzung sein.</p><lb/><p>Wir haben es in der Wortsprache, wie man sieht, fast immer nur<lb/>
mit <hirendition="#i">Regeln</hi> zu thun, welche auch Ausnahmen zulassen. Erst im Kalkul<lb/>
werden wir <hirendition="#i">Gesetze</hi> haben, bei denen Ausnahmen nicht vorkommen.</p><lb/><p>Im logischen Interesse haben wir vorstehend den Begriff der „Appo-<lb/>
sition“ etwas weiter gefasst, als es in der Grammatik üblich ist, wo der-<lb/>
selben zugemutet zu werden pflegt, dass sie — wie bei „Dionysius, der<lb/>
Tyrann von Syrakus“, „Polykrates, Herrscher von Samos“, etc. — in der<lb/>
Form von Substantiven auftrete.</p><lb/><p><hirendition="#i">ο</hi>) Wir lernten für identische Produkte und Summen verschiedene<lb/>
Weisen der Übertragung in die Wortsprache kennen.</p><lb/><p>Die Operationszeichen · und + dürfen aber als <hirendition="#i">mal</hi> und <hirendition="#i">plus</hi> nur<lb/>
gelesen werden, wenn die Klassen, welche sie verknüpfen, durch Buch-<lb/>
staben dargestellt sind: Es soll hier nicht dafür plädirt werden, dass<lb/>
man sage: „schwarz mal Pferd gleich Rappe“ oder „Pferd mal weiss<lb/>
gleich Schimmel“!</p><lb/><p>Wird das Malzeichen gar nicht gesprochen, so werden die Sätze wieder<lb/>
legitim, und machen —<hirendition="#i">im Deutschen</hi>— wegen mangelnder Flexion des Eigen-<lb/>
schaftswortes und eventuell dessen hier nicht üblicher Hintansetzung hinter das<lb/>
Hauptwort, nur den Eindruck, von einem Kinde oder etwa einem Böhmaken,<lb/>
einem auf tiefer Kulturstufe stehenden, oder der deutschen Sprache nicht<lb/>
recht mächtigen Ausländer, halbwilden Eingebornen, etc. herzurühren:<lb/><hirendition="#et">„Schwarz(es) Pferd (black horse) ist (=) Rappe“<lb/>„Pferd weiss(es) (cheval blanc) = Schimmel“—</hi><lb/>— im übrigen vollkommen entsprechend der Schreibung: <hirendition="#i">a b</hi> = <hirendition="#i">c</hi>.</p><lb/><p>Desgleichen soll nicht „Herren plus Damen“ für „Herren und<lb/>
Damen“ gesagt werden. Etc.</p><lb/><p><hirendition="#i">π</hi>) Als Exempel zu Th. 6) führen wir an:<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#i">a b</hi>⋹<formula/>„Gebildete Adelige sind gebildet“.<lb/>„Besitzende Adelige sind adelig (Adelige).“<lb/>„<hirendition="#i">Schwarze Pferde sind schwarz</hi>“ [oder „Rappen sind schwarz“; „sie<lb/>
sind auch Pferde“, etc.].</hi></p><lb/><p>Hier gibt es nun sowol schwarze als auch nicht schwarze Pferde.<lb/>
Man beachte in dieser Hinsicht den Gegensatz des Beispiels zu den<lb/>
beiden folgenden:<lb/><hirendition="#et">„<hirendition="#i">Der weisse Schnee ist weiss</hi>“,<lb/>„<hirendition="#i">Alle runden Quadrate sind rund</hi>“—</hi><lb/>
welche indess ebenso berechtigt sind, das Th. 6<hirendition="#sub">×</hi>) zu exemplifiziren.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[235/0255]
§ 8. Interpretation für Klassen.
Eigenschaften gleichzeitig oder nur einzeln dem regirenden Substantiv
(oder Verbum) zugeschrieben werden: im erstern Fall wird a b, im
letztern a + b die richtige Übersetzung sein.
Wir haben es in der Wortsprache, wie man sieht, fast immer nur
mit Regeln zu thun, welche auch Ausnahmen zulassen. Erst im Kalkul
werden wir Gesetze haben, bei denen Ausnahmen nicht vorkommen.
Im logischen Interesse haben wir vorstehend den Begriff der „Appo-
sition“ etwas weiter gefasst, als es in der Grammatik üblich ist, wo der-
selben zugemutet zu werden pflegt, dass sie — wie bei „Dionysius, der
Tyrann von Syrakus“, „Polykrates, Herrscher von Samos“, etc. — in der
Form von Substantiven auftrete.
ο) Wir lernten für identische Produkte und Summen verschiedene
Weisen der Übertragung in die Wortsprache kennen.
Die Operationszeichen · und + dürfen aber als mal und plus nur
gelesen werden, wenn die Klassen, welche sie verknüpfen, durch Buch-
staben dargestellt sind: Es soll hier nicht dafür plädirt werden, dass
man sage: „schwarz mal Pferd gleich Rappe“ oder „Pferd mal weiss
gleich Schimmel“!
Wird das Malzeichen gar nicht gesprochen, so werden die Sätze wieder
legitim, und machen — im Deutschen — wegen mangelnder Flexion des Eigen-
schaftswortes und eventuell dessen hier nicht üblicher Hintansetzung hinter das
Hauptwort, nur den Eindruck, von einem Kinde oder etwa einem Böhmaken,
einem auf tiefer Kulturstufe stehenden, oder der deutschen Sprache nicht
recht mächtigen Ausländer, halbwilden Eingebornen, etc. herzurühren:
„Schwarz(es) Pferd (black horse) ist (=) Rappe“
„Pferd weiss(es) (cheval blanc) = Schimmel“ —
— im übrigen vollkommen entsprechend der Schreibung: a b = c.
Desgleichen soll nicht „Herren plus Damen“ für „Herren und
Damen“ gesagt werden. Etc.
π) Als Exempel zu Th. 6) führen wir an:
a b ⋹ [FORMEL] „Gebildete Adelige sind gebildet“.
„Besitzende Adelige sind adelig (Adelige).“
„Schwarze Pferde sind schwarz“ [oder „Rappen sind schwarz“; „sie
sind auch Pferde“, etc.].
Hier gibt es nun sowol schwarze als auch nicht schwarze Pferde.
Man beachte in dieser Hinsicht den Gegensatz des Beispiels zu den
beiden folgenden:
„Der weisse Schnee ist weiss“,
„Alle runden Quadrate sind rund“ —
welche indess ebenso berechtigt sind, das Th. 6×) zu exemplifiziren.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/255>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.