Sagen wir ebenso: "die Europäer ohne die Russen", so heisst dies vollständiger ausgedrückt: die Europäer ohne die europäischen Russen, und kann es uns nicht einfallen, auch die asiatischen Russen von den Euro- päern ausschliessen zu wollen.
Ungeachtet dessen, dass nun also hier die Wortsprache einem geringeren Zwange unterworfen ist, in ihren Ausdrucksformen eine grössere Freiheit, Licenz geniesst, wie unsere Zeichensprache, sind wir doch berechtigt, die Subtraktion im Klassenkalkul als eine Aus- schliessung zu erklären, sie auszugeben für die Exception.
Für die eindeutige Division hat die Sprache keinen entsprechenden oder adäquaten Ausdruck. Unter der Voraussetzung, dass ab sei, bedeutete
[Formel 1]
= a + b1 dasjenige was a oder nicht-b ist. Es liegt im gewöhnlichen Gedankenverlaufe wol selten eine Veranlassung vor, eine derartige Klasse zu bilden, und dieser Umstand war Beweggrund für uns, der identischen Subtraktion den Vortritt vor der Division zu geben.
Unter denjenigen Operationen zwar, welche unter dem Namen der volldeutigen Division zusammengefasst sind, ist immer eine, welche im Klassenkalkul, im Kalkul mit Begriffsumfängen oder -Inhalten hin- zustellen ist als eine Abstraktion.
Ist bei bekannten x nämlich x · b = a, so ist x selbst sicherlich einer von den Werten des volldeutigen Quotienten a : : b und muss man, um von dem Produkte a zu diesem seinem Faktor x überzugehen, dabei absehen, abstrahiren von den für den andern Faktor b charak- teristischen Merkmalen.
Z. B. seien a, b, x die Klassen: a = "Rappe", b = "schwarz", x = "Pferd", so gibt der Begriff "Rappe", befreit, abgesehen vom Merk- mal der schwarzen Farbe, den Begriff "Pferd".
Die eindentige Division liefert uns aber in Gestalt von
[Formel 2]
nicht gerade jenen besonderen Faktor x, sondern einen andern, der eben- falls mit b multiplizirt, determinirt, a liefert. Als Quotienten der Klasse "Rappe" geteilt durch die Klasse "schwarz" stellt sie vielmehr hin: alles, was entweder ein Rappe, oder nicht schwarz ist. Unter diesen "nicht-schwarzen" Dingen sind auch die übrigen Pferde noch mit enthalten.
Es mag der Psychologie überlassen bleiben, zu erklären, weshalb das duale Gegenstück zur Einschränkung, Ausnahmebildung im natür- lichen Denken keine Stätte zu finden scheint, jedenfalls hier nicht die
§ 23. Dieselben als Exception und Abstraktion.
Sagen wir ebenso: „die Europäer ohne die Russen“, so heisst dies vollständiger ausgedrückt: die Europäer ohne die europäischen Russen, und kann es uns nicht einfallen, auch die asiatischen Russen von den Euro- päern ausschliessen zu wollen.
Ungeachtet dessen, dass nun also hier die Wortsprache einem geringeren Zwange unterworfen ist, in ihren Ausdrucksformen eine grössere Freiheit, Licenz geniesst, wie unsere Zeichensprache, sind wir doch berechtigt, die Subtraktion im Klassenkalkul als eine Aus- schliessung zu erklären, sie auszugeben für die Exception.
Für die eindeutige Division hat die Sprache keinen entsprechenden oder adäquaten Ausdruck. Unter der Voraussetzung, dass a ⋹ b sei, bedeutete
[Formel 1]
= a + b1 dasjenige was a oder nicht-b ist. Es liegt im gewöhnlichen Gedankenverlaufe wol selten eine Veranlassung vor, eine derartige Klasse zu bilden, und dieser Umstand war Beweggrund für uns, der identischen Subtraktion den Vortritt vor der Division zu geben.
Unter denjenigen Operationen zwar, welche unter dem Namen der volldeutigen Division zusammengefasst sind, ist immer eine, welche im Klassenkalkul, im Kalkul mit Begriffsumfängen oder -Inhalten hin- zustellen ist als eine Abstraktion.
Ist bei bekannten x nämlich x · b = a, so ist x selbst sicherlich einer von den Werten des volldeutigen Quotienten a : : b und muss man, um von dem Produkte a zu diesem seinem Faktor x überzugehen, dabei absehen, abstrahiren von den für den andern Faktor b charak- teristischen Merkmalen.
Z. B. seien a, b, x die Klassen: a = „Rappe“, b = „schwarz“, x = „Pferd“, so gibt der Begriff „Rappe“, befreit, abgesehen vom Merk- mal der schwarzen Farbe, den Begriff „Pferd“.
Die eindentige Division liefert uns aber in Gestalt von
[Formel 2]
nicht gerade jenen besonderen Faktor x, sondern einen andern, der eben- falls mit b multiplizirt, determinirt, a liefert. Als Quotienten der Klasse „Rappe“ geteilt durch die Klasse „schwarz“ stellt sie vielmehr hin: alles, was entweder ein Rappe, oder nicht schwarz ist. Unter diesen „nicht-schwarzen“ Dingen sind auch die übrigen Pferde noch mit enthalten.
Es mag der Psychologie überlassen bleiben, zu erklären, weshalb das duale Gegenstück zur Einschränkung, Ausnahmebildung im natür- lichen Denken keine Stätte zu finden scheint, jedenfalls hier nicht die
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§ 23. Dieselben als Exception und Abstraktion.
Sagen wir ebenso: „die Europäer ohne die Russen“, so heisst dies
vollständiger ausgedrückt: die Europäer ohne die europäischen Russen, und
kann es uns nicht einfallen, auch die asiatischen Russen von den Euro-
päern ausschliessen zu wollen.
Ungeachtet dessen, dass nun also hier die Wortsprache einem
geringeren Zwange unterworfen ist, in ihren Ausdrucksformen eine
grössere Freiheit, Licenz geniesst, wie unsere Zeichensprache, sind
wir doch berechtigt, die Subtraktion im Klassenkalkul als eine Aus-
schliessung zu erklären, sie auszugeben für die Exception.
Für die eindeutige Division hat die Sprache keinen entsprechenden
oder adäquaten Ausdruck. Unter der Voraussetzung, dass a ⋹ b sei,
bedeutete [FORMEL] = a + b1 dasjenige was a oder nicht-b ist. Es liegt im
gewöhnlichen Gedankenverlaufe wol selten eine Veranlassung vor, eine
derartige Klasse zu bilden, und dieser Umstand war Beweggrund
für uns, der identischen Subtraktion den Vortritt vor der Division
zu geben.
Unter denjenigen Operationen zwar, welche unter dem Namen
der volldeutigen Division zusammengefasst sind, ist immer eine, welche
im Klassenkalkul, im Kalkul mit Begriffsumfängen oder -Inhalten hin-
zustellen ist als eine Abstraktion.
Ist bei bekannten x nämlich x · b = a, so ist x selbst sicherlich
einer von den Werten des volldeutigen Quotienten a : : b und muss
man, um von dem Produkte a zu diesem seinem Faktor x überzugehen,
dabei absehen, abstrahiren von den für den andern Faktor b charak-
teristischen Merkmalen.
Z. B. seien a, b, x die Klassen: a = „Rappe“, b = „schwarz“,
x = „Pferd“, so gibt der Begriff „Rappe“, befreit, abgesehen vom Merk-
mal der schwarzen Farbe, den Begriff „Pferd“.
Die eindentige Division liefert uns aber in Gestalt von [FORMEL] nicht
gerade jenen besonderen Faktor x, sondern einen andern, der eben-
falls mit b multiplizirt, determinirt, a liefert. Als Quotienten der
Klasse „Rappe“ geteilt durch die Klasse „schwarz“ stellt sie vielmehr
hin: alles, was entweder ein Rappe, oder nicht schwarz ist. Unter
diesen „nicht-schwarzen“ Dingen sind auch die übrigen Pferde noch
mit enthalten.
Es mag der Psychologie überlassen bleiben, zu erklären, weshalb
das duale Gegenstück zur Einschränkung, Ausnahmebildung im natür-
lichen Denken keine Stätte zu finden scheint, jedenfalls hier nicht die
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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/509>, abgerufen am 24.11.2024.
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