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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Einleitung.

Analog auch dürfen wir mit der Pluralform von den Individuen
irgend einer in jener Klasse enthaltenen Gruppe, wie Venus, Erde,
Mars, sagen: dieselben seien "Planeten".

k2) Auch umgekehrt soll unter dem Gemeinnamen (oder "Gattungs-
namen"), wenn von ihm etwas ausgesagt wird, stets nach Beliben
dieses oder jenes ("irgendein" any) Individuum der Klasse verstanden
werden dürfen -- unter "Planet" also, wenn man will, die Erde, oder
auch der Merkur, etc.

Durch diese wichtige Vorschrift erscheint der Gebrauch, die An-
wendungsweise der Gattungsnamen auch in der andern Hinsicht ge-
regelt, soferne er nämlich selbst als Gegenstand, Subjekt einer Aussage
auftreten wird.

Wird diese Vorschrift konsequent befolgt, so wird also, was von
der Gattung ausgesagt wird, auch von jedem ihrer Individuen Geltung
beanspruchen.

Eine Aussage, deren Subjekt Gemeinname ist, eine Klasse vor-
stellt, wird ein allgemeines oder generelles Urteil (judicium generale,
general statement) genannt -- im Gegensatz zu einer Aussage, deren
Subjekt ein Eigenname ist, ein Individuum vorstellt, welch' letztere
wir ein singulares oder Einzel-Urteil (judicium singulare, singular state-
ment) nennen werden.

So dürfen wir beispielsweise sagen: Der Planet läuft um die
Sonne, denn Merkur umläuft die Sonne, Venus umläuft die Sonne etc.
Neptun läuft um die Sonne.

Die letztere Aussage ist Beispiel eines singularen Urteils, die erste
illustrirt ein generelles Urteil; dasselbe ist auch gleichbedeutend, äquivalent
mit: "Jeder (every planet, each) umläuft die Sonne" sowie mit "Alle
Planeten laufen um die Sonne" und exemplifizirt jene besondre Art von
generellen Urteilen, die man als "universale" bezeichnet.

Dagegen würde ein Satz wie: "Einige Planeten (some planets) haben
Monde" zwar auch als ein generelles, aber nicht als ein universales, sondern
als "partikulares" Urteil hinzustellen sein.

Endlich wird eine Aussage von der Art wie: "Ein Planet ist (von
lebenden Wesen) bewohnt" ein "unbestimmtes" Urteil genannt.

Wir wollen auf diese Unterscheidungen, welche zunächst vorwiegend
als sprachliche erscheinen, gleich hier schon aufmerksam machen, weil auf
sie im Text gelegentlich Anspielung gemacht werden wird, während sie
nach ihrem logischen Gehalte, systematisch, erst später in Betracht ge-
zogen werden.

Dagegen ist ein generelles Urteil unrichtig, wenn dasselbe nicht
für jede der als zulässig festgesetzten Bedeutungen des als sein Sub-

Einleitung.

Analog auch dürfen wir mit der Pluralform von den Individuen
irgend einer in jener Klasse enthaltenen Gruppe, wie Venus, Erde,
Mars, sagen: dieselben seien „Planeten“.

ϰ2) Auch umgekehrt soll unter dem Gemeinnamen (oder „Gattungs-
namen“), wenn von ihm etwas ausgesagt wird, stets nach Beliben
dieses oder jenes („irgendein“ any) Individuum der Klasse verstanden
werden dürfen — unter „Planet“ also, wenn man will, die Erde, oder
auch der Merkur, etc.

Durch diese wichtige Vorschrift erscheint der Gebrauch, die An-
wendungsweise der Gattungsnamen auch in der andern Hinsicht ge-
regelt, soferne er nämlich selbst als Gegenstand, Subjekt einer Aussage
auftreten wird.

Wird diese Vorschrift konsequent befolgt, so wird also, was von
der Gattung ausgesagt wird, auch von jedem ihrer Individuen Geltung
beanspruchen.

Eine Aussage, deren Subjekt Gemeinname ist, eine Klasse vor-
stellt, wird ein allgemeines oder generelles Urteil (judicium generale,
general statement) genannt — im Gegensatz zu einer Aussage, deren
Subjekt ein Eigenname ist, ein Individuum vorstellt, welch' letztere
wir ein singulares oder Einzel-Urteil (judicium singulare, singular state-
ment) nennen werden.

So dürfen wir beispielsweise sagen: Der Planet läuft um die
Sonne, denn Merkur umläuft die Sonne, Venus umläuft die Sonne etc.
Neptun läuft um die Sonne.

Die letztere Aussage ist Beispiel eines singularen Urteils, die erste
illustrirt ein generelles Urteil; dasselbe ist auch gleichbedeutend, äquivalent
mit: „Jeder (every planet, each) umläuft die Sonne“ sowie mit „Alle
Planeten laufen um die Sonne“ und exemplifizirt jene besondre Art von
generellen Urteilen, die man als „universale“ bezeichnet.

Dagegen würde ein Satz wie: „Einige Planeten (some planets) haben
Monde“ zwar auch als ein generelles, aber nicht als ein universales, sondern
als „partikulares“ Urteil hinzustellen sein.

Endlich wird eine Aussage von der Art wie: „Ein Planet ist (von
lebenden Wesen) bewohnt“ ein „unbestimmtes“ Urteil genannt.

Wir wollen auf diese Unterscheidungen, welche zunächst vorwiegend
als sprachliche erscheinen, gleich hier schon aufmerksam machen, weil auf
sie im Text gelegentlich Anspielung gemacht werden wird, während sie
nach ihrem logischen Gehalte, systematisch, erst später in Betracht ge-
zogen werden.

Dagegen ist ein generelles Urteil unrichtig, wenn dasselbe nicht
für jede der als zulässig festgesetzten Bedeutungen des als sein Sub-

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[68/0088] Einleitung. Analog auch dürfen wir mit der Pluralform von den Individuen irgend einer in jener Klasse enthaltenen Gruppe, wie Venus, Erde, Mars, sagen: dieselben seien „Planeten“. ϰ2) Auch umgekehrt soll unter dem Gemeinnamen (oder „Gattungs- namen“), wenn von ihm etwas ausgesagt wird, stets nach Beliben dieses oder jenes („irgendein“ any) Individuum der Klasse verstanden werden dürfen — unter „Planet“ also, wenn man will, die Erde, oder auch der Merkur, etc. Durch diese wichtige Vorschrift erscheint der Gebrauch, die An- wendungsweise der Gattungsnamen auch in der andern Hinsicht ge- regelt, soferne er nämlich selbst als Gegenstand, Subjekt einer Aussage auftreten wird. Wird diese Vorschrift konsequent befolgt, so wird also, was von der Gattung ausgesagt wird, auch von jedem ihrer Individuen Geltung beanspruchen. Eine Aussage, deren Subjekt Gemeinname ist, eine Klasse vor- stellt, wird ein allgemeines oder generelles Urteil (judicium generale, general statement) genannt — im Gegensatz zu einer Aussage, deren Subjekt ein Eigenname ist, ein Individuum vorstellt, welch' letztere wir ein singulares oder Einzel-Urteil (judicium singulare, singular state- ment) nennen werden. So dürfen wir beispielsweise sagen: Der Planet läuft um die Sonne, denn Merkur umläuft die Sonne, Venus umläuft die Sonne etc. Neptun läuft um die Sonne. Die letztere Aussage ist Beispiel eines singularen Urteils, die erste illustrirt ein generelles Urteil; dasselbe ist auch gleichbedeutend, äquivalent mit: „Jeder (every planet, each) umläuft die Sonne“ sowie mit „Alle Planeten laufen um die Sonne“ und exemplifizirt jene besondre Art von generellen Urteilen, die man als „universale“ bezeichnet. Dagegen würde ein Satz wie: „Einige Planeten (some planets) haben Monde“ zwar auch als ein generelles, aber nicht als ein universales, sondern als „partikulares“ Urteil hinzustellen sein. Endlich wird eine Aussage von der Art wie: „Ein Planet ist (von lebenden Wesen) bewohnt“ ein „unbestimmtes“ Urteil genannt. Wir wollen auf diese Unterscheidungen, welche zunächst vorwiegend als sprachliche erscheinen, gleich hier schon aufmerksam machen, weil auf sie im Text gelegentlich Anspielung gemacht werden wird, während sie nach ihrem logischen Gehalte, systematisch, erst später in Betracht ge- zogen werden. Dagegen ist ein generelles Urteil unrichtig, wenn dasselbe nicht für jede der als zulässig festgesetzten Bedeutungen des als sein Sub-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/88>, abgerufen am 11.05.2024.