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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891.

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Siebzehnte Vorlesung.

Boole hat zuerst sogar verschiedene unbestimmte Faktoren links und
rechts in seiner Gleichung verwendet, hat für i geschrieben:
u A = v B
und dann bemerkt, dass man unbeschadet der Allgemeinheit für u und v
das nämliche unbestimmte Symbol w beiderseits verwenden könne.

Es bedarf kaum noch des Hinweises, dass auch hierdurch nichts ge-
wonnen wäre. Die Gleichung ist für irgend welche (auch für einander
ausschliessende) A und B schon ohnehin erfüllt durch
u = B z + A1 x, v = A z + B1 y,
oder, was ebenso allgemein, der Form nach aber etwas weniger einfach er-
scheint, durch:
u = A B z + A1 x, v = A B z + B1 y,
wo x, y, z vollkommen willkürlich. [Man braucht in der That nur in der
ersten Form A B z für z zu nehmen, um die letztere, in dieser B z + x,
A z + y für x, y zu nehmen, um die erstere zu gewinnen.] Und zwar würde
nebenbei gesagt, sich nachweisen lassen, dass sie hierdurch auf die allge-
meinste Weise erfüllt wird. Vergl. etwa § 25 Aufgabe 20, und anderes.

Die erwähnten Versuche zur Darstellung der partikularen Urteile im
identischen Kalkul sind hienach als misslungen zu bezeichnen.

Die Unmöglichkeit lässt allgemein sich leicht darthun durch die
folgende Überlegung:

Gesetzt das partikulare Urteil "Einige A sind B" lasse überhaupt sich
ausdrücken durch ein System von Subsumtionen oder auch Gleichungen,
in welche die Klassen A und B nebst vielleicht irgend welchen andern
Klassen u, v, w, ... eingehn, so würde dieses System von Relationen nach
Th. 24+) und den Ergebnissen des § 19 äquivalent sein mit seiner "ver-
einigten" Gleichung, und diese, rechts auf 0 gebracht, müsste die Form
haben:
f (A, B) = 0,
wo man das Polynom linkerhand auch linear nach A und B entwickeln
könnte in der Form:
x A B + y A B1 + z A1 B + t A1 B1 = 0,
in welcher die Koeffizienten x, y, z, t von A und B unabhängig erschienen.

Diese Relation müsste, was auch A B1, A1 B und A1 B1 für Werte haben
mögen, erfüllt sein, sobald nur A B von 0 verschieden. Im Hinblick auf
Th. 24+) müssten daher die drei letzten Terme linkerhand allgemein ver-
schwinden, sonach -- cf. § 25, 21. Studie*) -- müssten ihre Koeffizienten
y, z, t gleich 0 sein, und wäre durch geeignete Bestimmung des von A, B
unabhängigen Koeffizienten x überdies zu bewirken, dass x A B = 0 ist, so-
bald A B von 0 verschieden, dagegen nicht gleich 0 wird, sobald A B = 0

*) Diese wäre naheliegend noch etwas zu vertiefen, da ein Wert A = 0, oder
B = 0 jetzt ausgeschlossen.
Siebzehnte Vorlesung.

Boole hat zuerst sogar verschiedene unbestimmte Faktoren links und
rechts in seiner Gleichung verwendet, hat für i geschrieben:
u A = v B
und dann bemerkt, dass man unbeschadet der Allgemeinheit für u und v
das nämliche unbestimmte Symbol w beiderseits verwenden könne.

Es bedarf kaum noch des Hinweises, dass auch hierdurch nichts ge-
wonnen wäre. Die Gleichung ist für irgend welche (auch für einander
ausschliessende) A und B schon ohnehin erfüllt durch
u = B z + A1 x, v = A z + B1 y,
oder, was ebenso allgemein, der Form nach aber etwas weniger einfach er-
scheint, durch:
u = A B z + A1 x, v = A B z + B1 y,
wo x, y, z vollkommen willkürlich. [Man braucht in der That nur in der
ersten Form A B z für z zu nehmen, um die letztere, in dieser B z + x,
A z + y für x, y zu nehmen, um die erstere zu gewinnen.] Und zwar würde
nebenbei gesagt, sich nachweisen lassen, dass sie hierdurch auf die allge-
meinste Weise erfüllt wird. Vergl. etwa § 25 Aufgabe 20, und anderes.

Die erwähnten Versuche zur Darstellung der partikularen Urteile im
identischen Kalkul sind hienach als misslungen zu bezeichnen.

Die Unmöglichkeit lässt allgemein sich leicht darthun durch die
folgende Überlegung:

Gesetzt das partikulare Urteil „Einige A sind B“ lasse überhaupt sich
ausdrücken durch ein System von Subsumtionen oder auch Gleichungen,
in welche die Klassen A und B nebst vielleicht irgend welchen andern
Klassen u, v, w, … eingehn, so würde dieses System von Relationen nach
Th. 24+) und den Ergebnissen des § 19 äquivalent sein mit seiner „ver-
einigten“ Gleichung, und diese, rechts auf 0 gebracht, müsste die Form
haben:
f (A, B) = 0,
wo man das Polynom linkerhand auch linear nach A und B entwickeln
könnte in der Form:
x A B + y A B1 + z A1 B + t A1 B1 = 0,
in welcher die Koeffizienten x, y, z, t von A und B unabhängig erschienen.

Diese Relation müsste, was auch A B1, A1 B und A1 B1 für Werte haben
mögen, erfüllt sein, sobald nur A B von 0 verschieden. Im Hinblick auf
Th. 24+) müssten daher die drei letzten Terme linkerhand allgemein ver-
schwinden, sonach — cf. § 25, 21. Studie*) — müssten ihre Koeffizienten
y, z, t gleich 0 sein, und wäre durch geeignete Bestimmung des von A, B
unabhängigen Koeffizienten x überdies zu bewirken, dass x A B = 0 ist, so-
bald A B von 0 verschieden, dagegen nicht gleich 0 wird, sobald A B = 0

*) Diese wäre naheliegend noch etwas zu vertiefen, da ein Wert A = 0, oder
B = 0 jetzt ausgeschlossen.
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[92/0116] Siebzehnte Vorlesung. Boole hat zuerst sogar verschiedene unbestimmte Faktoren links und rechts in seiner Gleichung verwendet, hat für i geschrieben: u A = v B und dann bemerkt, dass man unbeschadet der Allgemeinheit für u und v das nämliche unbestimmte Symbol w beiderseits verwenden könne. Es bedarf kaum noch des Hinweises, dass auch hierdurch nichts ge- wonnen wäre. Die Gleichung ist für irgend welche (auch für einander ausschliessende) A und B schon ohnehin erfüllt durch u = B z + A1 x, v = A z + B1 y, oder, was ebenso allgemein, der Form nach aber etwas weniger einfach er- scheint, durch: u = A B z + A1 x, v = A B z + B1 y, wo x, y, z vollkommen willkürlich. [Man braucht in der That nur in der ersten Form A B z für z zu nehmen, um die letztere, in dieser B z + x, A z + y für x, y zu nehmen, um die erstere zu gewinnen.] Und zwar würde nebenbei gesagt, sich nachweisen lassen, dass sie hierdurch auf die allge- meinste Weise erfüllt wird. Vergl. etwa § 25 Aufgabe 20, und anderes. Die erwähnten Versuche zur Darstellung der partikularen Urteile im identischen Kalkul sind hienach als misslungen zu bezeichnen. Die Unmöglichkeit lässt allgemein sich leicht darthun durch die folgende Überlegung: Gesetzt das partikulare Urteil „Einige A sind B“ lasse überhaupt sich ausdrücken durch ein System von Subsumtionen oder auch Gleichungen, in welche die Klassen A und B nebst vielleicht irgend welchen andern Klassen u, v, w, … eingehn, so würde dieses System von Relationen nach Th. 24+) und den Ergebnissen des § 19 äquivalent sein mit seiner „ver- einigten“ Gleichung, und diese, rechts auf 0 gebracht, müsste die Form haben: f (A, B) = 0, wo man das Polynom linkerhand auch linear nach A und B entwickeln könnte in der Form: x A B + y A B1 + z A1 B + t A1 B1 = 0, in welcher die Koeffizienten x, y, z, t von A und B unabhängig erschienen. Diese Relation müsste, was auch A B1, A1 B und A1 B1 für Werte haben mögen, erfüllt sein, sobald nur A B von 0 verschieden. Im Hinblick auf Th. 24+) müssten daher die drei letzten Terme linkerhand allgemein ver- schwinden, sonach — cf. § 25, 21. Studie *) — müssten ihre Koeffizienten y, z, t gleich 0 sein, und wäre durch geeignete Bestimmung des von A, B unabhängigen Koeffizienten x überdies zu bewirken, dass x A B = 0 ist, so- bald A B von 0 verschieden, dagegen nicht gleich 0 wird, sobald A B = 0 *) Diese wäre naheliegend noch etwas zu vertiefen, da ein Wert A = 0, oder B = 0 jetzt ausgeschlossen.

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 2, Abt. 1. Leipzig, 1891, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik0201_1891/116>, abgerufen am 23.11.2024.